Die Zukunft ist weiblich

Full House bei den Freien Demokraten im Hans-Dietrich-Genscher-Haus: Das erste „Female Future Forum“ bot liberalen Frauen die Gelegenheit, sich über die Vielfalt ihrer Erfahrungen, Perspektiven und Ideen auszutauschen.

Podiumsdiskussion beim Female Future Forum
Bei der Podiumsdiskussion "Bildung, Chancen, Aufstieg" diskutierten die Teilnehmerinnen darüber, wie der soziale Aufstieg durch Bildung geschlechterunabhängig gefördert werden kann.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verspricht, dass sich die Freien Demokraten auch in Zeiten der Regierungsbeteiligung kontinuierlich weiterentwickeln werden. Dazu gehört auch die Förderung der Frauenbewegung innerhalb der Partei. Das „Female Future Forum“ ist hierfür ein wichtiger Baustein: Gemeinsam mit FDP-Bundesvorstandsmitglied Maren Jasper-Winter, auf deren Wunschliste dieses Format stand, konnte der FDP-Generalsekretär am Freitag knapp 200 Frauen im Hans-Dietrich-Genscher-Haus begrüßen.

Herzstück der Konferenz waren die mit hochkarätigen Referentinnen besetzte Themenforen, voran ging eine einleitende Podiumsdiskussion unter dem Motto „Bildung, Chancen, Aufstieg“. Es gab Grußworte von Bettina Stark-Watzinger und Christian Lindner sowie ein Expertinnen-Gespräch „Frauen. Freiheit. Menschenrechte.“ mit der Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal. Ihr Anliegen zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung: Die Proteste im Iran. Für Djir-Sarai ist das Signal aus dem Land deutlich: „Freiheit ist weiblich. Das ist die Botschaft, die dort gesendet wird. Und ich finde, es ist nicht verkehrt, wenn wir uns davon auch ein Stück inspirieren lassen.“

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Für feministische liberale Wirtschaftspolitik

Das Format „Female Future Forum“ wurde von der damaligen JuLi-Bundesvorsitzenden Ria Schröder aus der Taufe gehoben und von Maren Jasper-Winter auf die Bundesebene transferiert. Sie ist sich sicher, dass die Freien Demokraten mit dieser Veranstaltung „am Puls der Zeit“ sind. Jasper-Winter verwies auf das hochkarätige Programm mit den Panels zur Bildungspolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, Finanzen, Gründerinnen, Rechtsstaat und Gesundheit. Das alles seien Themen, „die es wert sind, dass man sich auch mal aus der feministischen Sicht betrachtet“, so Jasper-Winter in ihrer Eröffnungsrede. Für sie gehört liberaler Feminismus ganz selbstverständlich zu den Freien Demokraten: „Wir wollen Vielfalt, wir wollen Selbstbestimmung“.  

Sie warb in dem Zusammenhang für eine „feministische liberale Wirtschaftspolitik“, zu der sie drei zentrale Ansätze formulierte. Zum einen ginge es um alleinerziehende Frauen, von denen sich 90 Prozent Sorgen machen müssten, „wie sie überhaupt die Rechnungen am Monatsende noch bezahlen können“. Auch sei es in Zeiten der Rezession von besonderer Bedeutung, darüber nachzudenken, „wie wir Hürden abbauen können, damit Frauen als Fachkräfte stärker am Arbeitsmarkt partizipieren können“. Zu liberaler Wirtschaftspolitik gehöre außerdem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für Jasper-Winter ist eines klar: „Wir brauchen eine bessere Politik, eine liberalere Politik im Land. Und wir brauchen in der FDP mehr Frauen. Das ist ein toller Auftakt zu einer guten Zukunft.“

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Mehr Frauen in Führungspositionen

Diesen Faden griff Djir-Sarai auf: „Die Partei muss die Antworten geben auf zentrale Fragen der Zeit. Gleichzeitig muss die Partei in der Lage sein darzustellen, wie eine moderne, liberale Partei der Zukunft aussehen könnte. Und diese Frage wollen wir beantworten.“ Eine wesentliche Komponente ist aus seiner Sicht „das Thema Diversität und vor allem das Thema ‚mehr Frauen in Führungspositionen‘ “. Eine liberale Familie sei niemals komplett, wenn es nicht genügend Frauen in Führungspositionen der Partei gebe, so Djir-Sarai. Und er wolle diese Veränderung auch herbeiführen.

„Ob auf Bundesebene, auf Landesebene oder auf kommunaler Ebene. Ich bin nicht Generalsekretär der FDP geworden, damit die FDP eine Partei bei fünf Prozent bleibt.“ Er sei angetreten, um den Kuchen größer zu machen. Die Partei habe deutlich mehr Potenzial. Aber: „wir werden es nur schaffen, wenn wir mehr Frauen in Führungspositionen der FDP haben. Wenn wir diese Aufgabe nicht ernst nehmen, werden wir als Gesamtpartei nicht erfolgreich sein.“

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Frauen in Verantwortung

Ganz besonders am Herzen aber liegt Djir-Sarai die Frauenbewegung im Iran: Für ihn ist das „ein revolutionärer Prozess“. In den letzten Jahren seien dort alle Oppositionsbewegungen zerschlagen worden. „Aber eine Bewegung konnten die Mullahs nicht zerschlagen. Und das ist die Frauenbewegung.“ Die würden nicht nur eine Reform der Islamischen Republik Iran fordern, „sondern sie wollen die Abschaffung der Islamischen Republik Iran“. Das seien nicht nur politische Forderungen, sondern weitreichende gesellschaftspolitische Veränderungen. Djir-Sarai ist sicher: „Dort, wo Frauen Verantwortung übernehmen, sind die Veränderungen deutlich größer als in bestehenden Strukturen. Man kann sich über den Begriff feministische Außenpolitik unterhalten. Aber ich persönlich sage: Ich bin ein Anhänger der feministischen Außenpolitik, weil wir ja gerade diese Veränderungen wollen.“

