Treffen der EU-Spitze mit Erdoğan sendet falsches Signal

Das Treffen der EU-Spitze mit Erdogan stößt bei den Freien Demokraten auf Kritik. Es sei nicht der Zeitpunkt, die Politik des türkischen Staatspräsidenten mit PR-kräftigen Bildern zu belohnen, moniert FDP-Außenpolitiker Lambsdorff.

Die Türkei entfernt sich immer weiter von der EU
Die Türkei entfernt sich immer weiter von der EU
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel haben den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara getroffen und über die Zukunft der Beziehungen zwischen EU und Türkei beraten. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff hält den Besuch für das falsche Signal. Es sei „nicht der Zeitpunkt, die Politik des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan mit PR-kräftigen Bildern zu belohnen“, kritisiert der Außenexperte. Denn: Erst vor kurzem ist die Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen ausgetreten. Zudem werden in der Türkei seit Jahren die Gewaltenteilung verletzt und Grund- und Bürgerrechte außer Kraft gesetzt. „Ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei ist deshalb überfällig“, fordert Lambsdorff. Statt EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei müsse die EU ihre Beziehungen zur Türkei in einem Grundlagenvertrag neu regeln.

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Hintergrund der Reise nach Ankara sind Beschlüsse des EU-Gipfels vor kurzem, als sich die Staats- und Regierungschefs darauf verständigt hatten, die Beziehungen zur Türkei schrittweise wieder auszubauen. In Vorbereitung sind nun beispielsweise Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion.

Aus der Opposition im Deutschen Bundestag kam vernichtende Kritik. Grüne, Linke und die FDP kritisieren die Reise nach Ankara als „falsches Signal“. Lambsdorff verwies angesichts des Treffens auch auf eine Ankündigung des türkischen Energieministers, sein Land wolle die umstrittenen Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer bald wieder aufnehmen. „Dem muss die EU eine klare Absage erteilen“, fordert der Außenexperte.

Insgesamt sollten Gespräche mit Ankara aktuell nur auf Arbeitsebene geführt werden, um Austausch über bestehende Konfliktpunkte zu ermöglichen. Denn die Erdogan-Regierung setze schließlich seit vielen Jahren Maßnahmen um, die Grund- und Bürgerrechte außer Kraft setzten, freie Wahlen erschwerten und die Gewaltenteilung verletzten.

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Auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, äußerte sich empört und fordert: „So lange Erdogan innen- und außenpolitisch geradezu hemmungslos und im Alleingang wüte“, dürfe die EU ihn nicht mit Zugeständnissen im Rahmen der Zollunion, Visaerleichterungen oder zusätzlichen Finanzmitteln belohnen.

Auf Twitter kritisert er zudem, dass von der Leyen und Michel sich bei ihrem Besuch weder mit der türkischen Zivilgesellschaft, noch mit Vertretern der türkischen Opposition getroffen haben. „Stattdessen ein relativ harmonisches Gespräch mit Erdogan. Was läuft eigentlich falsch bei der EU?“, moniert der Außenpolitiker. Die EU-Spitze müsse angesichts der Menschenrechtslage im Land und der aggressiver Außenpolitik Erdogans deutliche Worte finden. „Die Europäische Union muss klarstellen, dass die Einhaltung von Bürger- und Menschenrechten zwingende Voraussetzung für eine Zusammenarbeit sind. Aktuell ist das Vorgehen Erdogans weder mit den Werten noch den Interessen der EU zu vereinbaren“, fordert Djir-Sarai.

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Bereits vor knapp zwei Wochen warf die FDP-Menschenrechtspolitikerin Gyde Jensen der Bundesregierung vor, Kritik am türkischen Präsidenten zur „reinen politischen Pflichterfüllung“ zu machen, die „mit Phrasen abgehandelt“ werde. Ihrer Ansicht nach sollte die Bundesregierung aber ihre Verantwortung als derzeitige Vorsitzende im Ministerkomitee des Europarats deutlicher werden lassen und ihre Beziehungen zur Türkei in einem Grundlagenvertrag neu regeln. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei müssen endlich vom Tisch.

„Die Zivilgesellschaft muss unsere neue Partnerin sein“, betonte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, die sich zugleich für Sanktionen „die das Regime selbst treffen“ aussprach. Auch sollte die EU ein funktionierendes Asyl- und Migrationssystem aufbauen, da dies die entscheidende Grundlage dafür sei, „dass die EU sich nicht weiter von der Türkei erpressen lassen muss“.

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