Für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik
Die Freien Demokraten stehen für solide und nachhaltige Staatsfinanzen. FDP-Chef Christian Lindner will nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts reinen Tisch machen und dann nach vorne schauen.
Mit der Entscheidung zur Umwidmung von Kreditermächtigungen hat das Bundesverfassungsgericht die Schuldenbremse gestärkt. Finanzminister und FDP-Vorsitzender Christian Lindner mahnte nun strukturelle Änderungen an der Haushaltsführung an. „Es besteht erheblicher zusätzlicher Konsolidierungsbedarf“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. „Wir haben während der Koalitionsverhandlungen beraten und geglaubt, einen verfassungsrechtlich verantwortbaren Weg gefunden zu haben. Es gibt ihn nicht. Jetzt betrachte ich es als meine Aufgabe, alle Zweifel zu beseitigen und vollständig aufzuräumen“, so Lindner zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021.
Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenbremse erteilte der Finanzminister eine klare Absage: „Die Schuldenbremse schützt den Steuerzahler vor Überlastung durch Zins und Tilgung in der Zukunft.“ Auch Steuererhöhungen lehnt Lindner kategorisch ab. „In einer Phase geringer wirtschaftlicher Dynamik muss es darum gehen, Bürger und Unternehmen zu entlasten. Dafür steht diese Bundesregierung.“
Klarheit bei der Schuldenbremse
Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil zur Schuldenbremse und zu Sondervermögen für Rechtsklarheit gesorgt, die jetzt die Staatspraxis ändern werde, so der Finanzminister. Zentraler Punkt des Urteils: Notlagenkredite müssten im Haushaltsjahr ihrer Genehmigung genutzt werden. Dies sei ein entscheidender Schritt zur Wahrung finanzieller Disziplin und Verantwortlichkeit.
Lindner schwört die Koalition nun auf einen strikten Sparkurs ein. „Wir reden über zweistellige Milliardenbeträge, um beispielsweise die ambitionierten Pläne zur Erneuerung der Infrastruktur und für Investitionen in Technologie umzusetzen“, so der FDP-Chef. Dabei müsse man die Haushalte 2024 und 2025 zusammen betrachten. „Denn strukturelle Änderungen sind aus meiner Sicht unausweichlich.“
Überprüfung und Anpassung bestehender Sondervermögen
Entsprechend dieser neuen Rechtslage hat der Finanzminister alle bestehenden Sondervermögen überprüfen lassen. Der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds, der unter anderem die Strom- und Gaspreisbremse finanziert, muss rechtlich neu fundiert und bis 2024 beendet werden. Ebenso steht der Aufbauhilfefonds für Hochwasseropfer 2021, eine Initiative der Vorgängerregierung, rechtlich auf wackeligen Beinen.
Nachtragshaushalt und politische Verantwortung
Lindner kündigte an, einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr vorzulegen, um die Verfassungsmäßigkeit der Ausgaben für die Strom- und Gaspreisbremse zu gewährleisten. Zunächst werde er einen Nachtragshaushalt für 2023 aufstellen, ohne dafür zusätzliche Schulden aufzunehmen. Haushaltsrechtlich sind nach dem Urteil jedoch neue Kreditermächtigungen nötig. Nur hierfür muss für 2023 eine Ausnahme der Schuldenregel vorgenommen werden. Erst danach könne der Bundeshaushalt 2024 neu aufgestellt und beschlossen werden. Hier stehe Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Die Bundesregierung sei entschlossen, die aktuellen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Die Modernisierung der Infrastruktur, die Stärkung von Bildung und Forschung sowie die Erneuerung digitaler Netze bleiben wichtige Ziele. „Aber wir müssen jetzt andere Wege zu diesen Zielen finden als noch 2021 im Dezember gedacht“, so Lindner.
Staat hat kein Einnahmeproblem
„Für die FDP ist klar: Wir stehen zur Schuldenbremse“, stellte der Finanzminister fest. Der Staat habe mit mittlerweile fast einer Billion Euro Einnahmen kein Einnahmeproblem „Da könnte man doch zu dem Schluss kommen, dass das vielleicht ausreicht. Mindestens haben wir noch nicht den erforderlichen Grad an Disziplin und Effektivität bei den Staatsausgaben erreicht.“
Im Interview der Woche mit dem Deutschlandfunk sprach Lindner von einem sehr „ambitionierten Fahrplan“, bei dem einiges auf die Ampel zukomme. Beispielsweise müssten Zinsausgaben, die bislang durch den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds gezahlt wurden, künftig aus dem Bundeshaushalt geleistet werden. Gleichzeitig kündigte er strukturelle Entscheidungen an. Finanzhilfen an Industrieunternehmen müssten durch eine Reduzierung von Ausgaben an anderer Stelle kompensiert werden. Ausdrücklich nannte Lindner an dieser Stelle die Sozialausgaben.
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