Lindner will in finanzpolitischen Gestaltungsmodus wechseln
Nach dreitägiger Bundestagsdebatte über die Vorhaben der Ampel-Regierung stellte am Freitag Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Pläne vor. Zentrales Ziel sei es, in den nächsten Jahren aus dem Corona-Krisenmodus herauszukommen.
Zum Ende der dreitägigen Bundestagsdebatte über die Vorhaben der Ampel-Regierung stellte am Freitag Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Pläne vor. Trotz des geplanten Nachtragshaushalts hat der Bund 24,8 Milliarden Euro weniger Schulden aufgenommen, als im Haushalt geplant, berichtete Lindner. Fast 85 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen blieben sogar ungenutzt. Das zeige, dass der Bund nicht die gesamte Schuldenaufnahme ausreize, die möglich gewesen wären. 60 Milliarden Euro der nicht genutzten Corona-Kredite sollen nun mit einem Nachtragshaushalt im Energie- und Klimafonds zurücklegt werden. Das Geld soll in den kommenden Jahren für Investitionen in den Klimaschutz genutzt werden, die während der Pandemie ausfielen. Lindner betonte auch, dass ab 2023 die normalen Regeln der Schuldenbremse im Grundgesetz wieder eingehalten werden. Zu den zentralen finanzpolitischen Zielen der neuen Bundesregierung gehören Stabilität, Wachstum, Innovation und Fairness.
Lindner betonte: „Es müssen 24,8 Milliarden Euro weniger Schulden gemacht werden, als von der Vorgängerregierung geplant. Damit wird die Nettokreditaufnahme reduziert.“ Die Finanzpolitik werde noch immer von der Pandemie geprägt, so der Minister: „Wir tun, was nötig ist, aber es wird nicht ausgereizt, was möglich wäre.“ Lindner bekräftigte, die Bundesregierung strebe an, die normalen Regeln der Schuldenbremse im Grundgesetz 2023 wieder einzuhalten.
Diese Finanzpolitik sende damit ein wichtiges Signal über die deutschen Grenzen hinaus. „Wir müssen die Erholung der Wirtschaft finanzieren. Wir müssen die Pandemie überwinden. Wir müssen Investitionen stärken. Aber die Bedeutung sozialer, solider Staatsfinanzen im Zusammenhang mit der Inflation hat der neue Präsident der Deutschen Bundesbank gerade erst angesprochen. Deshalb werden wir bei allen Herausforderungen verbindliche Fiskalregeln respektieren und die Verschuldung begrenzen“, betonte der Bundesfinanzminister. Der Bund werde seinen Beitrag leisten, das einmalige Wiederaufbaufonds „Next Generation“ zum Erfolg zu führen. Transparente Regeln und die finanzpolitische Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten seien unverzichtbare Voraussetzungen für Stabilität.
„Politik, Transformation, Technologie und Talentförderung erhalten im Haushalt Priorität. Denn wir wollen ermöglichen, dass dieses Land Fortschritt wagt.“ Daher werde es keine Steuererhöhungen geben. Stattdessen arbeite man an Entlastungen im steuerlichen Bereich, wie bei der EEG-Umlage, dem Bürgergeld oder bei der privaten Eigentumsbildung. „Wir wollen ermöglichen, dass Deutschland attraktiv bleibt als Wirtschaftsstandort, dass die Menschen in ihrem Leben wirtschaftlich vorankommen und dass der soziale Aufstieg für alle leichter gelingt.“
Das Bundesfinanzministerium arbeite auch an einer Verlängerung der Homeofficepauschale, an längeren Fristen zur Abgabe der Steuererklärung, an steuerfreien Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld und an der Steuerbefreiung beim Pflegebonus von bis zu 3000 Euro. Es gelte, vom „Krisenmodus in den Gestaltungsmodus“ zu wechseln, so Lindner.
Um Deutschland zu einem führenden Finanzplatz zu machen, gehören neben Stabilität und Verbraucherschutz auch Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu den wichtigen politischen Zielen. „Fintechs, wie ActionScript und Venture Capital Startups. Hier haben wir Potenzial. Auch die drei Säulen unseres privaten Bankwesens haben Perspektiven.“ Der Finanzplatz Deutschland könne so nicht nur Wachstum finanzieren, sondern auch selbst zu einem Wachstumsmotor werden.
Als letzten Punkt will Lindner die Steuererhebung fairer machen. Lästige Vorgänge sollen mithilfe der Digitalisierung vereinfacht werden. „Menschen sollen sich mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen, aber nicht zu lange mit der Steuererklärung.“ Zudem soll die Befähigungen zur Bekämpfung von Finanzkriminalität weiter ausgebaut werden um Steuerrecht durchzusetzen. Denn: „Ehrliche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dürfen nicht geschädigt werden, indem Steuerhinterzieher davonkommen.“
Um die in Pandemiezeiten besonders strapazierte Staatskasse zu schonen, will die FDP zudem Stellen im Regierungsapparat streichen. „Es gab an verschiedenen Stellen beim Bund einen Personalaufwuchs, der teils unnötig war. Wir werden überflüssig gewordene Stellen beim Bund wieder streichen“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Rheinischen Post.
Auch bei uneffektiven Förderprogrammen soll aufgeräumt werden. „Wir schauen auch, ob Förderprogramme noch effektiv sind“, kündigte Dürr an. „Das Baukindergeld etwa hat nur zu Mitnahmeeffekten geführt, deswegen wurde kein zusätzliches Haus gebaut.“ Grundsätzlich solle überprüft werden, welche Programme ihre Ziele nicht erreichen – und dann auch entsprechend gehandelt werden.
„Wir drehen jeden Euro und jeden Cent dreimal um, auch in einer Pandemie“, betonte Dürr. „Ziel ist es, dass die Neuverschuldung im Jahr 2022 keine dreistellige Milliardensumme sein wird. Einerseits setzen wir auf höhere Steuereinnahmen. Andererseits durchforsten wir den Haushalt nach Einsparmöglichkeiten.“ Dürrs Forderung: „Wir müssen die Wirtschaft so stärken, dass die Steuereinnahmen alsbald den Haushalt wieder ausgleichen.“
Auch interessant:
- Bund machte 2021 fast 25 Milliarden Euro weniger Schulden als geplant
- FDP will überflüssige Stellen beim Bund streichen
- FDP-Position: Finanzpolitik
- Finanzminister Lindner — 24,8 Milliarden Euro weniger Staatsschulden
- Bundestagsrede Christian Lindner vom 14.01.2022
- Infopapier: Zweiter Nachtragshaushalt
- FDP-Fraktion: Innovation Nation