EU-Hilfspaket ist der falsche Weg für ein richtiges Ziel
Für die Freien Demokraten sei „vollkommen klar, dass Europa wirtschaftlich aus der Coronakrise herauswachsen muss“, verdeutlicht Lambsdorff. Dafür würden nachhaltige Finanzinstrumente benötigt werden, die die europäische Wirtschaft dynamisieren können. Der Vorschlag der EU-Kommission funktioniere hingegen nach dem Gießkannenprinzip: Dadurch „werden Haushaltslöcher gestopft, aber keine neuen Wachstumsimpulse gesetz“, kritisiert der Fraktionsvize. Es bestehe deswegen sogar die „Gefahr, dass dieser große Fonds am Ende Europa nicht stärken, sondern schwächen könnte“, warnt Lindner. Es müssten jetzt laut Beer die „richtigen zielgerichteten ökonomischen Weichen“ gestellt und nicht Geld mit dem Gartenschlauch verteilt werden. Die Coronakrise dürfe nicht zur Durchsetzung sachfremder politischer Ziele missbraucht werden.
Macron und Merkel haben vor wenigen Tagen ihren 500-Milliarden-Euro-Plan vorgestellt - jetzt sind es schlappe 250 Mrd. mehr. Die Liberalen wundern sich, wie von der Leyen auf diese Zahl kommt. So, wie die sogenannten „Sparsamen Vier“ (Österreich, Dänemark, Schweden, Niederlande) nach einer Bedarfsprüfung fragen, fragt auch Lambsdorff: „Was ist eigentlich wirklich nötig?“.
Die EU-Kommission schlägt ein zusätzliches 250 Milliarden Euro Kreditpaket und 500 Milliarden Euro Zuschüsse vor. Dadurch verpasse die EU-Kommission laut Beer die Chance auf einen tragfähigen Kompromiss: „Kredite auf Zuschüsse zu stapeln, ergibt hohe Summe, aber keine Lösung.“ Lindner warnt davor, mit dem EU-Hilfspaket Anreize dafür zu setzen, „dass die auch schon vor Corona notwendigen Reformen in den Mitgliedsländern unterbleiben.“ Deswegen müssten die Hilfsgelder zur Bewältigung der Corona-Folgen an den Problemen ansetzen, für Wachstum sorgen und Arbeitsplätze generieren. Damit dies gelingt fordert Beer, dass nicht-rückzahlbare Leistungen „für konkrete zukunftsfeste Projekte in den betroffenen Regionen“ vorgesehen sein müssen, über die die Kommission wacht.
Die Auszahlungen der Hilfsgelder sollten nach Ansicht der Freien Demokraten an die strikte Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gekoppelt werden. Auch weil einige EU-Mitgliedstaaten „in dieser Coronakrise Gesetze beschlossen und Maßnahmen ergriffen haben, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar sind“, erinnert Lambsdorff insbesondere an Polen und Ungarn. Die Gelder dürften nur bei Einhaltung der rechtsstaatlichen Standards fließen. Denn auch in Krisenzeiten dürfe Rechtsstaatlichkeit nicht unter die Räder geraten.
Eine bessere Lösung als das von der EU-Kommission vorgeschlagene langwierige Haushaltsverfahren sei laut Lambsdorff, der Europäischen Investitionsbank (EIB) „eine viel stärkere Rolle einzuräumen, als das im Moment der Fall ist“. Der Fraktionsvize begründet diesen Gegenvorschlag mit der Rolle und der Funktion der EIB: Sie „ist die größte Investitionsbank der Welt, handelt durchgehend, kann sofort Kredite vergeben und muss nicht den Ausgang von langwierigen Haushaltsverhandlungen abwarten.“
Nach derzeitigem Stand sei anzunehmen, dass aufgrund der großen Tragweise des EU-Vorhabens im Deutschen Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Pläne notwendig wird, meint Lindner. Aber erst wenn diese Pläne konkret auf dem Tisch liegen, lasse sich genaueres sagen, so der FDP-Chef.
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