FDP legt 12-Punkte-Plan im Kampf gegen Clankriminalität vor
Laut Lagebild des Bundeskriminalamtes haben sich die Aktivitäten krimineller Clans in Deutschland verfestigt. Die FDP will den Kampf gegen Clankriminalität nun verstärken.
Deutschland hat vielerorts ein ernstes Problem mit Clankriminalität. Diese kriminellen Strukturen waren in den letzten Jahren nicht nur für spektakuläre Kunstraube verantwortlich, sondern auch für Drogenhandel, Geldwäsche und Gewaltdelikte. Der Rechtsstaat muss sich ihnen stärker und konsequenter entgegenstellen.
Clan-Kriminelle „lehnen den Rechtsstaat in einer besonderen Weise ab“. Ihr „medial aggressives Auftreten“ führe „zu einem abnehmenden Sicherheitsgefühl“, es gebe auch Verbindungen zum internationalen Terrorismus, heißt es in dem 12-Punkte-Beschluss „Für einen starken und effektiven Rechtsstaat gegen Clankriminalität“, den das FDP-Präsidium am Montag gefasst hat.
„Eine konsequente, regelmäßige und auch kleinteilige Kontrolle von Clan-Aktivitäten ist notwendig. Kriminellen Geschäften der Clans muss der Rechtsstaat mit aller Härte entschlossen entgegentreten.“ FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ist es zugleich ein Anliegen, die Debatte ohne Vorurteile, aber auch ohne Tabus zu führen. Der Spitzenkandidat der Berliner FDP zur Berliner Abgeordnetenhauswahl Sebastian Czaja, der maßgeblich am 12-Punkte-Plan beteiligt war, erklärte, „dass es uns nicht darum geht, mit Law and Order auf die Herausforderungen zu reagieren, sondern um einen funktionierenden Rechtsstaat.“
Lagebild zur Clankriminalität muss bleiben
Sowohl Djir-Sarai, der aus NRW stammt, als auch Czaja verwiesen jeweils auf die aktuelle Situation in ihren Bundesländern. So habe es in Berlin im Jahr 2021 lediglich 70 Verfahren gegen Kriminelle aus dem Clan-Milieu gegeben. In Nordrhein-Westfalen waren es mit FDP-Regierungsbeteiligung 2021 immerhin 140 Verfahren.
Jetzt bleibe abzuwarten, ob die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vom bisherigen Kurs abrückt. Dort fordern die Grünen, dass es vom Landeskriminalamt kein Lagebild mehr zur Clankriminalität geben solle, weil es Menschen stigmatisiere und unter Generalverdacht stelle. Ähnlich argumentieren die Linken in Berlin: In Neukölln hatte eine Bezirksstadträtin der Linken verhindert, dass das Ordnungsamt an einem Verbundeinsatz mit Polizei, Zoll und Gewerbeaufsicht teilnimmt.
Die FDP werde da hinschauen, wo man hinschauen müsse, betonte Czaja: „Wir werden Antworten geben, da, wo Antworten notwendig sind. Und wir werden das nicht tun, wie andere das tun, indem sie Ressentiments bedienen, sondern wir werden das tun, insbesondere mit Blick auf die Fragen: ‚Wo ist aus integrationspolitischer Sicht etwas schiefgelaufen? Welche Fragen müssen wir uns bildungspolitisch stellen. Welche Aufstiegschancen haben die Menschen in unserem Land?‘“
Czaja zeigte sich erfreut, mit dem Psychologen und Experten für Extremismusprävention Ahmad Mansour einen Unterstützer im Berliner Wahlkampf gewonnen zu haben, mit dem die Freien Demokraten diese Fragen diskutieren würden. Vor dem Hintergrund der Silvester-Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte mahnte Mansour eine grundsätzliche Neuausrichtung der Integrationsarbeit an.
