Aus dem 'Wumms' wird ein Strohfeuer
Durch eine begrenzte Mehrwertsteuersenkung will die Bundesregierung die Wirtschaft in der Coronakrise ankurbeln. Die Freien Demokraten halten sie für weitgehend wirkungslos.
Besser hätte man für kleine und mittlere Einkommen die Lohn- und Einkommensteuer auf Dauer reduziert. Das hätte auch Kaufzuversicht gestärkt, statt mit riesigem Bürokratismus die Mehrwertsteuer vorübergehend zu senken“, ist Lindner überzeugt. Er schlägt außerdem vor: „Die Verluste dieses Jahres sollten die Betriebe zudem bei der Steuer mit den Gewinnen vergangener Jahre und des nächsten Jahres verrechnen können“. Das würde auch Zahlungsunfähigkeit verhindern.
Damit Menschen Vertrauen fassen, zu konsumieren und zu investieren sei die Abflachung des Mittelstandsbauches bei der Einkommensteuer nötig, sagt Teuteberg. Sie fordert zudem die Abschaffung des Solidaritätszuschlages rückwirkend zum 1. 1. dieses Jahres, die Absenkung der Stromsteuer auf europäisches Mindestniveau und auch bessere Abschreibungsbedingungen für die Unternehmen. Denn: „Es reicht nicht aus, hier solche kleinen Signale zu senden, die noch dazu neue Bürokratie schaffen.“
Die Regierung setze hier auf das Prinzip Hoffnung, sagt auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann. „Die 20 Milliarden Euro hätte man besser in eine dauerhafte Entlastung der Menschen und Unternehmen gesteckt, etwa durch die vollständige Abschaffung des Soli oder des sogenannten Mittelstandsbauchs.“ Stattdessen werde ein Strohfeuer entzündet, das zum Jahreswechsel wie eine Steuererhöhung wirke, sagte Buschmann.
„Der Konsum und die Begeisterung der Menschen werden sich stark in Grenzen halten. Auch die Händler profitieren nur bedingt, weil sie kurzfristig alle Preise neu auszeichnen und ihre Kassen umstellen müssen.“ Die Senkung der Mehrwertsteuer sei also vor allem ein teurer Bürokratieimpuls und werde nicht für den nötigen Neustart in Deutschland sorgen.
Sie bedeute für den Einzelhandel einen „absurden bürokratischen Aufwand“, zugleich spare ein durchschnittlicher Haushalt im Monat gerade einmal 30 Euro, ergänzte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Das sei besser als nichts — aber bei weitem nicht der Konjunktureffekt, den die Bürokratie und auch die Neuverschuldung des Bundes rechtfertige. „Deswegen ist es mehr als fraglich, ob es funktioniert.“ Zudem hätte die Bundesregierung auf Anfrage des Normenkontrollrats erklärt, dass die Anpassung der Unternehmen an die neue Mehrwertsteuer nur fünf Minuten dauere. Das sei nicht realistisch, so Dürr.
FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke kritisiert: „Das ist so ein bisschen toller Wumms, aber ankommen tut halt sehr wenig, weil es nicht effektiv ist.“ Die große Frage sei, ob Verbraucher dadurch wirklich ihre Umsätze vorziehen würden, wenn die Senkung ab dem ersten Juli für sechs Monate in Kraft tritt, so Fricke in der Sendung „Frühstart“ von RTL und n-tv. Man sehe zwar in Geschäften bereits niedrigere Preise, jedoch zweifele er daran, ob das bei den Menschen wirklich für „Zuversicht und Mut“ sorge. „Das sehe ich bei dieser Mehrwertsteuer nicht. Es hört sich erstmal toll an, aber darum geht es nicht bei Marktwirtschaft. Da geht es darum, dass man Sicherheit fühlt, dass man Vertrauen hat, dass es vorangeht und das ist mir einfach zu wenig.“