Wir wollen mehr Fortschritt wagen
Die Koalitionsverhandlungen von Freien Demokraten, SPD und Grünen sind am Mittwoch zum Abschluss gekommen. Damit ist der Weg für eine neue Bundesregierung geebnet.
SPD, Grüne und FDP wollen nach den Worten des wohl künftigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) eine „Koalition auf Augenhöhe“ bilden. „Uns eint der Wille, das Land besser zu machen“, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der drei Parteien. „Wir wollen mehr Fortschritt wagen“, betonte Scholz. Die angestrebte Ampel-Koalition steht aus Sicht des FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner für einen Kurswechsel. Die drei Parteien SPD, Grüne und FDP hätten ihre Unterschiedlichkeiten in Wahlkämpfen nicht verborgen. „Aber wir haben uns in einem Punkt eine Gemeinsamkeit erhalten, nämlich den Status quo zu überwinden.“ Dafür habe die junge Generation sie auch gewählt. Im Land sei zu spüren, dass es den Wunsch nach Veränderung gebe. „Was jetzt gebildet wird, ist eine Regierung der Mitte, die das Land nach vorn führt.“
Zu den großen Aufgaben, vor denen die neue Regierung stehe, zählten die Alterung der Gesellschaft und das Reduzieren von Kohlenstoff. Die Freien Demokraten stünden dafür ein, Trendwenden zu erreichen: Von soliden Finanzen über Investitionen in saubere Technologien und Digitalisierung, Entlastung von Bürokratie, bessere Bildung und neue Aufstiegschancen bis zu mehr gesellschaftlicher Liberalität. Lindner hob hervor, dass seine Partei erreichen konnte, „dass Deutschland weiter Anwalt solider Finanzen bleibt.“ Gerade angesichts der Sorgen vieler Menschen um Geldentwertung sei dies wichtig. „Es gelingt, die breite Mitte des Landes durch unterschiedliche Maßnahmen zu entlasten, ohne dass es zu Belastungen an anderer Stelle kommt.“
Was jetzt gebildet wird, ist eine Regierung der Mitte, die das Land nach vorn führt.
FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich überzeugt, dass sich die drei Ampel-Parteien in ihrer Zusammenarbeit ergänzen werden. „Wir bilden eine Koalition, in der sich die drei Partner nicht begrenzen durch das, was unvereinbar in den Programmen war, sondern wir erweitern uns“, sagte er bei der Präsentation des gemeinsamen Koalitionsvertrages. Nach Jahren des Stillstands eröffne sich für Deutschland die Chance auf ein Gestaltungsjahrzehnt. „Alle gemeinsam müssen wir für die Entwicklung unseres Landes hin zu einer digitalisierten und klimaneutralen Technologienation stehen, für eine moderne Gesellschaftspolitik und die Erneuerung des sozialen Aufstiegsversprechens.“
Wir wollen einen Aufbruch organisieren
Der gemeinsame Koalitionsvertrag will auch in anderen Feldern eine neue Geschichte schreiben: „Es gibt in unserem Land so viele private Initiativen, privates Know-How und privates Kapital, das wir nun endlich entfesseln wollen“, um die Herausforderungen der Dekarbonisierung und der Digitalisierung anzugehen. „Wir werden diesen Staat digitalisieren“, sagte Lindner, „um Wohlstand und Wachstum für mehr Menschen zu organisieren.“ Lindner machte deutlich: „In der Wirkung ist dieser Koalitionsvertrag das ambitionierteste Klimaschutzprogramm einer Industrienation. Im Grunde werden wir begrenzt durch das, was physikalisch und technisch möglich ist. Was politisch und ökonomisch erreichbar ist, ist in diesem Vertrag beschrieben.“
Eine gesellschaftliche Liberalisierung und der Einsatz für Bildung und soziale Aufstiegschancen seien weitere Anliegen: „Wir bemühen uns in bester Anknüpfung übrigens an die sozialliberale Koalition der 70er Jahre um die Verbesserung der Bildung und der sozialen Aufstiegschancen in unserem Land, eines der Versprechen der sozialen Marktwirtschaft, das dringend erneuert werden muss. Wir stehen für eine gesellschaftspolitische Liberalisierung, Vielfalt, Individualität. Das verbindet uns. Diese fünf Punkte beschreiben Trendwenden, wo wir Neues wagen, einen Aufbruch organisieren wollen.“
FDP-Bundesvorstand empfiehlt Annahme des Koalitionsvertrages
Die Koalitionsverhandlungen hatten am 21. Oktober begonnen, nachdem die drei Ampelparteien zuvor in Sondierungen den Grundstein dafür gelegt hatten. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlungsrunde aus zuletzt je sieben hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus. Ein Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden.
Bei einer gemeinsamen Sitzung mit der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat der Bundesvorstand der FDP die Ergebnisse des heute vorgestellten Koalitionsvertrages einmütig begrüßt. Es wurde beschlossen, zur weiteren Beschlussfassung einen außerordentlichen Bundesparteitag einzuberufen. Dieser findet am Sonntag, den 5. Dezember 2021 digital in der STATION in Berlin statt.
Desweiteren hat der Bundesvorsitzende der Partei die folgende personelle Besetzung für die von der FDP zu besetzenden Ressorts vorgeschlagen:
Bundesministerium der Finanzen: Christian Lindner
Bundesministerium der Justiz: Dr. Marco Buschmann
Bundesministerium für Verkehr und Digitales: Dr. Volker Wissing
Bundesministerium für Bildung und Forschung: Bettina Stark-Watzinger.