Stamp wirbt für eine aktive Migrationspolitik
Joachim Stamp spricht im Spiegel-Interview über die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen und seine Kritik an Horst Seehofers Flüchtlingspolitik. Der Vizeministerpräsident von Nordrhein-Westfalen will neue Perspektiven schaffen.
Der NRW-Integrationsminister bilanziert fünf Jahre nach dem berühmten „Wir schaffen das“-Satz der Kanzlerin: „Wir haben Hunderttausende von Flüchtlingen aufgenommen, mitunter haben wir improvisiert, insgesamt war es eine große Leistung der Zivilgesellschaft. Aber die grundsätzlichen Probleme der Migration, die Verelendung in EU-Camps auf den griechischen Inseln, ertrinkende Menschen im Mittelmeer, illegale Migration nach Deutschland bei gleichzeitig fehlenden Arbeitskräften in vielen Bereichen, diese Probleme bleiben ungelöst.“ Stamp fordert den Übergang von einer passiven zu einer aktiven Flüchtlings- und Migrationspolitik. „Wir brauchen mehr Struktur, brauchen eine Veränderung von ungeordneter zu geordneter Migration. Das erfordert Mühe, und da tut die Bundesregierung zu wenig.“
Innenminister Horst Seehofer und Außenminister Heiko Maas würden sich jedoch nur darauf beschränken, sich mit der Lage abzufinden. Er erwarte aber einen Gestaltungsanspruch, gerade in der derzeitigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Er macht sich Sorgen, dass die deutsche EU-Ratspräsidentschaft das Thema Migration nicht energisch genug vorantreibt und es am Ende einmal mehr bei Absichtserklärungen bleibt. „Da werden etwa ein neuer Verteilungsmechanismus und Verteilungszentren an den EU-Außengrenzen angekündigt — beides aber, befürchte ich, wird nicht funktionieren.“ Stamp schlägt vor, mit den wesentlichen Herkunftsländern einzelne Migrationsabkommen abzuschließen, „in denen die Rücknahme von illegal Eingereisten geklärt und im Gegenzug die Ausstellung von Visa für Studierende und Arbeitskräfte in Aussicht gestellt wird.“
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