Solide Finanzen sind der beste Inflationsschutz
Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht Deutschland angesichts des Ukraine-Kriegs vor einer sicherheitspolitischen und einer ökonomischen Zeitenwende. Sein Ziel: Den Staat aus der dauerhaften Verschuldung herauszuführen.
Im Bundestag hat am Dienstag die Haushaltswoche begonnen. Bevor am Freitag über den Bundeshaushalt 2022 abgestimmt wird, werden die Etats der einzelnen Ressorts debattiert. Mit der 2./3. Lesung des Bundeshaushaltes geht auch der Ergänzungshaushalt in das reguläre Haushaltsverfahren ein. Dort liegt der Fokus auf Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg stehen. Neben Mitteln für humanitäre Hilfe sieht der Ergänzungshaushalt Entlastungen für die Gesellschaft und zielgerichtete Wirtschaftshilfen für von den Folgen des Kriegs betroffene Unternehmen vor.
„So ist der Haushalt Ausdruck einer Ausnahmesituation, die wir so schnell wie möglich durch eine Wende hin zum finanzpolitischen Normalzustand beenden wollen“, stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner die Pläne der Regierung vor. „Wir antworten auf die sicherheitspolitische Zeitenwende mit der Stärkung der Streitkräfte. Wir antworten auf die ökonomische Zeitenwende der Inflation durch die Rückkehr zu soliden Haushalten und das Ende immer neuer Schulden“, betonte er.
Druck von den Preisen nehmen
Schon zuvor hatte er unmissverständlich einige Pflöcke eingeschlagen: „Der Ergänzungshaushalt wird nicht für politische Wunschprojekte genutzt.“ Oberstes Gebot müsse sein, die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren und gegen die steigenden Preise vorzugehen. Mit dem Etat für das kommende Jahr werde die expansive Finanzpolitik in Deutschland beendet. „Es geht jetzt darum, Verantwortung zu zeigen gegenüber der Generation der Kinder und Enkel“, machte Lindner deutlich. Es bleibe dabei, dass die Schuldenbremse 2023 wieder greifen solle.
Zugleich aber müsse die Bundesregierung Druck von den Preisen nehmen und nicht durch Subventionen in bestimmten Bereichen noch mehr Nachfrage erzeugen. „Wir brauchen Angebotspolitik, die konsequente beste marktwirtschaftliche Bedingungen schafft. Denn dieser Weg – neues Wachstum zu schaffen – wird auch der Weg zurück zum finanzpolitischen Normalzustand sein.“
„Gute Wirtschaftspolitik kann nicht mehr bedeuten alles mögliche mit staatlichem Geld zu fördern. Es geht jetzt um gute Rahmenbedingungen.“ Lindner sagte, er nehme die Inflation ernst, sie sei „ein großes wirtschaftliches Risiko“. Und wer das tue, der „müsse den Druck von den Preisen nehmen und die öffentliche Verschuldung reduzieren“. Es gehe um die Rückkehr in eine finanzpolitische Normalität und zu einer Politik, die mit Knappheit umgehen müsse. „Wir beenden jetzt die Sucht nach immer mehr Schulden und nach immer mehr Subventionen“, betonte Lindner.
Einhaltung der Schuldenbremse 2023 ist nicht verhandelbar
Das sagte er auch mit Blick auf den Vorschlag eines Klimageldes, den Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegt hatte. Den hält Lindner für unpassend und zu bürokratisch. Lindner schlägt im Gegenzug für das kommende Jahr die Reform der Lohn- und Einkommenssteuer vor, um die kleinen und mittleren Einkommen effektiv zu entlasten. Damit könne man auch die sogenannte kalte Progression in der Inflation verhindern. „Im Ziel stimme ich mit Hubertus Heil überein: Wir müssen gemeinsam mehr Entlastung organisieren.“ Der Vorteil einer Steuerreform sei, dass es keine harte Abbruchkante gebe, also Bürger mit einem knapp höheren Einkommen nicht leer ausgingen. Als zweiten Weg will Lindner die Grundsicherung an die Inflation anpassen, „damit bedürftige Menschen nicht unter die Räder kommen“.
„Frühere Regierungen hätten Ausgabewünsche einfach addiert“, teilte er einen Seitenhieb auf die Große Koalition aus. „Diese Regierung wägt ab. Ich musste Projekte aus verschiedenen Ressorts ablehnen – nicht, weil ich nicht die prinzipielle Berechtigung des Anliegens sehe, sondern weil ich als Finanzminister die Gesamtverantwortung für nachhaltige Staatsfinanzen trage.“ Und für Lindner sind solide Finanzen der beste Inflationsschutz. „Wir setzen alles daran, die Schuldenbremse 2023 einzuhalten.“ Denn: „Sie ist nicht nur ein Verfassungsauftrag. Sie ist auch Gebot der ökonomischen Klugheit und Garant der Generationengerechtigkeit.“
Staat kann nicht dauerhaft Wohlstand auf Pump subventionieren
Im Interview mit dem Focus hatte der FDP-Chef erläutert: „Damit es kein langfristiges Risiko gibt, müssen wir überall die Ära expansiver Finanzpolitik und schuldenbasierter Hilfsprogramme beenden. Während Corona war das richtig, aber der Staat kann nicht dauerhaft Wohlstand auf Pump subventionieren.“ Deshalb verteidige er in Deutschland die Schuldenbremse und in Europa die Idee des Stabilitätspakts. „Wir müssen wieder lernen, als Staat mit dem Geld zu arbeiten, das die Menschen uns zur Verfügung stellen.“ Man müsse das Steuersystem als Instrument begreifen, um Inflation zu dämpfen.
Lindner hat sich auch zum Ziel gesetzt, die Vorhaben der Ampel-Koalition zu priorisieren. „Nicht alles lässt sich sofort umsetzen. Ja, wir machen hohe Schulden in diesem Jahr, aber dahinter stehen krisen- und kriegsbedingte Ausgaben. Aber wir befinden uns bereits jetzt in der Konsolidierungsphase.“ Die ökonomische Zeitenwende bereite er vor. Er berichtete, dass die laufenden Etatgespräche ganz anders als die vergangenen seien. „Jetzt erst wird die Ampel-Koalition geformt“, sagte er. „Ein Koalitionsvertrag ist ja unkonkret und die ersten Monate waren geprägt von Krisen. Bei Wünschen nach Mehrausgaben muss ich nun antworten: Verschaff mir Deckung! Die Schuldenbremse gilt.“
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