Aus Corona-Maßnahmen darf kein Verödungsprogramm für Innenstädte werden
Die Menschen in Deutschland müssen sich auf eine Verschärfung des Teil-Lockdowns in der Corona-Pandemie einstellen. Das gilt auch für den Einzelhandel. Die Freien Demokraten sorgen sich, dass der stationäre Einzelhandel in die Pleite rutscht.
„Das ist ein großes Problem, weil es mit dem Infektionsschutz überhaupt nicht erklärbar ist.“ Wenn Geschäfte ein funktionierendes Hygienekonzept hätten, dann sei nicht erklärbar, warum die Zahl der Kunden jetzt weiter gesenkt werden soll. „Hier müssen die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin dringend nacharbeiten.“ Auf die Frage, ob diese Verschärfung ein Geschenk für Amazon sei, sagte Kuhle: „Ganz genau. Dann werden die Menschen ihre Weihnachtsgeschenke eben im Internet bestellen und sich nach Hause liefern lassen. Dann wird man am Ende sehen, dass hier Jobs verloren gehen, dass Geschäfte nicht wiederkommen.“
Deutschland drohe wegen der ausbleibenden Novemberhilfen eine erste Corona-Pleitewelle in den Bereichen Gastronomie, Kultur, Sport und Freizeit, so Kuhle: „Das ist so. Wir können jetzt schon beobachten, dass erste Inhaber von Geschäften aufgeben, dass schlichtweg der Mut und die Hoffnung langsam verloren gehen. Deshalb brauchen wir endlich eine Langfrist-Strategie bis ins Frühjahr. Kontaktbeschränkungen sind richtig, aber bitte mit Ausnahmen für bestimmte Branchen.“
Lindner sagte, es gebe im Handel Hygienekonzepte, seit Monaten gelte eine Maskenpflicht. Wenn überhaupt, solle die Bundesregierung hier ansetzen und die Versorgung mit geprüften FFP2-Masken verbessern. Für gesundheitlich Gefährdete wären zudem exklusive Zeitfenster im Handel und Taxigutscheine sinnvoll, damit diese nicht den öffentlichen Nahverkehr nutzen müssten. Der FDP-Chef betonte, die Geschäfte des Einzelhandels seien nicht als Infektionsherde bekannt. „Die Bundesregierung kann kein Interesse daran haben, dass der stationäre Einzelhandel in die Pleite rutscht, während die Marktanteile von Onlinehändlern durch die Decke gehen“, sagte er. „Wir müssen die nationale Kraftanstrengung darauf konzentrieren, besonders Gefährdete zu schützen, statt das Land lahmzulegen und im Anschluss die wirtschaftlichen Schäden zu beseitigen.“
Einzelhandel an möglichst vielen Sonntagen Öffnung erlauben
Angesichts der schwierigen Lage vieler Einzelhandelsbetriebe fordern die Freien Demokarten eine Lockerung der Ladenöffnungszeiten. In einem Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion heißt es: „Wir fordern die Länder auf, in ihren Ladenschlussgesetzen die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, den Einzelhandelsunternehmen an möglichst vielen Sonntagen die Öffnung zu erlauben.“ Es komme nun darauf an, das Grundgesetz so anzupassen, dass Landesrecht allgemein die Öffnung der Einzelhandelsunternehmen ermögliche.
Kurz vor dem Weihnachtsgeschäft 2020 sei die Situation für die Einzelhändler in den Innenstädten existenzbedrohend, heißt es in dem Papier. „In der Adventszeit ziehen die geschlossenen Weihnachtsmärkte, Kaffees und Restaurants die Kunden nicht in die Städte und der Online-Handel boomt zugleich, auch durch die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit der Online-Angebote.“
Exemplarisch sei, dass die meisten Einkäufe im Internet an Sonntagen getätigt würden. „Am Sonntag stehen die Kunden auch in der Adventszeit vor geschlossenen Läden in den Innenstädten, und das Risiko ist groß, dass viele kleine Fachgeschäfte und Boutiquen wegen der strukturellen Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Online-Handel nicht überleben werden.“ Die FDP fordere deshalb eine bundesweite Öffnung der Adventssonntage für den Einzelhandel. „Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen für diese Krisenadventszeit ihre ideologischen Gräben überwinden.“