FDP will Schuldenpaket mit Verfassungsklagen stoppen

Die Freien Demokraten wollen die von Union und SPD angestrebte Lockerung der Schuldenbremse mit Verweis auf die Verfassungsautonomie der Länder per Klagen stoppen – und zwar noch vor der Entscheidung des Bundesrats.

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Union und SPD wollen Artikel 109 Absatz 3 GG ändern und damit die Schuldenbremse aufweichen – ohne die Beteiligung der Landesparlamente. Ein klarer Verstoß gegen die Verfassungsautonomie der Länder.

Nur wenige Wochen nach Bundestagswahl wirft die Union sämtliche vorgeblichen Überzeugungen über Bord und plant die größte Schuldenexplosion in der Geschichte der Bundesrepublik. Gemeinsam mit der SPD und den Grünen hat sie sich darauf verständigt, zwei neue Schuldentöpfe in historischer Größenordnung zu schaffen – ein Topf für Verteidigung, ein Topf für „Alles Mögliche“. 500 Milliarden Euro zusätzlicher Schulden: de facto aber nicht für Infrastruktur oder die Wirtschaft, sondern für Wahlgeschenke, einen ausufernden Sozialstaat und Subventionen – ohne die Beteiligung der Landesparlamente. Aus Sicht der Freien Demokraten ist das ein klarer Verstoß gegen die Verfassungsautonomie der Länder und gegen die föderale Ordnung.

Darum wollen die FDP-Fraktionen in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen nach der Verabschiedung der Grundgesetzänderung im Bundestag in den Ländern Klagen einreichen. So soll verhindert werden, dass die jeweiligen Landesregierungen der geplanten Änderung des Grundgesetzes im Bundesrat zustimmen. FDP-Fraktionschef Henning Höne erklärte im Düsseldorfer Landtag: „Die Schuldenbremse des Bundes wird mit den heutigen Beschlüssen in Wahrheit beerdigt, und für die Länder soll sie im gleichen Schritt gelockert werden.“ Auch die Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag kündigte eine Klage vor dem Hessischen Staatsgerichtshof an. Die geplante Grundgesetzänderung sei ein beispielloser Eingriff in die Rechte der Länder, sagten die beiden Fraktionsvorsitzenden, Wiebke Knell und Stefan Naas. Sie schwäche nicht nur die Schuldenbremse, sie hebele auch Föderalismus und Gewaltenteilung aus. „Das ist juristisch fragwürdig, politisch inakzeptabel und demokratisch gefährlich.“

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Gewaltenteilung wird bewusst unterlaufen

Der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ sei unstrittig, so Höne bei einem kurzfristig einberufenen Termin am Nachmittag. „Aber der Bund macht kein Landesrecht. Und genau das ist aber hier geplant“, so Höne. Mit den Änderungen sollten landesrechtliche Regelungen, konkret die Landesverfassung, geändert werden. Der Bund habe dafür aus Sicht der FDP keine Gesetzgebungskompetenz. Höne sprach von einer unzulässigen Einmischung in die Verfassungsautonomie der Länder.

Große, weitreichende politische Projekte würden im Schweinsgalopp verhandelt, ohne dass man sich über die Folgen wirklich austauschen könne, warnte er. „Schlimmer wird das Ganze noch, weil die Finanzminister der Länder trotz der Kenntnis zu diesen juristischen Bedenken den Bund sogar dazu aufgefordert haben, eine Regelung zu finden, die an den Landesparlamenten vorbeiführt.“ Die Exekutive der Länder habe den Bund also aufgefordert, die Legislative der Länder zu umgehen. Hier werde mit dem Grundgesetz und den Landesverfassungen Achterbahn gefahren, so Höne. „Das ist vom Bund übergriffig und das ist auch ein Angriff auf den Föderalismus, so wie wir ihn kennen.“

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Schuldenbremse in Hessen kann nur per Volksentscheid geändert werden

Wiebke Knell, Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, erklärte: „Friedrich Merz und Lars Klingbeil haben die Büchse der Pandora geöffnet. Union und SPD wollen den Wählerwillen umgehen und unsere Landesverfassungen über den Bundesrat im Eilverfahren aushebeln. Heute beschließt der Bundestag neue Schulden in drei- bis vierstelliger Milliardenhöhe – auf Vorrat für viele Jahre. Doch statt Debatte und demokratischer Legitimation regiert hier die Abkürzung. Unsere Landtage sollen bewusst umgangen werden, weil die notwendigen Mehrheiten fehlen. Wir Freie Demokraten wollen verhindern, dass die Landesregierungen der geplanten Änderung des Grundgesetzes im Bundesrat zustimmen. Sie verfügen nicht über die erforderlichen Mehrheiten in ihren Landtagen, um die Landesverfassungen nachträglich anzupassen. In Hessen braucht es dazu sogar die Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung.“

Kretschmann darf neuen Schuldenregeln nicht zustimmen

Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP/DVP-Fraktion, sagte zur notwendigen Zustimmung des Bundesrates und den Folgen für das Land Baden-Württemberg: „Eine Schuldenaufnahmemöglichkeit an den Länderverfassungen und damit den Länderparlamenten vorbei konterkariert alles, was er bisher zum Verhältnis Bund-Länder von sich gegeben hat. Nicht nur auf Kosten unserer Kinder, sondern auch auf Kosten des Föderalismus – will Winfried Kretschmann wirklich so in Erinnerung bleiben?“

„Die geplante Grundgesetzänderung ist ein beispielloser Eingriff in die Rechte der Länder. Sie schwächt nicht nur die Schuldenbremse, sie hebelt auch Föderalismus und Gewaltenteilung aus. Wir kämpfen für die Rechte unseres Landtages und den Schutz der föderalen Ordnung“, ergänzte der FDP-Fraktionsvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern René Domke.

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Startschuss für hemmungslose Schuldenmacherei

In der Debatte über das Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den möglichen künftigen Koalitionspartnern eine maßlose Schuldenpolitik vorgeworfen. „Sie verkaufen hier eine Grundgesetzänderung, Herr Merz, als notwendige Anpassung an neue Herausforderungen“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr an die Adresse des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. „Tatsächlich ist es der Startschuss für hemmungslose Schuldenmacherei.“ Dürr nannte die angestrebte Koalition von CDU, CSU und SPD eine „Schuko“ — eine Schuldenkoalition. Er griff vor allem Merz scharf an. „Viel Geld, keine Reformen — das wird Ihre Kanzlerschaft kennzeichnen, Herr Kollege Merz.“

Die Schuldenbremse sei für die FDP kein Selbstzweck, betonte Dürr. „Sie schützt die Generation unserer Kinder und Enkel vor politischer Handlungsunfähigkeit und sie sichert in Wahrheit, dass man in Notlagen auch Schulden machen kann.“ Solche Notlagen könnten kommen, die Union verkaufe die Zukunft aber schon jetzt. „Die FDP ist sehr enttäuscht, dass der künftige Bundeskanzler das Ziel solider Staatsfinanzen zulasten künftiger Generation in nur wenigen Tagen restlos räumt“, sagte der FDP-Politiker Stephan Thomae der „Augsburger Allgemeinen“. Er warf CDU-Chef Friedrich Merz vor, sich einer „rot-grünen Schuldenkoalition“ auszuliefern.

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