Grundsätzliche Neuausrichtung der Integrationsarbeit
Seine Motivation, die FDP zu unterstützen, erläuterte Mansour im Vorfeld so: „Ich lebe seit 18 Jahren in Berlin und sehe die gravierenden Missstände in Justiz und Verwaltung“, sagte er der Tageszeitung Die Welt. „Ich sehe bei der FDP das Programm, um Berlin aus dieser miserablen Situation herauszubringen. Deshalb werde ich sie im Wahlkampf unterstützen. Um etwas in dieser Stadt und diesem Land zu gestalten und zum Positiven zu verändern.“
Vor allem beim Thema Bildung fehle es nach seiner Ansicht an überzeugenden Konzepten. „Dabei liegt hier der Schlüssel, um Teilhabe und Aufstiegschancen in unserer Gesellschaft zu fördern“, sagte Mansour. „Wie wichtig das ist, dafür haben die Ausschreitungen in der Silvesternacht einmal mehr den Beleg geliefert.“
Mansour plädierte dafür, die Debatte über die Herausforderungen im Bereich der Integration offen zu führen. „Es geht nicht darum, alle Migranten als kriminell abzustempeln. Bei den Tätern handelt es sich um eine kleine Gruppe, die die Gesellschaft terrorisiert und die Polizei und den Rechtsstaat verachtet.“ Ahmad Mansour will Konzepte entwickeln, die zu einer besseren Integration und Prävention führen können. Die Ursachen für das Täterverhalten liegen nach Einschätzung Mansours oftmals in den Familien. Eine weitere Rolle spiele die Bildungsproblematik und das in den jungen Menschen entstehende Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören.
„Es geht nicht nur um den Kampf gegen Straftäter und ihre Strukturen, sondern es geht um den Kampf um die Jugendlichen, die wir erreichen müssen, bevor sie Straftaten als etwas Attraktives empfinden.“ Es gehe nicht darum, „dass man ein, zwei Tage darüber spricht, sondern darum Wertevermittlung, Rechtsstaat, Begegnung und Aufklärung zu alltäglichen Themen in Schulen, aber auch in Gefängnissen zu machen.“
Innenministerium muss Kampf gegen Clankriminalität zum Schwerpunkt machen
So sehen das auch die Freien Demokraten. Sie fordern eine nachhaltige Bekämpfung von Clankriminalität u. a. durch die Auflösung parallelgesellschaftlicher Strukturen. „Dazu müssen wir sozialräumliche Brennpunktgebiete aufbrechen, indem wir Aufstiegschancen eröffnen, Bildung fördern und Integration fordern“, so Czaja. Insbesondere die Bildungschancen von Mädchen sollen gestärkt werden, nötig sei zudem eine verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung.
Weiterhin fordert die FDP eine Erweiterung der Befugnisse von Jugendämtern, um frühzeitig reagieren zu können und Kindern ein Aufwachsen ohne Kriminalität und Gewalt zu ermöglichen.
Die FDP will außerdem mit einem Monitoring „die Unterwanderung von staatlichen Sicherheitskräften“ durch Mitglieder krimineller Clans erfassen lassen. Justiz und Polizei sollen besser ausgerüstet werden, auch mit Mitteln der Künstlichen Intelligenz. Darüber fordern die Freien Demokraten Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich auf den strafrechtlichen Umgang mit dem Phänomen der Clankriminalität spezialisieren.
Wie auch bei Rechtsextremisten und Islamisten müsse es zudem Aussteigerprogramme geben, gerade für Frauen und Kinder. Ausreisepflichtige Clankriminelle müssten konsequent abgeschoben werden.
Auch von der SPD fordern die Freien Demokraten mehr Einsatz: Während das FDP-geführte Finanzministerium den verstärkten Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung eingeleitet hat, müsse das SPD-geführte Bundesinnenministerium daran arbeiten, den Kampf gegen die Clankriminalität zu einem Schwerpunkt zu machen und strukturelle Verbesserungen herbeizuführen.
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