Europa kann sich Neutralität nicht leisten
China hält vor Taiwan Militärmanöver ab. Eine Drohgebärde gegen das demokratische Land. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht eine „reale Gefahr“ der Annexion Taiwans durch China.
Nachdem sowohl die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Nicola Beer, als auch die Sprecherin des amerikanischen Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Taiwan besucht hatten, hielt das chinesische Militär ein Manöver vor der taiwanesischen Küste ab. „Die chinesische Führung schaut nun sehr genau darauf, wie der Westen auf Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine reagiert“, gab der Außenpolitiker im Interview mit dem „Handelsblatt“ zu bedenken. China sehe den Westen aufgrund der zurückhaltenden Reaktion als schwach und unentschlossen an. Noch vor wenigen Jahren sei die NATO vom französischen Präsidenten als ‚hirntot‘ bezeichnet worden – dies sei auch in Peking vernommen worden. Djir-Sarai stellte klar: „China stellt eine echte Herausforderung für den Westen und für Europa dar. Die Amerikaner haben das bereits begriffen.“
Wettbewerb der Wertesysteme
Für Djir-Sarai ist klar: „Wir in Europa können es uns nicht leisten, neutral zu sein.“ Wenn Deutschland und Europa ihre wirtschafts- und handelspolitischen Interessen wahren wollten, müssen sie eng an der Seite der Amerikaner stehen. „Was wir sehen, ist ein Wettbewerb von zwei Wertesystemen: Autokratie gegen Demokratie, wie im Kalten Krieg.“ Der Unterschied zu damals sei allerdings, dass das chinesische System und das westliche System wirtschaftlich extrem voneinander abhängig seien. Er mahnte: „Wenn es zu einem Konflikt käme, verlieren alle.“
Wirtschaftsbeziehungen mit Wertepartnern stärken
Der Generalsekretär räumte ein, dass im Westen lange die Überzeugung geherrscht habe, „dass sich China in puncto Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratieförderung bessern wird“. Mittlerweile sei jedoch klar: Die Führung in Peking denke „nicht im Traum daran, unsere Werte zu übernehmen“. Djir-Sarai appellierte an die deutsche Wirtschaft, sich an denjenigen Staaten im asiatischen Raum zu orientieren, „die unsere Werte teilen“.
Sanktionen gegen China sind möglich
Sollte China Taiwan tatsächlich angreifen, wäre dies eine „verheerende Eskalation des Status quo“, konstatierte Djir-Sarai. In diesem Falle müsse der Westen unmittelbar mit personenbezogenen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen China reagieren. Er gab jedoch zu bedenken, dass wirtschaftliche Sanktionen keine Einbahnstraße wären, sondern Deutschland und der EU wirtschaftlich enorm schaden würden, da die gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten schlicht zu groß seien.
„Das wäre der Preis, den wir zahlen müssten, um unsere Freiheit und unsere Werte glaubhaft zu verteidigen“, stellte Djir-Sarai klar. Deswegen sei es umso wichtiger, dass der Frieden in der Region gewahrt bleibe und es nicht zu einer militärischen Auseinandersetzung oder gar zu einem Krieg komme. „Darauf müssen sich nun alle diplomatischen Anstrengungen konzentrieren“, forderte er.
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