Gestärkte Reserve statt neue Wehrpflicht

Eine neue Wehrpflicht wird es mit den Freien Demokraten nicht geben. Stattdessen plädiert die FDP für eine Stärkung der Reserve, denn die Bundeswehr braucht mehr Praktiker und Profis, wenn sie moderner und schlagkräftiger werden will.

Soldaten
Die Freien Demokraten wollen die Reserve der Bundeswehr stärken – und stellen sich klar gegen eine neue Wehrpflicht.

Vor einem Jahr rief Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine die „Zeitenwende“ aus. Seitdem hat sich sehr viel verändert. Der Angriffskrieg Russlands hat auf dramatische Weise verdeutlicht, dass die Bundeswehr nur sehr beschränkt verteidigungsfähig ist. „Wir stellen fest, dass die Zeitenwende auch in den Kasernen ankommen muss“, mahnte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nach einer Präsidiumssitzung. Außerdem sei zu konstatieren, „dass wir in vielen Fragen, etwa wenn es um Strukturen oder um das Beschaffungswesen der Bundeswehr geht, besser werden müssen.“ Da stehe noch sehr viel Arbeit an.

Passend dazu habe sich das Präsidium der FDP mit dem Thema Zeitenwende und der Zukunft der Bundeswehr beschäftigt. „Uns ging es vor allem um die Frage, wie man die Bundeswehr insgesamt zukunftsfähiger und auch als Arbeitgeber attraktiver machen kann“, erläuterte Djir-Sarai den Präsidiumsbeschluss „Gestärkte Reserve statt Zwangsdienst“. Er bekräftigte die entschiedene Ablehnung der Wehrpflicht. Die FDP schlage stattdessen eine Stärkung der Reserve der Bundeswehr vor, um die Kompetenzen der Streitkräfte auszubauen.

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Mehr Wissenstransfer zwischen Bundeswehr, Wirtschaft und Zivilgesellschaft

Statt auf Zwang setzen die Freien Demokraten auf die Stärkung und Aufwertung des Wehrdienstes. Aus Sicht der Freien Demokraten stärken Reservistinnen und Reservisten nicht nur die Bindung zwischen Armee und Gesellschaft, sondern bringen auch wertvolles Wissen aus der Praxis mit. Die neue Reserve könnte dann von „IT-Experten, die zeitweise tätig sind, über mehr Menschen, die in neuen Heimatschutz-Einheiten militärische Kenntnisse für Katastrophenschutz vorhalten, bis hin zu Top-Führungskräften, die ihr Know-how einbringen“ reichen, heißt es in dem Beschluss.

Vorbild sei die „Cyber-Reserve“. In den Reserveeinheiten könne „ein regelmäßiger Einsatz und dauerhafter Wissenstransfer zwischen Bundeswehr, Wirtschaft und Zivilgesellschaft“ stattfinden. Die Freien Demokraten wollen zudem die Einführung eines Generalsrangs für Reservistinnen und Reservisten prüfen, um besonders erfahrene und kompetente Führungskräfte stärker an die Bundeswehr zu binden.

„Die Bundeswehr der Zukunft wird eine Armee von Spezialisten sein, die komplexe Waffensysteme beherrschen. Auch Fragen der IT- und Cybersicherheit werden einen hohen Stellenwert haben. Hier kann sehr viel Know-how über die Reservistinnen und Reservisten eingebracht werden“, so Djir-Sarai.

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Nein zur Wiedereinführung der Wehrpflicht

Die Freien Demokraten begründen ihr klares Nein zu einer Neuauflage der Wehrpflicht zum einen damit, dass es aktuell in der Bundeswehr keinerlei Strukturen gebe, um diese effizient umzusetzen. Hier müssten viel Zeit, Geld und Personal aufgewendet werden, das an anderer Stelle substanziell zur besseren Verteidigungsfähigkeit Deutschlands beitragen könnte. 

Die Wehrpflicht wäre zudem ein massiver Eingriff in das Leben und die Freiheit junger Menschen, heißt es in dem Beschluss. Die jungen Menschen hätten in der Corona-Pandemie bereits zurückstecken müssen und sollten daher aus Sicht der Freien Demokraten keine weiteren Steine auf dem Weg ins Berufsleben gelegt bekommen. Außerdem engagierten sich viele junge Menschen bereits in anderen Bereichen ehrenamtlich. Ein weiteres Argument gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist, dass nur ein Bruchteil der jungen Menschen eingezogen werden könnte, was einer Verletzung der Wehrgerechtigkeit gleichkommen würde.

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Bundeswehr muss als Arbeitgeber attraktiver werden

Djir-Sarai betonte: „Wir sind der Meinung, dass wir noch einiges tun können, um die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber zu stärken.“ Das habe auch mit dem Thema Akzeptanz der Bundeswehr in der Gesellschaft zu tun. Er verwies damit auf den Beschluss der FDP vom November, in dem die Freien Demokraten für eine größere gesellschaftliche Wertschätzung der Bundeswehr eintraten: „Früher wurde diskutiert, ob Vertreterinnen und Vertreter der Bundeswehr häufiger in Schulen auftreten sollen, um für die Bundeswehr als Arbeitgeber zu werben. Das halten wir für notwendig“, so Djir-Sarai.

Es sollte ganz selbstverständlich sein, dass sich die Bundeswehr bei schulischen und außerschulischen Aktivitäten zur Berufsorientierung präsentieren darf, beispielsweise im Rahmen von Informationstagen zur Berufsbildung an den Schulen. Es dürfe keine ideologischen Scheuklappen geben, die die Ausbildungschancen junger Menschen begrenzen.

Djir-Sarai ergänzte: Den Ansatz, die Bundeswehr in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, könne man auch auf Länderebene noch deutlich stärker befördern, „etwa bei der Frage, Gelöbnisse oder Beförderungen an öffentlicher Stelle durchzuführen.“