Wir brauchen einen Pfad zum Schuldenabbau
Die globalen Krisen stellen auch andere EU-Staaten vor Herausforderungen. Finanzminister Christian Lindner betonte: „Deutschland bleibt Anwalt von Stabilitätspolitik.“
Die EU-Kommission will bald einen Vorschlag für eine Reform der europäischen Schuldenregeln vorlegen. Im Interview mit dem „Handelsblatt“ erklärte Lindner, dass jeder Reformvorschlag zu den europäischen Schuldenregeln sich daran messen lassen müsste, „ob er die Schuldentragfähigkeit und solide Haushalte sichert“. Eine Änderung bei den Maastrich-Kriterien kommt für den Finanzminister nicht in Frage.
Reformbedarf besteht seiner Ansicht nach an anderer Stelle: „Wir brauchen einen verlässlichen und ambitionierten Pfad zum Schuldenabbau. Daran hat es in der Umsetzung des Stabilitätspaktes bisher gemangelt.“ Er begründete dies damit, dass einige Mitgliedsstaaten „in den guten Jahren zwischen Finanzkrise und Coronapandemie“ ihren Schuldenstand nicht etwa reduziert, sondern sogar noch erhöht hätten. Für Lindner steht fest: „Das darf sich nicht wiederholen.“
Verbindliche Regeln auf einem realistischen Niveau
„Mein Vorschlag ist, dass wir diesen ‚präventiven Arm‘ des Stabilitäts- und Wachstumspaktes effektiver machen“, führte der Finanzminister aus. Dieser sehe vor, dass Mitgliedstaaten grundsätzlich nur ein jährliches strukturelles Defizit von 0,5 Prozent aufweisen dürften oder sich zumindest in Schritten diesem Ziel annäherten. Bisher lägen diese Entscheidungen allerdings im Ermessen der EU-Kommission. „Ich fürchte, dass sie damit irrelevant sind. Mein Vorschlag zielt deshalb darauf, diese mittelfristigen Haushaltsziele verbindlich durchzusetzen.“ Es gelte, Realismus und Ambition zu verbinden. „Wir müssen die Inflation gemeinsam bekämpfen, in Zukunft investieren und krisenfeste Haushalte erreichen. Ich plädiere für verbindlichere Regeln, dafür auf einem realistischen Niveau.“
Schuldenbremse wird 2023 wieder eingehalten
„Eine neuerliche Aussetzung der Schuldenbremse 2023 wäre nach heutigem Stand grundgesetzwidrig“, unterstrich der Finanzminister mit Blick auf die Haushaltssituation in Deutschland. Eine Ausnahme von der Schuldenbremse sei nur dann vorgesehen, „wenn es einen von außen kommenden, nicht vorhersehbaren Schock gibt“. Deswegen habe er nach dem Angriff auf die Ukraine mit dem Ergänzungshaushalt auch nochmals von der Ausnahme Gebrauch gemacht. Mittlerweile handle es sich allerdings um „eine strukturelle Herausforderung, auf die wir im Rahmen der Verfassung antworten müssen“.
Das gefährlichste Problem sei die Inflation, mahnte Lindner. Es könne nicht immer mehr Geld auf Pump in Umlauf gebracht werden. Er konstatierte: „Die Schuldenbremse ist die Inflationsbremse. Aufgrund der steigenden Zinsen können wir uns Schulden zudem nicht mehr leisten.“
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