Staats- und Regierungschefs müssen Handlungsfähigkeit beweisen
Eigentlich sollte beim EU-Gipfel über den Brexit und die Vertiefung der Währungsunion diskutiert werden. Nun rücken aktuelle Krisen in den Vordergrund. Jetzt ist Handlungsfähigkeit gefragt, meint Alexander Graf Lambsdorff.
„Erstens müssen trotz des Brexits alle EU-Staaten Großbritannien geschlossen Unterstützung signalisieren, um den Fall Skripal schnellstmöglich aufzuklären.“ Ein Nervengiftanschlag in einem EU-Mitgliedstaat sei „ein dramatischer Rechtsbruch, der nicht unbeantwortet bleiben darf.“ Die Verantwortlichen müssten ermittelt, vor Gericht gestellt oder zumindest mit Sanktionen belegt werden. Mit Blick auf den Kampf gegen die willkürlichen Strafzölle der USA fordert er den Europäischen Rat dazu auf, Handelskommissarin Malmström zu unterstützen: „Im Rahmen der WTO, in ihrem Einsatz für eine Ausnahmeregelung und in der Vorbereitung geeigneter Gegenmaßnahmen.“
Die Zölle seien nicht nur rechtswidrig, sondern würden Deutschland, Europa und auch den USA wirtschaftlich massiv schaden, so Lambsdorff. Den Krisenmodus, in dem sich die EU mit der Türkei seit Monaten befindet, will Lambsdorff auf zwei Arten auflösen: „Der Export offensiver Rüstungsgüter in die Türkei gestoppt werden. Das völkerrechtswidrige Vorgehen der Türkei in Syrien zeigt ferner, dass es höchste Zeit ist, den EU-Beitrittsprozess mit der Türkei umgehend zu beenden.“
Die liberale Weltordnung verteidigen
Schon in der Generalaussprache zum Etat von Außenminister Heiko Maas hat lambsdorff deutlich gemacht, was ihm für Europa vorschwebt: „Wir wollen Europa stärken. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, PESCO auf den Weg zu bringen, die europäische Verteidigungsunion. Wir wollen Europol stärken und auch die Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung verbessern.“ Vor allem aber warnte Alexander Graf Lambsdorff, dass die liberale Weltordnung mit ihrem Prinzip der Bindung von Macht an das Recht in Gefahr sei. Mit dem Aufstieg Chinas, einem revisionistischen Russland und einen sich etwa aus den Vereinten Nationen zurückziehenden USA seien Machtverschiebungen und geopolitische Risiken verbunden. Für die deutsche Außenpolitik könne dies nur bedeuten, die liberale Weltordnung zu verteidigen. „Deutschland ist zu groß, um sich wegducken, und es ist zu klein, seinen nationalen Interessen allein Geltung zu verschaffen.“