Wir brauchen endlich geordnete Strukturen
Die Freien Demokraten fordern einen Kurswechsel in der deutschen Migrationspolitik und kritisieren dabei scharf die Blockadehaltung der Grünen und SPD in den letzten Jahren. „Wir wollen Taten sehen“, machte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann deutlich.
Die Freien Demokraten drängen seit Jahren auf einen Kurswechsel in der deutschen Migrationspolitik. Angesichts der jüngsten Gewalttat in Aschaffenburg fordern sie nun Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, in einer Regierungserklärung Stellung zu beziehen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte in einem Schreiben an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt: „Wenn derlei Taten zur Regelmäßigkeit werden und eine effektive Beantwortung durch die Politik ausbleibt, nimmt das Vertrauen in die staatlichen Institutionen nachhaltig Schaden“.
Dabei kritisieren die Liberalen jedoch nicht nur die vergangene Blockadehaltung, sondern auch die mangelnde Umsetzung bereits innerhalb der Ampelkoalition beschlossener Maßnahmen. Dürr warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in diesem Zusammenhang gravierende Versäumnisse vor: „Es gab keine Ingewahrsamnahme an den Grenzen, keine Zurückweisungen, keine weiteren Abschiebeflüge nach Afghanistan. Die Behörden haben nach wie vor keinen Überblick, welche Gefährder sich in Deutschland aufhalten. Der Täter von Aschaffenburg war weiterhin im Land, weil das BAMF völlig versagt hat.“ Angesichts dieser Entwicklungen forderte Dürr: „Der Bundeskanzler muss Ministerin Faeser entlassen.“
"Wir wollen Taten sehen"
Um den Handlungsdruck zu erhöhen, haben die Liberalen zusätzlich beantragt, am kommenden Mittwoch eine Aktuelle Stunde im Bundestag unter dem Titel „Öffentliche Sicherheit stärken – irreguläre Migration beenden“ anzusetzen. Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, erklärte, dass der Staat bei zentralen Aufgaben wie Sicherheit und geordneter Migration nicht länger versagen dürfe. Dies habe der Fall Aschaffenburg erneut auf schmerzliche Weise verdeutlicht. „Es muss deshalb schonungslos im Parlament aufgeklärt werden, warum ein Politikwechsel hier so lange blockiert wurde und wie wir das jetzt endlich ändern können“, betonte Vogel.
FDP-Generalsekretär Marco Buschmann übte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an den Grünen und der SPD: „Erst sagt Katrin Göring-Eckardt für die Grünen, dass Migration ‚wenig mit dem Alltag der Menschen zu tun‘ habe. Jetzt sagt Saskia Esken für die SPD, man solle nicht so viel über Migration reden.“ Diese Aussagen seien aus Buschmanns Sicht „unpolitisch“, denn Politik beginne mit der Anerkennung der Realität. „Wir wollen Taten sehen“, sagte er in einem Interview mit WELT und verwies auf dringende Maßnahmen. So werde seit 2020 unter Innenministern diskutiert, wie Personen mit Amokneigung frühzeitig erkannt werden könnten, doch es fehle an geordneten Strukturen und einem effizienten Informationsaustausch zwischen Behörden. Stattdessen, kritisierte Buschmann, werde über Ablenkungsthemen wie etwa die Vorratsdatenspeicherung gesprochen. „Das muss sich ändern.“
SPD und Grüne verzögern notwendige Maßnahmen
Buschmann wies zudem darauf hin, dass es konkrete Möglichkeiten gebe, illegale Einreisen zu unterbinden, beispielsweise durch Drittstaatsverfahren. Diese würden jedoch aktuell durch eine von den Grünen initiierte Regelung erschwert. „Die Grünen haben durchgesetzt, dass wir die große Reform nur machen, wenn man in einem Drittstaatsverfahren eine komplizierte Voraussetzung, das sogenannte Verbindungselement, einführt. Etliche Länder der EU beginnen in Deutschland, darauf zu drängen, diese bürokratische Hürde zu beseitigen. Ich bin dafür.“
Auch FDP-Chef Christian Lindner drängte darauf, die festgefahrene Situation in der Migrationskontrolle endlich zu überwinden. „Während der Ampelkoalition haben wir das uns Mögliche getan, und es hat Verbesserungen gegeben: ein europäisches Asylsystem, die Ankündigung, dass hoffentlich bald die europäische Außengrenze geschützt wird, sowie mehr sichere Herkunftsländer als noch unter Merkel und Seehofer.“ Dennoch seien die Freien Demokraten in der Ampelkoalition häufig an ihre Grenzen gestoßen. „Bei robusten Maßnahmen zur Steuerung der Einwanderung waren es oft die linken Flügel von SPD und Grünen, die notwendige Schritte verwässert oder verzögert haben.“
Rückführungen nach Afghanistan verhandeln
Laut Lindner wird die Untätigkeit Deutschlands in der Migrationspolitik auch aktuell deutlich. Während Österreich bereits direkte Gespräche in Kabul führt, um Rückführungen zu klären, hat Deutschland bislang keine vergleichbaren Schritte unternommen. FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai forderte, dass auch die Bundesregierung umgehend Verhandlungen mit der Taliban-Regierung aufnehmen müsse. Rückführungen nach Afghanistan sollten schnell und organisiert erfolgen können. „Deutschland kann es sich nicht leisten, weiterhin nur über eine Wende in der Migrationspolitik zu diskutieren. Auch mit den neuen Machthabern in Syrien muss die Bundesregierung jetzt verhandeln“, betonte Djir-Sarai.
Angesichts der tatenlosen Politik der vergangenen Jahre sind die Freien Demokraten überzeugt, dass ein Kurswechsel in der Migrationspolitik nur mit einer schwarz-gelben Regierung möglich sei. „Denn FDP und Union sind bereit, entschlossen zu handeln“, stellte Christian Dürr klar. CDU-Chef Friedrich Merz hat ebenfalls einen radikalen Kurswechsel angekündigt, den die Freien Demokraten ausdrücklich begrüßen. „Eine Abkehr von der Merkel-Politik fordere ich schon seit Jahren. Mit Rot oder Grün wird er dies nicht umsetzen können – ich spreche aus Erfahrung. Für die FDP ist eine neue Migrationspolitik die Bedingung für jede Regierungsbeteiligung“, erklärte Christian Lindner.
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