FDP warnt vor Politik auf Pump
Der FDP-Chef warf insbesondere Esken vor, die Linkspartei links überholen zu wollen: Im Vergleich zu Esken klinge Linksfraktionschef Dietmar Bartsch „pragmatisch und ideologiefrei“, schrieb Lindner auf Twitter. Für Esken seien offenbar „Freiheit und Markt“ an allem Schuld. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg monierte: „Grüner als die Grünen und linker als die Linke zu sein ist eine Bewerbung als Juniorpartner in einem grün-rot-roten Linksbündnis.“
Die Union müsse jetzt zeigen, ob sie an der Geschäftsgrundlage, also dem Koalitionsvertrag mit der SPD, festhält, beantwortete sie die die Frage nach der Wahrscheinlichkeit der Fortführung der großen Koalition. Dann gebe es auch keinen Grund, die Dinge neu aufzuschnüren. Aber jetzt sei es an Union und SPD, zu zeigen, auf welcher Geschäftsgrundlage sie regieren wollen. „Es ist jetzt an der Union zu zeigen, dass sie sich da nicht erpressen lässt oder sie nicht wider jede Vernunft, auf Kosten der Steuerzahler und der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland in die falsche Richtung verändert.“
Lindner machte deutlich, dass er aus der SPD nicht mehr schlau werde. „Deutschland ging es gut mit einer starken Sozialdemokratie. Auch wegen der nachlassenden Bindekraft der SPD erleben wir, dass die Mitte ausfranst. Denn die Grünen als Nachfolger integrieren nicht unterschiedliche Milieus, sondern spielen Stadt und Land eher gegeneinander aus.“ Er warne die Union davor, sich aus Angst vor Neuwahlen zu sozialistischen Experimenten hinreißen zu lassen. „Im Zweifel wäre ein Ende der GroKo besser als eine Regierung, die nur die Angst vor dem Machtverlust zusammenhält.“ Die SPD habe einen „historischen Linksruck“ vollzogen, stellte Lindner fest. „Faktisch haben die Jusos die Macht über die Partei übernommen.“ Das Schicksal Deutschlands dürfe aber nicht an Juso-Chef Kevin Kühnert hängen.
Lindner unterstrich die Gesprächsbereitschaft seiner Partei: „Wir sind immer ansprechbar. Wir haben beispielsweise zwei Grundgesetzänderungen im Bundestag ermöglicht. Aber seit 2017 ist bekannt, dass wir nicht einfach Mehrheitsbeschaffer sind, sondern dem Land eine neue Richtung und eine neue Dynamik geben wollen. Vieles wäre besser als der lähmende Status quo, selbst Neuwahlen oder eine vorübergehende Minderheitsregierung zum Beispiel.“
Sollte die FDP nach der nächsten Bundestagswahl nicht mehr für eine Koalition gebraucht werden, weil es für Union und Grüne reichen würde, sagte der FDP-Chef: „Wer von Schwarz-Grün träumt, wird mit Grün-Rot-Rot aufwachen. Das sah man zuletzt in Bremen. Und diese Auseinandersetzung wird die nächste Wahl bestimmen. Wir wollen als Anwalt der Mitte so stark werden, dass wir für eine Mehrheitsbildung gebraucht werden“, bekräftigte Lindner.
Eine rot-gelb-grüne Ampelkoalition funktioniere zwar in Rheinland-Pfalz gut. „Im Bund fehlt mir die Fantasie, wie das allein von den Zahlen her gehen soll. Von der inhaltlichen Basis will ich gar nicht sprechen.“ FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer meint: „Deutschland steht vor Neuwahlen oder einer Minderheitsregierung. Die FDP steht für die Übernahme von Verantwortung bereit, sofern inhaltliche Kernforderungen umgesetzt werden können“.
FDP-Sozialpolitiker Pascal Kober äußerte sich zu den SPD-Beschlüssen zur Reform von Hartz IV. „Jetzt wäre es an der Zeit, Hartz IV grundlegend zu reformieren“, sagte Kober. Die Freien Demokraten kritisieren auch den Beschluss der SPD zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer scharf. Die SPD wolle „die Menschen in Deutschland weiter abkassieren“, um die „teuren Wahlgeschenke der GroKo zu finanzieren“, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, kritisiert die Beschlüsse des SPD-Parteitags. „Der Linkskurs der neuen Spitze wird der SPD schaden“„, sagte Buschmann dem Tagesspiegel. Die Partei habe immer nur dann „ihre stärksten Beiträge für die Bundesrepublik“ geleistet, solange sie sich für ökonomisches Wachstum eingesetzt habe. „Heute hat sie das offenbar völlig vergessen. Immer mehr Sozialdemokraten, die das erkennen, kehren ihrer Partei daher den Rücken. Das zeigen nicht nur die neuesten Umfragen.“