Neue Schulden lösen Wachstumsprobleme nicht

Bundesfinanzminister Christian Lindner ist überzeugt, dass langfristiges Wachstum nicht durch neue Schulden erkauft werden kann. Statt immer wieder neue Schuldentöpfe zu schaffen, sollte Europa attraktiver für private Investitionen werden.

Christian Lindner in der Bundespressekonferenz
Finanzminister Lindner warnt: Hält Deutschland nicht an einer niedrigen Schuldenquote fest, könnten auch andere EU-Staaten Reformen nicht umsetzen.

Angesichts stagnierender Wachstumsraten warnt Finanzminister Lindner vor vermeintlich einfachen Lösungen, die auf Neuverschuldung setzen. In einem Gastbeitrag im Handelsblatt betont er, dass solide Staatsfinanzen und Wettbewerbsfähigkeit kein Widerspruch seien. Die Annahme, dass mehr Schulden für staatliche Investitionen Wachstum fördern, hält er für überholt. „Staatsschulden sind nicht zum Nulltarif zu haben“, betonte Lindner und verweist auf die Belastung für künftige Generationen und das Risiko der Inflation. Zudem werde die Wirkung staatlicher Subventionen ohnehin überschätzt, da 90 Prozent der Zukunftsinvestitionen von privaten Investoren stammen. „Politiker und Beamte sind nicht die besseren Unternehmer“, fügt er hinzu.

Dank der Einhaltung der Schuldenbremse seien die Staatsfinanzen in Deutschland aktuell solide, doch Lindner mahnt zur Vorsicht: Das niedrige Wirtschaftswachstum und der demografische Wandel  stellten das Land vor große Herausforderungen. Die Staatsausgaben müssten daher kritisch geprüft werden. „Unser gesamtstaatliches Ausgabenwachstum muss verringert werden.“ Die Wachstumsinitiative sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, der nun schnellstmöglich umgesetzt werden müsse. Doch darüber hinaus seien weitere Maßnahmen erforderlich, erklärt Bundesfinanzminister Lindner.  Besonders bei den Sozialausgaben sieht er Einsparpotenzial, um Mittel für Zukunftsinvestitionen freizusetzen.

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Deutschland ist Stabilitätsanker der EU

Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt verlange zudem eine Haushaltskonsolidierung, die über die nationale Schuldenbremse hinausgehe. Daher setzt sich Lindner dafür ein, die Haushaltskonsolidierung nicht nur auf Bundesebene, sondern im gesamten Staat voranzutreiben: „Nur so können wir unserer Rolle als Stabilitätsanker für die Wirtschafts- und Währungsunion gerecht werden.“ Besorgt verweist er auf eine bedenkliche Entwicklung: „Die Schuldenquoten vieler Staaten steigen stark an. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert, dass die weltweite Staatsverschuldung bis Jahresende die Marke von 100 Billionen US-Dollar überschreiten wird.“ Deutschland stemme sich als eines der wenigen Länder gegen diesen Trend, unterstrich Lindner. 

Die europäische Staatsschuldenkrise habe deutlich gezeigt, dass die Stabilität des Euros nicht selbstverständlich sei und klare Regeln brauche. Eine niedrige europäische Schuldenquote sei ein wichtiges Schutzpolster für künftige Krisen. „Nur wenn wir die hohen Schuldenquoten senken, schaffen wir uns Spielraum, um auch auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.“

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EU-Regeln legen Schuldengrenze fest

Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt spielt hierbei eine zentrale Rolle, da er alle EU-Mitgliedsstaaten in die Pflicht nimmt. Auf Initiative der Bundesregierung wurde der Pakt im April dieses Jahres reformiert, um die Mitgliedsstaaten zu einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik zu verpflichten. Die Vorschriften legen Obergrenzen für Staatsschulden und Haushaltsdefizite fest und sehen eine jährliche Überprüfung der Einhaltung vor.

Deutschlands Einhaltung der Schuldenbremse und des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts sende ein klares Signal nach Europa: „Setzen wir den Pakt bei uns halbherzig um, so motivieren wir andere Staaten, auf Reformanstrengungen zu verzichten.“ Dies wäre laut Lindner ein fahrlässiger Schritt, der langfristig schmerzhafte Folgen hätte: „Wir würden an geldwerter Stabilität verlieren.“