Der Preis der Freiheit
Der Angriff des russischen Präsidenten Putin auf die Ukraine hat gezeigt: Frieden in Europa ist nicht mehr selbstverständlich.
Die Aggression des russischen Präsidenten Putin gegenüber der Ukraine und dem Westen schweißt die demokratischen Kräfte zusammen: Im Anschluss an die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur aktuellen Lage stimmten die Abgeordneten in einer historischen Sondersitzung einem Entschließungsantrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU/CSU zu, in dem die Fraktionen den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilten.
Darin erklären die Abgeordneten:
- Die Bundesrepublik Deutschland steht fest und unverbrüchlich an der Seite unserer ukrainischen Freundinnen und Freunde. Wir teilen die Werte der Demokratie, Freiheit und des Friedens. Diese Werte und die Menschen die dafür einstehen, werden wir niemals aufgeben.
- Die Entscheidung der Bundesregierung und ihrer Verbündeten, EU-gelistete russische Banken vom internationalen Zahlungssystem SWIFT auszuschließen und die Ukraine im Rahmen ihres Selbstverteidigungsrechts zu unterstützen, ist vor dem Hintergrund der historischen Zäsur folgerichtig.
„Putins völkerrechtswidriger Angriff auf die Ukraine ist nicht nur ein Überfall auf einen souveränen Staat. Es ist ein Angriff auf demokratische Werte. Damit ist es ein Angriff auf uns alle“, machte FDP-Chef Christian Lindner in seiner Rede unmissverständlich klar.
Russland wirtschaftlich, finanziell und politisch isolieren
Er hat ein festes Ziel im Blick: „Wir ziehen diejenigen mit den Mitteln des Rechts zur Rechenschaft, die Verantwortung dafür tragen, dass das Völkerrecht gebrochen wurde. Wir werden Russland isolieren, wirtschaftlich, finanziell und politisch.“ Der russische Angriff muss nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen auch weitreichende Folgen für die deutsche Sicherheitspolitik haben: „Bei dieser Weltlage müssen wir auch in unsere Freiheit investieren.“
Lindner will eine der schlagkräftigsten Armeen in Europa
Zur geplanten Milliarden-Unterstützung für die Bundeswehr erklärte Lindner: „Der Krieg in der Ukraine weckt uns alle aus einem selbstgerechten Traum.“ Die Bundeswehr sei jahrelang vernachlässigt worden, damit müsse es jetzt vorbei sein. Der laufende Betrieb der Bundeswehr müsse aus den normalen Haushalten unter Achtung der Schuldenbremse finanziert werden. Die jahrelange Vernachlässigung aber könne man so nicht korrigieren. Deshalb solle ein Sondervermögen geschaffen werden. Die dafür notwendigen Kredite seien in der aktuellen Weltlage eine Investition in die Freiheit, so Lindners Begründung.
Das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro solle über das Grundgesetz abgesichert werden, denn das Geld sei ausschließlich „für die Stärkung unserer Bündnisfähigkeit“ gedacht. Lindner warb hierfür um Unterstützung bei der Union, denn der Koalition aus SPD, Grünen und FDP fehlt die nötige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes. „Wir werden nicht danach fragen, wer die Verantwortung für den Zustand der Bundeswehr hat“, versprach Lindner. Er erwarte aber, dass die Union das Vorhaben unterstütze. Zusätzlich stellte Lindner klar, dass die 100 Milliarden Euro Teil des angekündigten Ziels seien, künftig mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für unsere Verteidigungsfähigkeit auszugeben.
„Unser Ziel, auch mein Ziel, ist, dass wir im Laufe dieses Jahrzehnts eine der handlungsfähigsten, schlagkräftigsten Armeen in Europa bekommen. Eine der am besten ausgerüsteten Armeen in Europa, weil das der Bedeutung Deutschlands, unserer Verantwortung in Europa entspricht“, bekräftigte der FDP-Chef am Montag im ARD-Morgenmagazin.
Lindner betonte zudem, dass es trotz zusätzlicher Ausgaben und wirtschaftlicher Risiken bei den beiden haushaltspolitischen Zielen bleibe: „Ab dem nächsten Jahr wird die Schuldenbremse eingehalten.“ Und: „Wir werden auch keine Steuererhöhungen vornehmen.“ Umso mehr müsse man mit jedem Euro sorgfältig umgehen und genau überlegen, was leistbar sei, betonte Lindner. „Wir werden in den nächsten Jahren alle öffentlichen Ausgaben priorisieren müssen.“
Sanktionen sind auf Dauer
Lindner rief angesichts der massiven Sanktionen gegen Russland mit Blick auf Deutschland zum Durchhalten auf: „Diese Sanktionen sind auf Dauer“, sagte der FDP-Chef in der Sondersitzung des Bundestags. „Wir brauchen einen langen Atem, wir haben diesen langen Atem.“ Deutschland sei bereit, die negativen Auswirkungen der Sanktionen auch hierzulande zu tragen – „denn sie sind der Preis der Freiheit“.
Die Finanzsanktionen seien so gewählt, dass sie Putin keinen Vorwand gäben, notwendige Rohstofflieferungen auszusetzen. Zugleich erreichten sie aber, dass es mit Russland kein „business as usual“ gebe.
Lindner erklärte, dass es beim Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationssystem Swift einzelne Ausnahmen gäbe, um die Bezahlung russischer Rohstofflieferungen weiter abwickeln zu können und Moskau keinen Grund für eine Einstellung etwa der Gaslieferungen zu geben. „Wir müssen uns ja auf eine sehr lange Phase einstellen, wir brauchen also Durchhaltefähigkeit. Wichtig für unsere Durchhaltefähigkeit ist, dass wir unsere strategische Position gegenüber Putin nicht selbst schwächen“, erklärte der Bundesfinanzminister. Deutschland habe große finanzielle Reserven und werden sich energiepolitisch unabhängig aufstellen.
Das Thema Energiesicherheit bekomme in Deutschland eine neue Priorität. Dabei dürfe man nicht auf Antworten aus der Vergangenheit setzen: „Unsere Planungen der nächsten Jahre werden wir an die veränderte Lage anpassen müssen“, sagte er. „Dabei werden wir nicht auf die Antworten der Vergangenheit setzen, sondern im Gegenteil, den Weg in die Zukunft entschlossener fortsetzen. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien“, betonte Lindner.
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