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Frauen verteidigen unsere Werte

Auch Bettina Stark-Watzinger hielt ein starkes Plädoyer auf mutige Frauen. Sie rief: „Die Zukunft ist weiblich.“ Das sehe man im Augenblick auf der Weltbühne noch einmal ganz besonders. „Gerade mit dem Blick auf den Iran. Wir sehen die mutigen Frauen, die auf Autos steigen, die sich Kopftücher abreißen, ihre Haare abschneiden, die Frauen, die sich gegen ein brutales Mullah-Regime auflehnen und sich dagegenstellen und die Freiheit und ihre Chance auf Selbstbestimmung verteidigen.

Es sei jetzt die Aufgabe von der EU hier mit der Bundesregierung Sanktionen zu verhängen. „Es ist die Aufgabe jedes politisch Handelnden, die Regierung im Iran ins Mark zu treffen. Aber wir alle können etwas dafür tun. Machen wir diese Frauen immer wieder sichtbar, die man unsichtbar machen möchte. Geben wir diesen Frauen denen man ihre Stimme nehmen will, ihre Stimme zurück.“ Eines sei klar: „Wir Freien Demokraten, wir stehen an der Seite der Frauen im Iran. Jetzt und morgen.“ Das Gleiche gelte für die Ukraine: „40.000 Frauen in Uniform verteidigen die Ukraine, 8000 davon im Offiziersrang. Sie verteidigen Freiheit, ihre Heimat. Sie verteidigen unsere Werte. Und deswegen ist es auch hier richtig, dass wir weiterhin alles tun, um die Ukraine zu stärken. Dass wir weiterhin solidarisch an der Seite der Ukraine stehen mit Waffen, damit die Ukraine stark ist und am Ende eines siegt: die Freiheit muss siegen. Ja, die Zukunft ist weiblich.“

Mit Blick auf Deutschland mahnte sie: „Wir müssen nicht die Frauen ändern, sondern die Gesellschaft muss sich ändern.“ Da würden auch keine Quoten und keine Gesetze helfen, „sondern wir selber müssen anfangen“. Ihr Appell: „Gehen wir raus aus den klassischen Rollenbildern, stehen wir auf für unsere Ziele, unsere Wünsche, damit auch die Männer das für uns tun. Wir sind stark genug und deswegen: wir Frauen werden die Zukunft weiblich machen in unserem Land.“

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Liberale Außenpolitik ist feministische Außenpolitik

Auch FDP-Chef Christian Lindner würdigte die „tapferen Frauen im Iran, die ihr Recht auf Selbstbestimmung verwirklichen wollen. Die Frauen und Mädchen in Afghanistan, die zivilisatorischen Fortschritt eingebüßt haben, sich damit aber nicht abfinden wollen. Wir haben die Frauen aus der Ukraine, die hier nach Deutschland geflohen sind.“ Er konstatierte, dass die Bedrohung von Freiheit und Menschenrechten weltweit nicht zwischen den Geschlechtern gleich verteilt sei. Die Bedrohung der Freiheit und die Bedrohung der Menschenrechte von Frauen sei viel ausgeprägter als bei Männern. Sein Fazit: „Wenn wir also sagen, wir machen liberale Außenpolitik für Frieden, Freiheit, Menschenrechte weltweit, dann können wir sagen In diesem Sinne ist liberale Außenpolitik immer zugleich feministische Außenpolitik.“

In der Innenpolitik stellte er ebenfalls Defizite fest. Nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie habe er beobachtet, dass Deutschland bei der Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Vergleichbarkeit der Lebenssituationen zurückgefallen sei. Es müsse jetzt mit besonderer Dringlichkeit darum gehen, die Frage der Gleichberechtigung und echter Chancengerechtigkeit neu zu stellen. Lindner sieht mehrere Handlungsfelder: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, unter anderem auch durch finanzielle Entlastung.“ Er wolle aber nicht nur bei den gesetzlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen stehen bleiben. Entscheidend sei auch, „dass wir an den männlichen Rollenbildern arbeiten“. Die Aufgabe müsse auch darin auch bestehen, junge Männer und Väter zu ermuntern, in der Familie Verantwortung zu übernehmen. 

Ähnlich wie Djir-Sarai ermunterte er die Frauen in seiner Partei, die Stimme zu erheben: Frauen in der FDP sollten sich nicht nur Führungspositionen zutrauen, sondern sie auch für sich reklamieren. “ Eine Voraussetzung dafür, mehr weibliche Führungskräfte zu haben, ist, dass mehr Frauen wollen und sagen: Ich kandidiere. Ich kandidiere im Wettbewerb zu einem Mann, weil ich die bessere Kandidatin mit den besseren Argumenten bin.“ Die FDP sei die attraktivste Partei für Frauen. Sie verbinde einerseits den Wunsch nach einer emanzipatorischen Gesellschaftspolitik und andererseits einer am Gedanken der Freiheit und des Wettbewerbs orientierten Wirtschaftspolitik.

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