Diversity: 7 praktische Tipps für mehr Vielfalt in der Parteiarbeit

Maren Jasper-Winter vor Ort
Diversity bedeutet „Vielfalt“ − ein Wert, der uns Freie Demokraten wichtig ist und den wir in unserem politischen Handeln beherzigen. Es steckt bei genauerem Hinsehen jedoch mehr dahinter: Diversity meint den bewussten Umgang mit Vielfalt in der Gesellschaft. Ein Erfahrungsbericht von Dr. Maren Jasper-Winter.

Es geht also darum, die vielfältigen Lebenswege, Sichtweisen und Hintergründe von Menschen zu erkennen und sie als Potenzial zu begreifen und zu nutzen. Dieses Bewusstsein setzt einen Perspektivwechsel voraus: Ich muss mich in einen Menschen mit einem anderen Hintergrund hineinversetzen und mich fragen, wie diejenige oder derjenige die Dinge sehen würde.

Wenn wir uns fragen, wie wir mehr Frauen für unsere Parteiarbeit gewinnen können, erfordert dies von uns den Perspektivwechsel. Fragen wir uns vor Ort im Orts-, Kreis- oder Bezirksverband regelmäßig: Wie wirkt unsere Arbeit auf Frauen? Würde ich eine Veranstaltung dieser Art meiner Frau, Schwester, Tochter, Mutter oder Kollegin empfehlen?

Hier ein paar praktische Tipps, die ich vor Ort erprobt habe:

  1. Perspektivwechsel geht nicht ohne Gespräch. Auch wenn ich selbst eine Frau bin und man meinen könnte, dass ich es allein deshalb wissen müsste, wie die Partei weiblicher wird, verkennt, dass wir alle im Laufe der Zeit Routinen in unserer Ehrenamtsarbeit entwickelt haben. Um mich regelmäßig zu überprüfen, habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, möglichst viele Frauen im Verband zu fragen, ob sie sich vorstellen, können sich zu engagieren. Und woran es gerade hapert. Bei diesen Gesprächen kommen meiner Erfahrung nach immer nützliche Hinweise und Ideen heraus.  
     
  2. Parteiarbeit läuft in der Regel über Treffen und Veranstaltungen vor Ort — wenngleich uns die Corona-Krise zeigt, dass vieles auch online geht. Bei Veranstaltungen stellt sich die Frage: Ist der Ort, die Uhrzeit, die Auswahl von Rednerinnen und Rednern gleichermaßen attraktiv für Frauen und Männer? Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, nicht nur den Abendtermin unter der Woche zu wählen, der für Frauen und Männer mit kleinen Kindern und erst recht für Alleinerziehende oft schlicht nicht machbar ist, sondern auch einmal am Wochenende zu
    tagen oder mittags einen Lunchtalk anzubieten.
     
  3. Der Perspektivwechsel lohnt sich auch bei der Wahl der Themen für Veranstaltungen. Ich glaube nicht, dass es reine Frauenthemen gibt. Es gibt aber gesamtgesellschaftliche Themen, auf die Frauen einen anderen oder zumindest intensiveren Blick haben. Zum Beispiel, wenn es um die Folgen der Corona-Pandemie im Hinblick auf Frauenerwerbstätigkeit geht. Es kann auch jenseits klassischer Veranstaltungen interessante Formate geben, die attraktiv gerade für weibliche Mitglieder sein können. So nahm ich vor zwei Jahren beim „Women‘s March” in Berlin teil mit einer Gruppe von Mitgliedern und den Jungen Liberalen. Diese Aktion fand gerade bei den weiblichen Mitgliedern große Resonanz.   
     
  4. Für verschiedene Veranstaltungen, vor allem im Rahmen meiner Abgeordnetentätigkeit, habe ich eine professionelle Kinderbetreuung angeboten. Selbst wenn diese nur von ein oder zwei Kindern genutzt wird, ist sie ein Zeichen und eine Einladung an Familien, sich zu engagieren.
     
  5. Lassen Sie uns alle gemeinsam auch nach der Pandemie daran festhalten, auch eine Beteiligung online zu ermöglichen. Das bedeutet nicht, dass wir uns nicht vor Ort treffen sollten. Wir wissen, dass Demokratie und Partei von dem direkten Austausch lebt. Aber über eine hybride Tagung oder eine reine Online-Veranstaltung können wir auch denjenigen eine Partizipation ermöglichen, denen es ansonsten nicht möglich wäre, vor Ort zu sein. Und für neue Mitglieder besteht die Möglichkeit, sich niedrigschwellig einmal “reinzuschalten” und sei es nur für einen kurzen Zeitraum. Ich habe festgestellt, dass die Partizipation von Frauen, aber auch Männern, in den letzten Monaten durch Online-Formate gestiegen ist. 
     
  6. Wenn wir möchten, dass mehr Frauen in unserer Partei aufsteigen, müssen wir letztlich gutes Personalmanagement betreiben. Das Mentoringprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist hier sehr wertvoll. Auf Orts-, Kreis- und Bezirksebene sollten wir uns stärker bemühen, die Frauen aus dem Mentoringprogramm und möglichst viele weitere vor Ort zu integrieren. Dies kann durch Tandems erfolgen: Ein erfahrenes Mitglied ist Ansprechpartner oder „Coach” für ein neues Mitglied.
     
  7. Wir sollten Frauen auf Parteitagen sichtbarer machen. Politik und Aufstieg in einer Partei hängen im Wesentlichen davon ab, sichtbar zu sein mit einer Position. Insofern ist es wichtig, eine gute Atmosphäre für eine stärkere Beteiligung von Frauen in Rednerrunden auf unseren Parteitagen zu sichern. Die Jungen Liberalen Berlin haben gute Erfahrungen gesammelt mit Delegiertenbesprechungen vor Versammlungen. Wie auch immer wir es organisieren: Lassen Sie uns gemeinsam Parteifreundinnen empowern, das Wort auf Versammlungen zu ergreifen.

 

Dr. Maren Jasper-Winter ist seit 2008 Bezirksvorsitzende der FDP Berlin-Mitte. Seit 2016 ist sie Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und in der FDP-Fraktion Sprecherin für Frauenpolitik und für Aus- und Weiterbildung.