So viel Normalität wie möglich an Schulen

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger stellte mit Blick auf den kommenden Herbst klar, dass die Belange der Schüler bei allen politischen Beratungen zu Corona-Maßnahmen zentral sein werden.

Kinder vor Schule
Stark-Watzinger: Die Belange der Schülerinnen und Schüler werden nicht noch einmal hinten anstehen.

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gab die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zu bedenken, dass die vergangenen zwei Jahre sehr prägend für die Schülerinnen und Schüler gewesen seien: „Wir sehen leider, dass sich die Kluft zwischen den Schülerinnen und Schülern vertieft hat. In unserem Bildungssystem entscheidet immer noch die Herkunft stark über den Bildungserfolg. Das war schon vor der Krise so, hat sich jetzt aber noch mal verstärkt.“ Deswegen werde sie sich dafür einsetzen, dass in Zukunft wieder so viel Normalität wie möglich an den Schulen herrsche. 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Schulen müssen offen gehalten werden

„Die Schulen müssen offen gehalten werden. Es darf keine flächendeckenden Schließungen mehr geben“, stellte die Bildungsministerin unmissverständlich klar. „Im Ergebnis waren die flächendeckenden Schulschließungen ein Fehler, den wir nicht wiederholen dürfen“, denn die Nebenwirkungen seien gravierend gewesen neben psychischen Auffälligkeiten gebe es deutliche Lernrückstände bei Kindern und Jugendlichen. 

„Es gibt Studien, die zeigen, dass es etwa im Bereich der Lesekompetenz von Viertklässlern bis zu sechs Monate Rückstand gibt.“ Zudem gehe es um Bildungsgerechtigkeit. So seien junge Menschen, die zu Hause Unterstützung bekämen und gut selbst organisiert lernen könnten, besser durch die Pandemie gekommen als diejenigen ohne diese Voraussetzungen. Für sie ist klar: „Wir dürfen über den Sommer nicht ruhen, sondern müssen daran arbeiten, dass Schule im Herbst möglichst normal stattfinden kann.“

Hierfür gebe es drei zentrale Ansatzpunkte, erklärte Stark-Watzinger. Erstens die Evaluation der bisherigen Maßnahmen. „Wir müssen wissen, welche wie wirksam sind und wie sie am besten kombiniert werden. Dazu bekommen wir in wenigen Tagen den Bericht der Sachverständigenkommission.“ Zweitens müsste eine niedrigschwellige Impfkampagne an den Schulen gefahren werden. Mit der Empfehlung der Corona-Impfung durch die STIKO für alle Kinder sei dies nun endlich möglich.

„Und drittens brauchen wir einen bundesweiten digitalen Stresstest. Wir müssen wissen, ob wir jetzt die digitalen Möglichkeiten haben, um Schulunterricht aufrechtzuerhalten, falls er mal nicht vor Ort stattfinden kann, und ob die Kommunikationswege zwischen Schulen und Eltern kurz sind.“ Schüler, Eltern und Lehrer brauchten mehr Planungssicherheit.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Digitalisierung der Schulen vorantreiben

„Wir hoffen das Beste, aber wir müssen uns auch auf das Schwierigste vorbereiten“, verdeutlichte Stark-Watzinger. Es sei wichtig, dass Distanzunterricht möglich sei, sollte es notwendig sein. „Den wollen wir zwar möglichst vermeiden, aber wenn es durch die Pandemie vermehrt Krankheitsfalle gibt, ist er eine Möglichkeit, überhaupt zu unterrichten. Vor allem müssen wir diese Infrastruktur dann auch testen, bevor es ernst wird. Denn in einer Krise noch mal Neues obendrauf zu satteln ist doppelt schwer.“

Darüber hinaus soll in einem Digitalpakt 2.0 festgeschrieben werden, dass die Gelder des Bundes nicht nur für digitale Infrastruktur eingesetzt werden könne, sondern auch in die Köpfe investiert werden dürfe, erläuterte die Bildungsministerin. Auch sei das erste Kompetenzzentrum für digitalen und digital gestützten Unterricht an den Start gegangen, dort können Lehrer sich fortbilden. Darüber hinaus werde an einem Gütesigel für digitale Bildungsangebote geforscht, so Stark-Watzinger.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Startchancen-Programm

Um die entstandenen Bildungsrückstände abzubauen und die sozialen und psychischen Probleme in Folge der Pandemie abzufedern, legte der Bund ein Corona-„Aufholprogramm“ über zwei Milliarden Euro auf für Lernförderprogramme und die Aufstockung sozialer Projekte für Kinder, Jugendliche und Familien. „Der Bund hat den Ländern zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die noch gar nicht komplett ausgegeben sind. Insofern sollte dieses Geld zunächst eingesetzt werden“, erklärte die Bildungsministerin. Als Möglichkeit hierfür nannte sie die Aufarbeitung der Corona-Folgen, aber auch einen langfristigen Prozess.

Schülerinnen und Schüler sollen sehr gezielt unterstützt werden. Hierfür plane die Ampel ein Startchancen-Programm, mit dem bundesweit 4.000 Schulen in besonders schwierigem Umfeld unterstützt werden: mit mehr Geld, zusätzlichen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und besserer Infrastruktur. Welche Schulen das sein werden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und um wie viel Geld es sich handeln wird, darüber sei man im intensiven Austausch mit den Bundesländern, sagte Stark-Watzinger. Sie kündigte ein Konzept bis zum Herbst an. Dann kenne man auch die Größenordnungen. „Wir werden jetzt also in die konkrete Planung gehen und die Länder dabei einbinden.“