Sein Antrieb war die Freiheit
Im Rahmen einer Trauerfeier am 7. Oktober 2024 gedachten die Freien Demokraten in Berlin ihres ehemaligen Vorsitzenden Dr. Wolfgang Gerhardt.
Am 13. September verstarb der langjährige Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und ehemalige FDP-Bundesvorsitzende sowie Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Wolfgang Gerhardt, im Alter von 80 Jahren. Im Rahmen einer Trauerfeier gedachten die Freien Demokraten nun am 7. Oktober in Berlin dieses großen Liberalen, der die Politik der FDP auf Landes- und Bundesebene über Jahrzehnte hinweg geprägt hatte. Bei der vom Stiftungs-Ensemble Musica Libera musikalisch begleiteten Veranstaltung zollten neben der stellvertretenden FDP-Bundesvorsitzenden Bettina Stark-Watzinger auch der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner sowie der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz dem Verstorbenen Respekt.
Bettina Stark-Watzinger bezeichnete Gerhardts Arbeit als wegweisend: „An ihm haben sich über die liberale Familie hinaus Menschen orientiert. Er war ein Mann mit Geist, Verstand und klarem Kompass, den er niemals verloren hat.“ Christian Lindner lobte, Gerhardt habe die FDP in einer schwierigen Phase ihrer Geschichte zusammengehalten und wieder aufgerichtet. Er habe sich große Verdienste um unser Land erworben. Friedrich Merz warf in seiner Rede einen Blick zurück auf die enge Zusammenarbeit der beiden damaligen Oppositionsführer. Für ihn war Gerhardt: „Ein großer Liberaler. Ein leidenschaftlicher Parlamentarier. Und ein überzeugter Europäer. Am 13. September ist in Deutschland eine wirkmächtige Stimme der Freiheit verstummt.“
Immun gegen den Zeitgeist
Bettina Stark-Watzinger erinnerte in ihrer Rede an die Wegmarken des „bürgerlichen Liberalen“, der in einer Zeit, „in der der damalige Ministerpräsident Holger Börner an einem Tag die Grünen mit der Dachlatte bekämpfen wollte, kurz später aber die erste rot-grüne Regierung in Deutschland bildete“, die hessische FDP zu einer wirkmächtigen Opposition machte. „Wer Wolfgang Gerhardt nur einmal hatte reden hören, der wusste, was ihn Antrieb, – die Freiheit.“ Sie konstatierte: „Er war immun gegen den Zeitgeist. Er war ein scharfer Analytiker, er verlor sich nie im Detail. Und damit überdauerte sein Wirken die Kurzlebigkeit der Tagespolitik.“
Der beste Außenminister, den Deutschland nie hatte
FDP-Chef Christian Lindner machte deutlich, dass es Gerhardt darum gegangen sei, Orientierung zu geben: „Aktuelle Tagespolitik. Ja, die hatte er drauf. Aber das war nicht der Kern seiner politischen Mission. Ihm ging es darum, aufmerksam zu machen auf den von ihm als drängend empfundenen Umstand, dass es nicht reicht, eine geschriebene liberale Verfassung zu haben, sondern dass diese liberale Verfassung auch eine vitale Gesellschaft braucht, die diese Werte lebt.“ Wolfgang Gerhardt habe sich um die Grundierung liberaler Politik verdient gemacht. Zugleich erinnerte Lindner auch an den Außenpolitiker Wolfgang Gerhardt. Dieser habe schon vor gut 20 Jahren in der Außenpolitik ein klares Bekenntnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika abgegeben – zu einer Zeit, als auch in Deutschland ein bisweilen plumper Antisemitismus und ein plumper Antiamerikanismus salonfähig waren.
Gerhardt habe diese Bedrohungen auf der einen Seite früh erkannt und angesprochen. Im gleichen historischen Moment habe er aber auch „darauf hingewiesen, dass man in der Volksrepublik China nicht nur gute Gewinne erzielen kann, sondern dass es auch hinsichtlich der Gesellschaftsordnung ein Rivale ist. Er hat es früher als anderen erkannt, und deshalb war Wolfgang Gerhardt möglicherweise der beste Außenminister unseres Landes, den Deutschland nie hatte.“
Freiheit und Verantwortung
CDU-Chef Friedrich Merz war Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als Wolfgang Gerhardt die FDP-Bundestagsfraktion anführte. Er erinnerte an die enge Zusammenarbeit der beiden damaligen Oppositionsführer und würdigte das politische Lebenswerk des Verstorbenen: „Sein politisches Leitmotiv war zeitlebens das Vertrauen in die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger als Voraussetzung für gelebte und gelungene Freiheit. Freiheit und Verantwortung gehörten für ihn untrennbar zusammen. Denn ohne das eine könne das andere auf Dauer eben nicht existieren.“
Der unermüdliche Kämpfer für die Freiheit
Wolfgang Gerhardt prägte die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als deren Vorsitzender entscheidend mit. Mit klarem Führungsstil und Weitblick stärkte er ihre Bedeutung für die liberale Bewegung – ein Vermächtnis, das bleibe, würdigte Karl-Heinz Paqué seinen Vorgänger. Denn: „Er war es, der der Stiftung den Zusatz „für die Freiheit“ gegeben hat. Er war es auch, der mit der jährlichen „Rede zur Freiheit“ am Brandenburger Tor sowie dem alle zwei Jahre vergebenen Freiheitspreis in der Frankfurter Paulskirche zwei neue, weithin sichtbare Veranstaltungen schuf, die der Ausstrahlung, der Bekanntheit und der Reputation der Stiftung zugute kamen.“
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