Kapitel III a.

Bürokratieabbau

Deutschland steckt im Bürokratie-Burnout. Bürger, Betriebe und selbst Behörden sind so erschöpft von den vielen Berichtspflichten, Vorschriften und Formularen, dass sie sich kaum mehr um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern können. Die Bürokratie ist zudem ein Misstrauensvotum des Staates gegenüber Bürgern und Betrieben. Das verleidet vielen die Lust am Machen und schwächt die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sowie Familienunternehmen leiden unter der Bürokratie. Auch Startups und Scale-ups verlieren durch bürokratische Hürden Zeit und Flexibilität für ihr Wachstum. Deshalb ist Bürokratieabbau ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif. 

Bürokratie - Digitalisierung

Unsere Ziele

Wir Freie Demokraten fordern ein sofortiges dreijähriges Moratorium für Bürokratie: In dieser Zeit dürfen keine neuen Regularien beschlossen werden, die für Unternehmen zu neuen bürokratischen Belastungen führen, es sei denn, sie sind vorher in gleichem Umfang abgebaut worden. Wir wollen ein bürokratiefreies Jahr für Betriebe, in dem sie keine Berichtspflichten erfüllen müssen. Es muss jedes Jahr ein Jahresbürokratieentlastungsgesetz geben, um einen Abbau-Pfad für überflüssige Regelungen zu schaffen. Mit einer Bürokratiebremse im Grundgesetz verankern wir den Bürokratieabbau in unserer Verfassung. Wir wollen sicherstellen, den Erfüllungsaufwand für Betriebe im Saldo um mindestens sechs Milliarden Euro pro Legislaturperiode zu reduzieren.

Wir wollen eine echte Entrümpelung des Bundesrechts. Denn nur durch eine Bereinigung und Konsolidierung schaffen wir eine Grundlage, die Bürokratie abbaut, Handlungsspielräume erweitert und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Veraltete, widersprüchliche und unnötig komplexe Gesetze müssen abgeschafft werden. Wir wollen Gesetze mit einer Sunset-Klausel häufiger zeitlich befristen. Das bedeutet, dass eine Regelung automatisch außer Kraft tritt, wenn sie nicht aktiv verlängert wird. Zudem wollen wir in Deutschland mehr mit Genehmigungsfiktionen und Stichtagsregelungen arbeiten. Es kann nicht sein, dass Unternehmen über Monate und Jahre hinweg an behördlichen Verfahren verzweifeln. Wenn eine Behörde nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf einen Antrag reagiert, muss der Regelfall künftig die automatische Genehmigung sein. Bürokratie-Monster, wie etwa die Bonpflicht, wollen wir ersatzlos streichen. Betrieben dürfen sich nicht länger mit Papierkram rumschlagen müssen. Deshalb wollen wir, dass die Schriftform zur Ausnahme wird. Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege wollen wir auf fünf Jahre absenken.

Auch im Datenschutz ist Bürokratieabbau dringend notwendig. Wir Freie Demokraten wollen die Datenschutzaufsicht vereinheitlichen und so für eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Datenschutzrechts sorgen. In Deutschland sorgen die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder und des Bundes dafür, dass Datenschutzrecht ausgelegt und durchgesetzt wird. Das sind 17 unterschiedliche Stellen, die teilweise zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Das schafft für Unternehmen großen bürokratischen Aufwand, Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsnachteile. Wir wollen das Grundgesetz so ändern, dass Bund und Länder effektiv zusammenarbeiten und die Datenschutzkonferenz verbindliche Beschlüsse fassen kann. 

