Wir müssen die Sucht nach immer mehr Verschuldung beenden
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den Stabilitäts- und Wachstumspakt erst 2024 wieder vollständig in Kraft zu setzen. Finanzminister Lindner plädiert jedoch dafür, Defizite jetzt konsequent zu bekämpfen.
Die EU-Kommission hat am Montag vorschlagen, den EU-Stabilitätspakt nicht nächstes, sondern erst übernächstes Jahr wieder vollständig in Kraft zu setzen. Davor warnte Bundesfinanzminister Christian Lindner und riet den EU-Ländern stattdessen, diese vorgeschlagene Aussetzung der Schuldenregeln für das kommende Jahr nicht zu nutzen. „Man kann abhängig werden von Staatsverschuldung, und wir müssen die Sucht nach immer mehr Verschuldung beenden, so schnell wie möglich“, betonte Lindner vor dem Mai-Treffen der Eurogruppe.
Denn: „Die Bekämpfung der Inflation muss große politische Priorität in Europa haben.“ Jetzt gehe es darum, schnellstmöglich alles zu tun, um wieder zur Stabilität zurückzukehren. Der Finanzminister kündigte daher an, dass Deutschland keinen Gebrauch von der Ausweichregel des Stabilitätspakts machen werde. „Wir werden zur Schuldenbremse unseres Grundgesetzes nächstes Jahr zurückkehren“, unterstrich der FDP-Chef.
Wer die Inflation bekämpfen will, reduziert jetzt das Defizit in den Haushalten
Die EU-Kommission hatte vor zwei Jahren zu Beginn der Corona-Pandemie entschieden, die Regeln für solide Haushaltsführung aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt vorerst nicht anzuwenden, damit Regierungen in der Corona-Krise Firmen und Bürger besser unterstützen können. Anfang 2023 hätte der Pakt wieder aktiviert werden sollen, aber das verschob die EU-Kommission nun für ein weiteres Jahr. Sie begründet diesen Schritt damit, dass der Ukraine-Krieg, die hohen Energiepreise und Lieferkettenprobleme die Wirtschaft weiterhin belasteten und zu mehr Unsicherheit führten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte vor dem Treffen mit seinen 26 EU-Amtskollegen in Brüssel, Deutschland werde von der allgemeinen Ausweichregel des Stabilitätspakts keinen Gebrauch machen. Die Inflation sei eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung und könne „ein Verarmungsprogramm für viele Menschen“ sein. Deshalb riet er seinen Amtskollegen, es ihm gleich zu tun. Hohe Defizite würden zu den rasanten Preissteigerungen beitragen, weshalb Deutschland im nächsten Jahr die Schuldenbremse wieder einhalten werde. Denn: „Wer die Inflation bekämpfen will, reduziert jetzt das Defizit in den öffentlichen Haushalten.“ Der Inflation dürfe nicht noch mehr finanzieller Raum gegeben werden.
Rückkehr zur fiskalischen Stabilität
Die Bekämpfung der Inflation müsse jetzt große politische Priorität in Europa haben. Als EU-Mitgliedsstaaten sei es deshalb zentrale Aufgabe, schnellstmöglich alles dafür zu tun, um zur fiskalischen Stabilität zurückzukehren. „Die Rückkehr zu guten, gesunden und nachhaltigen Staatsfinanzen ist durch die Inflationsentwicklung noch dringender, als sie es mit Blick auf die Interessen der Generation der heutigen Enkel ohnehin schon wäre.“ Dazu brauche es die Reduzierung sowohl von Defiziten und schuldenbasierten Ausgaben als auch von Subventionen.
Generationengerechtigkeit: Deutschland wird 2023 zur Schuldenbremse zurückkehren
Bundesfinanzminister Lindner blieb dabei: Deutschland werde von der allgemeinen Ausweichregel des Stabilitätspakts keinen Gebrauch machen und zur Schuldenbremse des Grundgesetzes nächstes Jahr zurückkehren. Im kommenden Jahr werde daher das Defizit im Haushalt drastisch reduziert, um die Vorgaben der Schuldenbremse wieder einzuhalten.
Auch FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer hält nichts davon, die Schuldenregeln um ein weiteres Jahr auszusetzen. „Es besteht die Gefahr, dass sich vor allem die Südländer an diesen Zustand gewöhnen und jeder Anreiz fehlt, um sich an die Regeln zu halten“, sagte Theurer. In Zeiten steigender Zinsen sei dies eine gefährliche Entwicklung. „Die EU-Kommission muss sich einen Pfad überlegen, wie man auf den Weg der Stabilität zurückkehren kann.“
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Christian Dürr, unterstrich den Aspekt der Generationengerechtigkeit: Die Rückkehr zur Schuldenbremse sei notwendig, denn „solide Finanzen sind die Grundlage für den Wohlstand von morgen. Eine Politik wie zu Zeiten der Großen Koalition, in der alle Unstimmigkeiten mit Geld zugeschüttet werden, wird es mit der FDP nicht geben.“ Es sei ein Anliegen der Freien Demokraten gewesen, die Schuldenbremse als harte Budget-Regel zu stärken, in dieser Frage gebe es in der Ampel keine zwei Meinungen, versicherte Dürr.
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