Verteilung der Flüchtenden europaweit koordinieren
Millionen Menschen fliehen aus der Ukraine. Auch Verkehrsminister Volker Wissing ist jetzt an die polnisch-ukrainische Grenze gereist, um sich ein Bild zu machen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat am Samstag ein Flüchtlingslager an der polnisch-ukrainischen Grenze besucht, um sich einen eigenen Eindruck von der Situation zu verschaffen. „Das ist im wahrsten Sinne des Wortes bewegend, was man hier erlebt.“ Es sei auch eine Frage des Respekts den Menschen gegenüber, dass man ihnen begegne, auch in ihrer Not und Schwierigkeit, sagte das FDP-Präsidiumsmitglied in einem Flüchtlingslager in Mlyny, direkt an der polnisch-ukrainischen Grenze. Er werde die Erfahrungen und Informationen in die Ministerberatungen einbringen.
Zuvor hatte sich Wissing vor Ort mit seinen Amtskollegen aus Polen, Tschechien, Österreich und Frankreich sowie EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean zum Krieg in der Ukraine und notwendigen Hilfsmaßnahmen ausgetauscht. Wissing betonte: „Jetzt geht es darum, dass wir uns europaweit koordinieren und gemeinsam auf weitere Flüchtlingsströme vorbereiten. Wir werden uns logistisch intensiv abstimmen, um der Ukraine bestmöglich zur Seite stehen zu können.“ Der Minister forderte daher die Bundesländer dazu auf, freie Plätze für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu schaffen und zu melden.
Bisher sind allein nach Polen 1,8 Millionen Menschen geflohen, Zehntausende kommen täglich hinzu. In der Flüchtlingsaufnahmestelle in Mlyny, eine von 30 an der polnisch-ukrainischen Grenze, finden bis zu 2.500 Menschen für ein oder zwei Nächte ein Feldbett und etwas zu essen, bevor sie weiterverteilt werden. Das Problem aktuell: Viele Flüchtlinge steuern große, bekannte Städte wie Berlin oder Prag an, die inzwischen vor einer Überlastung stehen. Anderswo bleiben Kapazitäten ungenutzt.
Bei einem mulitlateralen Gespräch in Krakau beriet sich Wissing daher mit EU-Kommissarin Adina Vălean, dem polnischen Verkehrsminister Andrzej Adamczyk und seinen Kollegen aus der Tschechischen Republik, Österreich und Frankreich über konkrete Hilfsmaßnahmen. Per Video waren auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der ukrainische Minister für Infrastruktur, Oleksandr Kubrakov, zugeschaltet. Wissing berichtet: „Wir haben darüber gesprochen, dass wir eine europäische Lösung brauchen, wenn dieser Krieg länger dauert.“ Denn schon jetzt komme es zu „lokalen Überforderungen“ wie in Polen und in Berlin. „Wir müssen uns vorbereiten, wenn noch größere Flüchtlingswellen kommen“, so der Minister.
Hilfsmaßnahmen müssen europaweit koordiniert werden
Wissing erklärte: „Schon bei der Aufnahme der Flüchtlinge hier in Polen müssen wir die Verteilung mitdenken und organisieren. Die Menschen brauchen Informationen, was der ideale Zielort sein kann.“ Denn jetzt gehe es darum, „dass wir uns europaweit koordinieren und gemeinsam auf weitere Flüchtlingsströme vorbereiten. Daher werden wir uns logistisch intensiv abstimmen, um der Ukraine bestmöglich zur Seite stehen zu können.“ So könnten etwa Sonderzüge von der polnisch-ukrainischen Grenze direkt in andere deutsche oder europäische Städte ein Teil der Lösung sein, um zumindest diejenigen, die nicht aufgrund persönlicher Beziehungen nach Berlin wollen, anderswohin zu transportieren.
Deutschland will auch verstärkt schwer kranke Ukrainerinnen und Ukrainer aufnehmen. Die polnische Regierung setzt einen Lazarett-Zug ein, um Patienten an die Grenze zu bringen. Von dort übernimmt Deutschland mit einer Luftbrücke. Wissing sprach von einem wichtigen Signal an die Menschen in der Ukraine, dass nicht nur Polen unterstütze, sondern eine Gemeinschaft, die die ukrainische Bevölkerung sehr stark im Blick habe.
Länder sollen Kapazitäten für Aufnahme von Geflüchteten melden
Um Flüchtenden schneller zu helfen hat der Bundesverkehrsminister nun auch die Bundesländer dazu aufgefordert, freie Plätze für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu schaffen und zu melden. Denn es sei vor allem die Aufgabe der Innenminister, die Verteilung der Flüchtlinge zu klären, so Wissing. Bislang wissen die Regierungen schlicht noch nicht, wohin Sonderzüge für Ukrainer fahren sollten. „Uns sind aus den Bundesländern keine Aufnahmekapazitäten gemeldet worden“, so der Verkehrsminister. „Wenn sie uns gemeldet würden, könnten wir den Transport sicherstellen.“
Es gehe jetzt darum, „dass so schnell wie möglich die Aufnahmekapazitäten erweitert werden“, sagte der Minister am Montag im Deutschlandfunk. „Jetzt ist es höchste Zeit, schneller zu werden, größere Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Die Menschen brauchen eine Versorgung.“ Es sei Aufgabe der Länder, für entsprechende Aufnahmekapazitäten zu sorgen.
Denn wenn die Bahn wisse, wo es Aufnahmekapazitäten gebe, könnten Sonderzüge direkt dorthin fahren. Das sei gegenwärtig nicht möglich. „Ich kann nicht Leute irgendwo hinschicken, ohne zu wissen, ob sie dann vor Ort versorgt werden.“ Flüchtlinge seien bisher mit regulären Zügen nach Deutschland gefahren. „Und die meisten eben nach Berlin.“ Wissing forderte „ganz schnell“ eine geordnete Verteilung. „Im Idealfall wäre es so, dass wir schon beim Beginn des Transports in Polen wissen, wo Aufnahmekapazitäten sind.“
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