Zeit ist entscheidender Faktor bei Waffenlieferungen
Moskau hat deutlich gemacht, dass eines ihrer Kriegsziele der Sturz der ukrainischen Regierung ist. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai drängt nun darauf, Waffenlieferungen an die Ukraine unverzüglich durchzuführen.
Im Gespräch mit dem „Deutschlandfunk“ erklärte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, dass er die Einschätzung, dass die russischen Streitkräfte am Ende seien, nicht teile. Russland habe noch viele Ressourcen und der neuerliche Fokus Moskaus auf eine Entmachtung der ukrainischen Regierung erfordere, dass die Unterstützung des Westens „nicht nur mit Worten erfolgt, sondern auch sehr konkret mit Taten und Handlungen“. Im Interview mit dem „BR“ sagte er, dass man dann über andere Wege nachdenken müsse. „Aber dann muss man schon Klartext reden.“
Ringtausch war eine gute Idee
Der geplante Ringtausch, bei dem die Ukraine indirekt mit Waffen aus Deutschland unterstützt werden sollte, hat bislang keinen Erfolg bei der schnellen Lieferung von Waffen gezeigt. Ziel war, dass die ukrainischen Streitkräfte schnell mit schweren Waffen sowjetischer Bauart ausgerüstet werden, die direkt eingesetzt werden können, dafür sollte die Partnerstaaten aus Deutschland moderne Systeme erhalten. Dies ist bislang nicht gelungen. Djir-Sarai betonte, dass der Ringtausch „in der Theorie aus meiner Sicht eine sehr gute Idee“ gewesen sei. Allerdings habe der Prozess mit den Partnerländern zahlreiche Diskussionen ausgelöst und den Prozess sehr langwierig werden lassen.
Der FDP-Generalsekretär machte klar, dass er den Vorschlag aus der Koalition, direkt Panzer an die Ukraine zu liefern, für geeignet halte. Der Krieg sei in einer entscheidenden Phase und, sollte der Ringtausch nicht realisierbar sein, „dann wird direkt geliefert“. Es sei allerdings am Verteidigungsministerium, die aktuelle Situation zu evaluieren und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
„Es geht hier um konkrete Unterstützung der Ukraine in einer entscheidenden Phase des Krieges, und es geht auch um das Ansehen Deutschlands als Nato-Partner“, sagte Djir-Sarai. Es solle sehr rasch untersucht werden, „warum das Ganze nicht klappt“ und wie man dies optimieren könne. Gegebenenfalls solle auch gesagt werden, „diese Konzeption des Ringtausches war in der Theorie richtig, aber leider in der Praxis nicht umsetzbar“.
Die Zeitkomponente ist außerordentlich wichtig
An den Machtverhältnissen im Ukraine-Krieg habe sich nichts geändert — Russland verfüge nach wie vor über sehr viele Ressourcen. „Umso wichtiger ist es, in dieser Phase des Krieges weiterhin die Ukraine zu unterstützen. Zeit spielt eine sehr wichtige Rolle, und bei allen Debatten zum Thema Waffenlieferungen sollte man das immer berücksichtigen, dass die Zeitkomponente außerordentlich wichtig ist.“
Deutschland könnte beispielhaft vorangehen
Es sei „nicht hilfreich“, dass die polnische Regierung versuche Druck auf Deutschland auszuüben, sagte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Gespräch mit „Zeit Online“. „Wir können uns die Panzer nicht aus den Rippen schneiden.“ Sie erklärte gegenüber der „dpa“: „Ich habe Zweifel, ob das Ringtauschverfahren noch das richtige ist, auch wenn im Einzelfall eine Einigung möglich erscheint.“ Die Realität treffe beim Ringtausch, „der grundsätzlich eine gute Idee ist“, auf Erwartungen seitens der osteuropäischen Partner „und das passt irgendwie nicht zusammen, vor allem was die Zeitspanne der Lieferungen betrifft“, stellte sie klar. „Wenn das für die Partner problematisch ist, sollten wir den Ringtausch einstellen und direkt an die Ukraine liefern — gegebenenfalls auch den Leopard 2. Die Zeit drängt.“
Zu den zurückhaltenden Reaktionen aus dem Kanzleramt auf den Vorschlag, direkt Panzer an die Ukraine zu liefern sagte Strack-Zimmermann: „Deutschland könnte aber beispielhaft vorangehen. Deutschland sollte seine Rolle endlich finden. Auch das bedeutet ‚Zeitenwende‘ und Europa wartet darauf.“ Sie führte aus, dass die Ukraine als überfallenes Land die Hilfe anderer Staaten annehmen dürfe. „Völkerrechtlich ist daher Deutschland durch Waffenlieferungen auch keine Kriegspartei, solange keine deutschen Soldaten auf ukrainischem Boden kämpfen.“ Strack-Zimmermann mahnte: „Anderslautende Behauptungen entspringen dem russischen Narrativ. Das sollten wir uns auf keinen Fall zu eigen machen.“
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