Unfreie Wahl muss Ende der EU-Beitrittsverhandlungen nach sich ziehen
Erdogan hat sich an der Wahlurne durchgesetzt und baut die Autokratie in der Türkei weiter aus. Die Freien Demokraten rügen den undemokratischen Ablauf der Wahl und fordern das Ende des EU-Beitrittsprozesses.
„Das war nicht eine Wahl, die demokratischen Standards entsprach, sie war nicht frei und sie war nicht fair“, sagt Alexander Graf Lambsdorff. In dem vorherrschenden politischen Klima des Landes konnte kein echter Wettbewerb um Positionen und Meinungen stattfinden. Der Wahlkampf des Machthabers beanspruchte etwa das Zehnfache an Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Vergleich zur Opposition. Die Printmedien sind nahezu alle gleichgeschaltet. Deutschland und die Europäische Union müssten nun damit rechnen, dass die Türkei das Verfassungsreferendum, das vor allem Erdogan mehr Macht beschert, umsetzen werde. „Das bedeutet: Der Umbau zu einem autokratischen, autoritären System geht weiter“, mahnt Lambsdorff. Außenpolitisch bleibe abzuwarten, ob die Anlehnung Ankaras an Moskau in den letzten Jahren „sich weiter als Schaukelpolitik oder tatsächlich als eine Wende abspielen wird“, gibt er zu bedenken.
Das Europäische Parlament hat in seiner maßgeblichen Resolution vom Juli 2017 beschlossen, dass wenn entgegen des Rates der Venedig-Kommission die Bestimmungen des Verfassungsreferendums umgesetzt werden, dann sei dieser Beitrittsprozess auch formell zu suspendieren. Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt das. „Es ist an der Zeit, sich ehrlich zu machen und den Prozess zu beenden. Unsere Aufforderung an die Bundesregierung ist, sich im Rat der Europäischen Union endlich dafür einzusetzen, dass dieser Schritt gegangen wird“, fordert der liberale Außenexperte. Dieser Einschätzung schließt sich FDP-Generalsekretärin Nicola Beer an. Erdogan habe die Wahl klar manipuliert, bevor sie stattgefunden hat, so Beer. Das Ergebnis zeige, wie stark sich die Türkei mittlerweile verändert habe. „Erdogan ist an seinem Ziel angelangt: Ein Präsidialsystem, dass das Parlament weitgehend entmachtet“, hält sie fest. Die Freien Demokraten nähmen die Manipulationsvorwürfe sehr ernst und setzten nun auf die Wahlbeobachter der OSZE, die jetzt die Lage einschätzen müssten.