Mit dem Startchancen-Programm benachteiligten Schulen helfen
Im Interview mit der Frankfurter Neuen Presse forderte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine neue Form der Kooperation von Bund und Ländern.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sprach in einem aktuellen Interview mit der Frankfurter Neuen Presse über die Herausforderungen im Bildungsbereich. „Die Corona-Pandemie hat den Trend verstärkt, dass die Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen abgenommen haben. Hinzu kommen psychische und soziale Folgen.“ Deshalb brauche es jetzt möglichst viel Normalität an den Schulen. Mit dem Startchancen-Programm soll Kindern und Jugendlichen geholfen werden, die Zuhause wenig bis keine Unterstützung bekommen. Mit dem Programm sollen bis zu 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern unterstützt werden.
Stark-Watzinger betonte: „Jede zehnte Schule in Deutschland soll zur Startchancen-Schule werden, und zwar genau dort, wo die Herausforderungen am größten sind.“ Statt Gießkannenprinzip werden so Bildungschancen und -gerechtigkeit gezielt gefördert.
Aufstieg durch Bildung muss möglich werden
Unter der Inflation und den gestiegenen Preisen leiden auch Familien. Damit die Bildungsschere nicht noch weiter auseinander geht, sei es wichtig, dass Bildungseinrichtungen offen bleiben. „Deshalb zählen sie bei der Gasversorgung zu den geschützten Kunden.“
Studierende und Fachschülerinnen und -schüler haben ebenso mit den hohen Energiekosten zu kämpfen. Deswegen werden sie mit der Energiepreispauschale, die Anfang nächsten Jahres ausgezahlt wird, und einer BAföG-Erhöhung als Teil einer umfassenden Reform entlastet. „Für uns als Freie Demokraten geht es immer darum, Aufstieg durch Bildung möglich zu machen. Wir wollen lieber zu Beginn des Lebens möglichst individuell unterstützen als später mit Sozialleistungen“, unterstrich die Bildungsministerin. „Deshalb war uns eine schnelle BAföG-Reform wichtig. Der BAföG-Höchstsatz ist dadurch um mehr als acht Prozent gestiegen, beim Wohnen sind es sogar elf Prozent.“
Mehr Anerkennung und Respekt für Lehrkräfte
Um für mehr Qualität im Bildungssystem zu sorgen, sei es notwendig mehr in Bildung zu investieren. Das sei in der Vergangenheit zu wenig passiert, kritisiert Stark-Watzinger. „Die Gesellschaft hat sich verändert, ist vielfältiger geworden. Gleichzeitig ist nicht genug in Bildung investiert worden. Und die Digitalisierung wurde zu spät angegangen.“
Es reiche nicht, nur neue Lehrstellen im Haushalt einzuplanen. „Wir sehen, dass zu viele das Lehramtsstudium abbrechen und dass sich zu wenige für den Beruf interessieren. Wir sollten ein Jahr der Lehrkräfte ausrufen, auch um die Anerkennung und den Respekt zu stärken“, schlägt die Ministerin vor.
Digitalisierung vorantreiben
Auch die Digitalisierung in der Bildung muss vorangetrieben werden. Denn: „Die Lebenswelt ist digital, das Klassenzimmer vielfach noch analog. Das darf nicht so bleiben.“ Der Digitalpakt sei dabei ein erster wichtiger Schritt für den Aufbau der nötigen Infrastruktur. Um Tempo zu machen brauche es aber mehr Kompetenzen für den Bund. „Bisher ist das auf Bundesebene schwierig, weil wir nur Gelder für digitale Infrastruktur geben dürfen. Hier ist eine neue Form der Kooperation zwischen Bund und Ländern nötig“, forderte die Bildungsministerin.