Bildung ist eine Frage der Gerechtigkeit

20,8 Milliarden Euro sollen Bildungsministerin Karliczek 2021 zur Verfügung stehen. Trotz des steigenden Etatvolumens drückten die Freien Demokraten in der Debatte ihren Unmut aus. Bettina Stark-Watzinger prangerte die fehlende Bildungsungerechtigkeit an.

Bettina Stark-Watzinger
Bettina Stark-Watzinger will zügig ein klares Konzept, wie die App weiterentwickelt werden kann.
20,8 Milliarden Euro sollen Bundesbildungs- und -forschungsministerin Anja Karliczek 2021 zur Verfügung stehen. Trotz des steigenden Etatvolumens drückten die Freien Demokraten in der Debatte ihren Unmut mit der Politik von Karliczek aus. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion und FDP-Präsidiumsmitglied, Bettina Stark-Watzinger, prangerte die fehlende Bildungsungerechtigkeit an. Sie bemängelte, dass trotz der veranschlagten großen Zahl von 20,8 Milliarden Euro der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung am Gesamthaushalt lediglich vier Prozent ausmache, während 52 Prozent in den Sozialetat gehen. Stark-Watzinger zitierte John F. Kennedy: „Es gibt nur eines, was teurer ist als Bildung und Innovation: nämlich keine Bildung und Innovation.“ Bildung sei nicht nur eine Frage des wachsenden Wohlstands in einer Gesellschaft, sondern eine Frage der Gerechtigkeit: „Hier sieht es in einem reichen Land aber sehr arm aus.“

Sie verwies auf die jüngste TIMSS-Studie, nach der ein Viertel der Viertklässler, also ein signifikanter Teil, nur rudimentäre Kenntnisse in Mathematik hat. „Ja, Bildung in der Schule ist eigentlich Ländersache, aber wir haben eine Grundgesetzänderung vorgenommen und haben uns dazu entschieden, an bestimmten Stellen auch als Bund aktiv zu werden“, erinnerte sie an den Digitalpakt, auf den sich Bundesregierung, Bundesrat und Parlament 2019 geeinigt haben. Wenn durch mehr Bildungsleistung die Pisa-Punkte um 25 erhöht werden könnten, könnte das Bruttoinlandsprodukt um 15 Billionen Euro steigen, „also auf das Fünffache des tatsächlichen Bruttoinlandsprodukts. Ich denke, das ist ein Anstieg, den auch der Wirtschaftsminister im Augenblick gerne sehen würde.“

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Die Abgeordnete blickte auch auf die Bildungsgerechtigkeit und soziale Mobilität und rechnete vor, dass nur 21 von hundert Kindern aus Nichtakademikerhaushalten an die Universität gingen und nur acht von ihnen einen Master-Studiengang abschließen würden. Sie kritisierte, dass in Deutschland Kinder aus einkommensschwachen Milieus drei bis vier Generationen brauchten, bis sie ein Durchschnittseinkommen erzielen. Stark-Watzinger sagte: „Es gibt in diesem Haus von der Union bis zu den Linken einen parteiübergreifenden Konsens, dass hier etwas gemacht werden muss. Aber es passiert nichts.“ Aufstiegschancen würden nicht durch staatliche Umverteilung im Sozialministerium geschaffen. „Sie werden dort geschaffen, wo der Mensch das Handwerkszeug an die Hand bekommt, um aus eigener Leistung zu wachsen, nämlich durch Bildung, meine Damen und Herren. Dafür zu sorgen, ist auch Ihre Aufgabe, Frau Ministerin“, wandte sie sich an Karliczek.

Die skandinavischen Länder würden es vormachen: Dort sei Bildung ein viel integralerer Bestandteil von Sozialpolitik. „Bildungspolitik wird dort für den Statuserwerb und nicht nur für den Statuserhalt gemacht. Das muss unser Vorbild sein.“ In Deutschland aber würde ein Drittel der Abiturienten, die nicht studieren, fehlende finanzielle Voraussetzungen als Grund dafür angeben, dass sie nicht studieren. „Das ist für uns Freie Demokraten ein unerträglicher Zustand.“ Ihre Fraktion habe daher das elternunabhängige BAföG vorgelegt, damit Studierende,  egal aus welcher Situation sie kommen,  in die Lage versetzt werden, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. „Das ist unser Vorschlag, um die soziale Mobilität in unserem Land zu erhöhen.“ Die GroKo verwalte jedoch lediglich den Status quo und akzeptiere diese Ungerechtigkeit stillschweigend.

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Dabei habe die Corona-Pandemie gezeigt: „Nie war digitale Bildung so wichtig wie heute.“ Doch auf die geplante Anschaffung von Dienstlaptops für alle Lehrer warte man fast ein Jahr nach Beginn der Coronakrise noch immer. „Wann kommen die Laptops, liebe Frau Ministerin? Ich bitte Sie: Geben Sie uns jetzt mal einen Zeitplan.“ Sie räumte ein, dass die Kooperation zwischen Bund und Land nicht trivial sei. „Aber wir haben in unserem Land schon ganz andere Probleme gelöst.“ Die Union stelle in vielen Ländern die Landesregierungen, so Stark-Watzinger.

Sie mahnte: „Packen Sie es an! Der Digitalpakt muss in dieser Legislaturperiode noch richtig zum Laufen kommen. Wir haben kein finanzielles Problem; wir haben ein Umsetzungsproblem – der Bundesrechnungshof hat dazu viele Berichte auf den Tisch gelegt: Bei Forschung und Innovation fließen die Mittel nicht ab.“ Für die Freien Demokraten gelte: „Wie sozial ein Staat ist, zeigt sich nicht im Sozialetat, sondern in den Chancen, die er bietet. Und es gilt: Ein Land, das in Innovation, in Forschung investiert, investiert in die eigene Zukunft. Wir haben unsere Konzepte vorgelegt.“