FDP stellt sich an die Seite der mutigen Frauen im Iran

Historische Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem und die systematische Diskriminierung von Frauen erschüttern den Iran. Die Demonstrantinnen verdienen unsere volle Solidarität und Unterstützung.

Bijan Djir-Sarai auf der Kundgebung von Hawar e.v.
Der Tod von Mahsa Amini mobilisiert seit Tagen die Massen. Die Freien Demokraten stellen sich öffentlich an die Seite der Frauenrechtlerinnen im Iran.

Es sind Bilder, die um die Welt gehen: Frauen, die sich die Haare abschneiden, ihre Hijabs vom Kopf reißen und solidarisch gegen das Regime auf die Straße gehen. Seit dem Tod der 22-jährigen Jina „Mahsa“ Amini sehen wir Bilder von mutigen, starken Frauen, die für Freiheit und eine liberale Gesellschaft demonstrieren. „Diese Frauen und alle, die gemeinsam mit ihnen auf die Straße gehen, verdienen unsere volle Solidarität und Unterstützung“, konstatierte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Aus diesem Grund haben die Freien Demokraten nicht nur eine Aktuelle Stunde im Bundestag dazu initiiert, sondern auch einen Brief an den iranischen Botschafter in Berlin geschickt. 

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, der am Abend des 28. September an einer Kundgebung von HÀWAR am Brandenburger Tor teilnahm, ist sich sicher, dass die gegenwärtigen Proteste die Führung in Teheran ins Mark träfen. „Ich hoffe sehr und ich würde auch die Prognose aufstellen, dass sich auf Dauer die Frauenbewegung durchsetzen wird“, sagte Djir-Sarai, dessen Eltern nach wie vor im Iran leben und zu denen er regelmäßigen Kontakt pflegt. „Das ist eine echte feministische Bewegung. Und da haben die absolut keine Antwort darauf“, fügte er mit Blick auf die Mullahs in Teheran hinzu. „Da hat die islamische Regierung bis jetzt nur mit Gewalt geantwortet.“  Djir-Sarai forderte: „Worte allein reichen uns nicht mehr, wir wollen Taten sehen. Wir brauchen personenbezogene Sanktionen gegen Vertreter des Regimes.“

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Djir-Sarai bekräftigte: „Das, was wir gerade im Iran erleben, ist anders als die Demonstrationen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben. Der Iran steht heute am Vorabend einer Revolution. Und dieses Mullahregime ist kurz vor dem Abgrund.“ Anders als bei früheren Protesten kämpften die Menschen im Iran diesmal nicht für Reformen, sagte Bijan Djir-Sarai im heute journal update: „Diesmal wollen die Menschen die Abschaffung der Islamischen Republik.“

Er plädierte für personenbezogene Sanktionen gegen führende Regierungsmitglieder des Regimes: „Es kann nicht sein, dass Menschen im Iran andere Menschen umbringen — als Vertreter des Regimes -, aber dann gleichzeitig hier in Deutschland oder Europa Urlaub machen. Es kann nicht sein, dass permanent über das Atomabkommen gesprochen wird, ohne über die Situation der Menschenrechte im Iran zu reden. Deutschland braucht eine neue Iran-Strategie und Europa braucht endlich eine neue Iran Strategie.“

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Menschenrechtsverletzungen klar und deutlich verurteilen

Gegenwärtig erlebt das seit der Revolution von 1979 islamistisch regierte Land eine historische Protestwelle. Die Frauenbewegung sei „die größte Herausforderung“, vor der das islamistische Regime stehe, sagte Djir-Sarai. „Sie will die weitreichendsten gesellschaftlichen Veränderungen im Iran erreichen.“ Da gehe es nicht nur um ein paar politische Reformen oder eine größere wirtschaftliche Teilhabe, „sondern da geht es tatsächlich um die fundamentale gesellschaftspolitische Frage der Gleichberechtigung“. Das Symbol für die Diskriminierung der Frauen sei das Tragen des Kopftuchs, „das von der überwiegenden Mehrheit der Iranerinnen abgelehnt wird“.

„Die überwiegende Mehrheit der Iraner heute will die Islamische Republik abschaffen“, sagte Djir-Sarai. „Das ist eine Systemfrage, die inzwischen von den Menschen gestellt wird.“ Dass aber das Regime einen drohenden Machtverlust hinnehmen werde, hält er für ausgeschlossen. „Die Revolutionswächter werden nicht einfach von der Bühne verschwinden“, sagte er. „Die werden erheblichen Widerstand leisten, und die scheuen auch nicht davor zurück, ein Blutbad in der eigenen Bevölkerung anzurichten.“

Umso wichtiger sei eine entschiedene Reaktion des Westens. „Wir müssen diese Menschenrechtsverletzungen klar und deutlich verurteilen“, mahnte Djir-Sarai. „Und wir müssen auch gegenüber den Menschen im Iran, gegenüber der Zivilgesellschaft, ein Zeichen geben und sagen‚ wir sind bei Euch in Eurem Kampf für Menschenwürde, Menschenrechte, Freiheit.“ 

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Die FDP-Fraktion im Bundestag hat derweil den iranischen Botschafter in Deutschland in einem offenen Brief aufgefordert, sich für ein Ende des Hijab-Gesetzes einzusetzen. „Wir bitten Sie, Exzellenz: Setzen Sie sich dafür ein, dass in Ihrem Land Veränderung möglich ist, dass das archaische Hijab-Gesetz und die Bevormundung der Frau der Vergangenheit angehören“, heißt es in dem Brief.

Die FDP-Fraktion forderte Botschafter Mahmoud Farazandeh auf, seinen Einfluss auf das Regime geltend zu machen: „Sorgen Sie dafür, dass die rohe Gewalt gegen diese mutigen Frauen sofort ein Ende findet und dass der menschenverachtende Hass gegen Frauen durch Vertreter Ihrer Regierung nicht noch weiter angestachelt wird.“

Initiatorin des Briefes ist Gyde Jensen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen. „Uns ist völlig klar, dass wir mit einem solchen offenen Brief nicht den Lauf der Dinge in Iran verändern können“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dies würden allein die mutigen Frauen im Iran und all diejenigen schaffen, die sie dort auf der Straße unterstützten. „Aber wir haben eine Pflicht, uns öffentlich an ihre Seite zu stellen, Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu schaffen, diese rohe Gewalt des iranischen Regimes zu verurteilen und die diplomatischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die wir hier haben.“

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Hintergrund:

Jina „Mahsa“ Amini wurde am 14. September wegen eines nicht vorschriftsgemäß getragenen Kopftuchs festgenommen und in Gewahrsam schwer misshandelt. Drei Tage später erlag sie ihren Verletzungen in einem örtlichen Krankenhaus. Seit ihrem Tod kam es zu wütenden Protesten, zunächst in der kurdischen Provinz im Westen des Landes, aus der sie stammte. Mehr und mehr weitete sich der Protest auf alle Teile des Landes aus. In etwa 80 Städten sind Männer und Frauen, junge und alte Menschen verschiedener ethnisch-religiöser Herkunft auf die Straße gegangen.