Wir müssen aus irregulärer zu regulärer Migration kommen
NRW-Integrationsminister Joachim Stamp besucht zusammen mit Ministerpräsident Armin Laschet Flüchtlingslager in Griechenland, um sich ein Bild von der Situation in den Lagern zu machen.
Besonders in Corona-Zeiten dürfe man die notleidenden Menschen in den Flüchtlingslagern nicht vergessen. Denn Athen hat seit Jahresbeginn mehr als 14 000 Migranten von der Insel Lesbos aufs Festland gebracht, da die Flüchtlingslager in Moria restlos überfüllt sind. Zurzeit harren rund 14 000 Migranten in Moria aus. Eigentlich ist das Camp Moria aber nur für knapp 2760 Menschen ausgelegt. Griechenland brauche die Solidarität Europas und dürfe mit der Situation nicht alleine gelassen werden. Deutschland könne jedoch nicht allein die Last tragen: „Aber wir können mit humanitärem Beispiel vorangehen. Das ist umso wichtiger, da Deutschland jetzt die EU-Ratspräsidentschaft innehat“, betont Stamp.
Nordrhein-Westfalen sei bereit, seinen Beitrag zu leisten, denn vor allem Kinder und Jugendliche in den überfüllten griechischen Lagern brauchen jetzt schnelle Hilfe. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt Stamp: „Wir holen momentan 220 Personen nach NRW, vor allem kranke Kinder mit engsten Familienangehörigen. Zudem haben wir angeboten, 280 weitere Menschen aufzunehmen. Also insgesamt 500.“
EU-Türkei-Abkommen muss konsequent umgesetzt werden
Vor Ort wollen sich Laschet und Stamp mit Hilfsorganisationen austauschen, um sich ein persönliches Bild von der Situation in den Lagern zu machen und dabei vulnerable Gruppen zu erkennen, die besonders leiden und Hilfe brauchen. „Ich will sehen, wie wir mit logistischem Knowhow helfen können — etwa bessere Unterbringung, bessere Wasserversorgung und Hygiene“, erklärt Stamp. Desweiteren soll ein Ideenaustausch mit Griechenland stattfinden, um schnellere Asylverfahren zu entwickeln — auch, um illegal Eingereiste schneller zurück in die Türkei zu schicken.
Grundlage jeder Verbesserung bleibe jedoch, dass die Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei konsequent umgesetzt werden muss. Denn die Türkei versorgt 3,5 Millionen Syrer in ihrem Land, und Europa gibt dafür Geld. Entscheidend dafür sei: „Die türkische Küstenwache soll kontrollieren, dass keine Boote nach Griechenland ablegen — das muss allerdings verlässlicher klappen.“ Ein weiterer Teil des Abkommens müsse künftig endlich gelten: „Für jeden illegal Eingereisten, der von den griechischen Inseln zurückgeschickt wird, darf jeweils ein syrischer Flüchtling aus der Türkei aufs europäische Festland kommen. Genau dieser Teil hat bisher jedoch kaum funktioniert“, erklärt Stamp. Dieser Mechanismus müsse in Zukunft auch für diejenigen gelten, die das griechische Festland erreicht haben. So würde sofort die Lage auf den griechischen Inseln entspannen, „denn Griechenland könnte diese Migranten vorübergehend aufs Festland bringen und dort besser versorgen.“ Das sei jedoch kein kurzfristiger Plan. Zeil muss dennoch sein: Von irregulärer zu regulärer Migration kommen.
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