Große Hilfsbereitschaft und begrenzte Kräfte
Für die Freien Demokraten ist klar, dass die Kräfte auf diejenigen Flüchtlinge konzentriert werden müssen, denen nach deutschem Recht geholfen werden kann.
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann legen in einem gemeinsamen Gastbeitrag dar, dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland groß ist, die Kräfte allerdings begrenzt. „Diese Einsicht muss zu einer neuen Realpolitik auf dem Gebiet der irregulären Migration nach Deutschland führen“, so Lindner und Buschmann. „Neue Realpolitik bedeutet nicht, sich von seinen Werten oder ethischen Idealen zu trennen, sondern sie unter Anerkennung unbestreitbarer Fakten im Rahmen des Möglichen zu verwirklichen. Das entspricht unserem europäischen Erbe: Unmögliches können wir von niemandem verlangen – auch nicht von uns selbst.“
Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ führte Lindner aus: „Wir haben es zu lange denen schwer gemacht zu kommen, die wir als fleißige Hände und kluge Köpfe brauchen. Zugleich haben wir es zu lange denen leicht gemacht zu bleiben, die illegal in unseren Sozialstaat eingewandert sind.“ Mit der Asylwende werde dies nun umgekehrt.
Fokus auf diejenigen, denen geholfen werden kann
„Fakt ist, dass zu viele Menschen nach Deutschland kommen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind“, schreiben Lindner und Buschmann. „Für eine neue Realpolitik folgt daraus: Aus einem naiven ‚Wir schaffen das‘ muss ein realistisches ‚Wir müssen es besser machen‘ werden.“ Die begrenzten Kräfte müssten stärker auf diejenigen fokussiert werden, denen nach deutschem Recht geholfen werden könne. Fast die Hälfe der Menschen, die aus anderen Drittstaaten als der Ukraine nach Deutschland als Flüchtlinge kämen, hätten dazu jedoch kein Recht. Diese irreguläre Migration müsse gestoppt werden, „wenn wir uns als Staat nicht überheben und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger riskieren wollen“, unterstreichen die Minister in ihrem Gastbeitrag.
FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr sagte im Interview mit der „Welt“: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, eine interessengeleitete Migrationspolitik in Deutschland zu etablieren. Das hat es zu Zeiten von Frau Merkel nicht gegeben, das hat es auch zu Anfang dieser Koalition nicht gegeben. Aber jetzt gibt es diese Chance. Sie nicht zu ergreifen, wäre ein Riesenfehler.“
Push- und Pull-Faktoren in den Blick nehmen
„Die Push-Faktoren bestimmen mit, woher Migration kommt. Die Pull-Faktoren bestimmen mit, wohin sie geht“, schreiben der Finanzminister und der Justizminister. „Aber es wäre wohl anmaßend, der deutschen Politik zuzutrauen, dass sie sämtliche Missstände der Welt, die als Push-Faktoren in Frage kommen, in kurzer Frist beseitigen könnte. Die Pull-Faktoren im eigenen Land haben wir stärker unter Kontrolle als das Wohl der gesamten Menschheit. Für Realpolitik – neue wie alte – gilt: Man muss sich auf die Dinge konzentrieren, die man selbst verändern kann.“
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte im Gespräch mit dem ZDF-„Morgenmagazin“: „Irreguläre Migration wollen wir konsequent und wirksam bekämpfen.“ Die Zahl der Migranten, die nach Deutschland kämen, müsse dauerhaft spürbar sinken. „Eine Voraussetzung dafür ist, dass wir national alles dafür tun, die Anreize illegaler Migration in unsere sozialen Sicherungssysteme zu verringern.“
Gemeinsame EU-Asylpolitik und Zahlungen reformieren
Das Ziel der gemeinsamen EU-Asylpolitik ist es, offensichtlich unbegründet Schutzsuchenden bereits an der europäischen Außengrenze ihre abschlägigen Bescheide zu erteilen. Diesem Ziel dienten auch mobile Grenzkontrollen. In diesen Bereichen müssten die Anstrengungen ebenfalls intensiviert werden, so die Minister.
Darüber hinaus schlagen Lindner und Buschmann vor, sowohl die Höhe als auch die Art der Zahlungen an Geflüchtete in Deutschland neu zu ordnen, beispielsweise durch Bezahlkarten statt Bargeld. „Wir prüfen, ob wir Überweisungen in Herkunftsländer mit vertretbarem Aufwand blockieren können“, so Lindner im „Kölner Stadt-Anzeiger“-Interview. „Sinnvoller ist es aber, den Menschen gar nicht erst Geld in die Hand zu geben, sondern auf Sachleistungen und Bezahlkarten zu setzen. Wenn die Länder sich darauf einigen, erübrigt sich das so genannte financial blocking.“
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