Die EU-Kommission ist mittlerweile Hauptquelle der Bürokratie. Deshalb muss es ein striktes Gold Plating-Verbot geben, das heißt: Europäische Richtlinien dürfen nur 1:1 in deutsches Recht umgesetzt werden. Noch wichtiger ist, dass bürokratische EU-Rechtsakte in Brüssel abgeschafft werden. Berichtspflichten aus dem „Green Deal“ der EU-Kommission wollen wir abschaffen. Dafür setzen wir uns auf europäischer Ebene mit Nachdruck ein. Denn Regelungen wie die EU-Taxonomie, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive), die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) oder der Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft sorgen nicht für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie für Frust in den Betrieben. Insbesondere der Mittelstand kann den bürokratischen Aufwand häufig kaum noch bewältigen. Das wollen wir ändern und den Bürgern und Unternehmen wieder das Vertrauen schenken, das sie verdienen. Wir treten für die vollständige Abschaffung der oben genannten Regelungen des Green Deal ein. Die Erweiterung der bestehenden Taxonomie um eine Sozial-Taxonomie lehnen wir strikt ab. Auf EU-Ebene braucht es ein System verbindlicher Erfassung von Bürokratiekosten, um ehrgeizige und messbare Ziele für den Bürokratieabbau vorzugeben.

Wir Freie Demokraten wollen durch eine umfassende Föderalismus- und Verwaltungsreform einen modernen und handlungsfähigen Staat schaffen. Die Coronakrise hat gezeigt, dass unklare Zuständigkeiten, eine erdrückende Bürokratie und digitale Defizite bei den Behörden schnelle und pragmatische Lösungen verhindern. Es geht nicht nur um die Digitalisierung von Prozessen, sondern vor allem um einen Mentalitätswandel. Um das Megaprojekt der Verwaltungsmodernisierung zu bewältigen, setzen wir auf eine agile Herangehensweise, die arbeitsfähige Ergebnisse vor starren Strategien priorisiert. Um Anreize für die digitale Transformation von Prozessen und Arbeitsweisen zu schaffen, sollen durch die Digitalisierung erreichte Einsparungen („Digitale Dividende“) für Investitionen in der jeweiligen öffentlichen Stelle verbleiben. Auch in Bildungs- und Sicherheitsfragen sind 16 verschiedene Systeme nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen deshalb die Kompetenzverteilung zwischen den staatlichen Ebenen neu regeln, die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben und das öffentliche Dienstrecht flexibilisieren. Der Staat soll sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und die Stärke des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs nutzen.

Wir Freie Demokraten wollen Behörden konsequent zu One-Stop-Shops ausbauen. Daten werden einmalig an die Verwaltung weitergegeben und dann an entsprechender Stelle verarbeitet. Zur Funktionsfähigkeit des Systems fordern wir einheitliche Standards. Damit lassen sich Prozesse der  Verwaltung beschleunigen. Wir bauen Bürokratie ab und erleichtern das Gründen. Darüber hinaus kann ein One-Stop-Shop die Vernetzung und den Austausch mit privaten und öffentlichen Akteuren vorantreiben.

Wir Freie Demokraten wollen echte „Virtuelle Verwaltungen“. Wir wollen das Once-Only-Prinzip einführen: Bürgerinnen und Bürger müssen bestimmte Daten der öffentlichen Verwaltung nur noch einmal und nicht jeder Behörde einzeln mitteilen. Alle notwendigen Amtsgänge sollen virtuell und barrierefrei möglich und alle Dienstleistungen mit digitalen, medienbruchfreien Verfahren durchführbar sein. Dazu wollen wir alle Planungen zur Einführung von Bürgerkonten oder Cockpits zu einer einheitlichen digitalen Plattform zusammenführen: dem Deutschlandportal. Das Deutschlandportal gewährt den Bürgerinnen und Bürgern Einblick in alle sie betreffenden personenbezogenen Daten, die der Staat gespeichert hat. Alle Zugriffe auf die Daten werden über einen externen Kontroll-Server geloggt, und der behördenseitige Zugriff löst automatisch eine Benachrichtigung aus. Im Fall eines laufenden Verfahrens kann die Benachrichtigung auch nach Verfahrensabschluss erfolgen. Die Bürgerinnen und Bürger haben auf Nachfrage ein Recht, den Grund für den Datenzugriff zu erfahren. Auch in die nächste technologische Innovation in den Behörden wollen wir einsteigen: die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, Virtual Reality beziehungsweise Augmented Reality in der Verwaltung. So wollen wir vom Nachzügler beim EGovernment zum Vorreiter beim „Virtual Government“ werden. Die IT-Systeme der öffentlichen Hand sollen stärker als bislang auf Open-Source-Lösungen bauen, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbieterinnen und Anbietern proprietärer Software zu verringern.

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