Die Chancen der Bio-Technologie besser nutzen
Der Durchbruch beim Corona-Impfstoff hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Gentechnik-Forschung ist. Viele Möglichkeiten bleiben hierzulande aber ungenutzt, findet FDP-Chef Christian Lindner.
Auch in Europa wurde begonnen, den Corona-Impfstoff des Mainzer Biotechnologie-Unternehmens BioNTech zu impfen. Es ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff, der genetische Informationen des Coronavirus enthält. Dieser Durchbruch und die schnelle Herstellung des Corona-Impfstoffs hätten „wieder gezeigt, wie wichtig die Gentechnik-Forschung ist“, meint FDP-Chef Christian Lindner. Er ist sicher: „Forschung und Innovation können Leben retten. Denn ohne Vakzine werden wir Corona nicht zurückdrängen können.“ Auch andere Menschheitsprobleme, wie Klimawandel oder Hungersnöte könnten nur mit Forschung, Innovationen und Aufgeschlossenheit modernster Technik gegenüber gelöst werden. Derzeit blieben aber noch viele Möglichkeiten ungenutzt, da Deutschland mit nicht mehr zeitgemäßen Regeln arbeite, kritisiert der FDP-Chef. Er fordert eine Debatte über Zukunftstechnologien und Forschungsfreiheit.
Verbesserungsbedarf sieht Lindner beispielsweise bei der Gentechnologie. Dieser werde in Deutschland noch allzu oft mit Ängsten begegnet. Die Ablehnung gehe mitunter sogar so weit, dass Feldversuche in blindem Vandalismus zerstört würden. „Ich wünsche mir daher eine breite Kampagne, die über die Chancen und Risiken der Gentechnologie und insbesondere neuer Züchtungsmethoden aufklärt. Unser aller Fokus muss deutlich mehr auf Chancen und verantwortbare Restrisiken gerichtet sein“, verdeutlicht der FDP-Chef die Position der Liberalen in seinem Gastbeitrag im „Handelsblatt“.
Die Freien Demokraten stünden für einen offenen und transparenten Umgang mit den neuen Züchtungstechniken beispielsweise des Genome Editing, welches das Portfolio der biotechnologischen Methoden ergänzt. Es erlaube präzise, zeit- und kostensparende Änderungen im Erbgut einer Nutzpflanze, die von natürlichen Mutationen nicht zu unterscheiden seien. „Angesichts von Klimawandel und globalem Bevölkerungsanstieg wollen wir eine verantwortungsvolle Erforschung dieser Techniken nicht ideologisch verbauen“, heißt es im FDP-Programm.
Außerdem müssten die Rahmenbedingungen, unter denen Forschung stattfindet, entstaubt werden. Biotechnologie beruhe heute in vielen Fällen auf modernen gentechnologischen Verfahren. „In Deutschland aber bremsen veraltete Regeln neue Anwendungsfelder der Gentechnologie“, so die Kritik von Christian Lindner. Daher überrasche es auch nicht, wenn Biotech-Unternehmen sich dann gegen den Standort Deutschland entscheiden würden. So verlegte zum Beispiel BASF während der rot-grünen Regierungszeit in Rheinland-Pfalz bewusst die Zentrale der BASF-Pflanzengentechnik in den US-Bundesstaat North Carolina, weil dort mehr Forschungsfreiheit möglich war.
Fonds für Gentechnik-Forschung schaffen
Der FDP-Chef macht darauf aufmerksam, dass wir, „gerade weil gentechnische Forschung bei uns hohen Sicherheitsstandards unterliegt“, ein hohes Interesse daran haben sollten, sie nicht in andere Länder abwandern zu lassen, „die hier im Zweifel Abstriche machen“. Die Freien Demokraten fordern einen Fonds „Innovation durch Gentechnologie“, der alle Bemühungen bündelt und effektiv mindestens die Bereiche der roten, grünen und weißen Gentechnologie fördert. „Ein solcher Fonds wäre auch ein Zeichen der Wertschätzung für innovative Unternehmen“, erklärt Lindner den Vorschlag der Liberalen.
EU-Gentechnikrecht technologieoffen überarbeiten
Ein weiteres Beispiel dafür, dass es an technologieoffenen Rahmenbedingungen mangelt, sei die CRISPR/Cas9-Genschere, deren Entdeckerinnen im Oktober mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Mit diesem Verfahren könnten Veränderungen an einer festgelegten Stelle der DNA schnell, sicher und präzise herbeigeführt werden. So können Allergene reduziert und die Resistenz gegen Wetterextreme sowie Schädlinge gesteigert werden. „Ein solches Verfahren kann ein wichtiger Baustein bei der Sicherung der Welternährung sein. Denn Extremwetterlagen, Pflanzenkrankheiten und Schädlinge sind reale Bedrohungen für die Ernte“, macht Lindner die Vorteile dieser innovativen Methode deutlich.
Er fordert, dass gentechnisch veränderte Pflanzenzüchtungen auch bei uns in Deutschland ein Teil der Lösung seien sollten. Allerdings habe der Europäische Gerichtshof 2018 geurteilt, dass auch neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas9 als Gentechnik im Sinne der sogenannten Freisetzungsrichtlinie definiert werden müssen. Sie fallen deshalb unter die geltende europäische Gentechnikgesetzgebung. Lindners Kritik daran ist eindeutig: „Den wirklichen Risiken und Chancen dieser neuer Züchtungsmethoden wird diese Gesetzgebung aber nicht gerecht. Sie ist veraltet.“ Wir als Freie Demokraten fordern die Bundesregierung deshalb auf, sich auf europäischer Ebene endlich für eine technologieoffene Überarbeitung des EU-Gentechnikrechts einzusetzen.
Denken wir groß
„Mit einem Übermaß an ideologisch begründeter Skepsis gegenüber neuen Technologien würden wir viele Chancen vergeben“, ist sich der FDP-Chef sicher und erklärt mit Blick auf den BioNTech-Impfstoff, dass unsere freiheitliche demokratische Gesellschaft und unsere marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung den Weg für weitere Erfolgsgeschichten auch in Zukunft ebnen könnten. Lindner ist optimistisch, dass — wenn wir konsequent auf Forschungsfreiheit und Unternehmertum setzen — , neue Technologien die Gesellschaft dynamisch entwickeln und prägen.
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