Mehr Leistungsgerechtigkeit mit dem Bürgergeld

Der Bundestag hat am Donnerstag das Bürgergeld beschlossen. Es soll das bisherige Hartz-IV-System ablösen. Die Union droht indes mit einer Blockade im Bundesrat. "Das wäre schlecht für unser Land", meint FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Kellnerin
Mit dem Bürgergeld will die Bundesregierung mehr Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben schaffen.

Mit dem Bürgergeld hält die Regierungskoalition das Prinzip des „Förderns und Forderns“ aufrecht, während die Hinzuverdienstregeln und die Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten substantiell verbessert werden. Die Freien Demokraten sind überzeugt: Nur mit dieser grundsätzlichen Neugestaltung werden mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit langfristig in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Weiterhin gilt: „Wer arbeitet, soll mehr haben als der, der nicht arbeitet“, sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Was es mit den Freien Demokraten nicht geben werde, sei eine Erhöhung der Regelsätze ohne korrespondierende Strukturreformen. Auch FDP-Vize Johannes Vogel wies einen entsprechenden Vorstoß der Union zurück: “Einfach nur die Regelsätze zu erhöhen, ohne durch eine Reform im System auch Leistungsgerechtigkeit und Aufstiegschancen zu verbessern, das wäre der genau falsche Weg.” 

Djir-Sarai mahnte die Union: “Wir als FDP bleiben gesprächsbereit und wünschen uns weiterhin, dass die Union bei dieser wichtigen Reform des Sozialstaats mit ins Boot kommt. Hier gibt es eine staatspolitische Verantwortung, die über die Oppositionsrolle hinausweist.” Für FDP-Vize Johannes Vogel zeigt der Vorschlag, „dass es Ihnen und insbesondere Friedrich Merz offenbar gar nicht um Arbeitsanreize, sondern nur um die eigene Wahrnehmung in der Debatte geht.“ In der hitzigen Debatte im Bundestag warf Vogel der Union „Fake News“ vor.

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Es gibt keine sanktionsfreien Zeiten im Bürgergeld

Vogel forderte die Union dazu auf, im Zusammenhang mit dem Bürgergeld keine Unwahrheiten zu verbreiten. „Es macht einen zentralen Unterschied, ob man ein alternatives politisches Urteil fällt oder ob man alternative Fakten erfindet“, sagte Vogel. „Es gibt keine sanktionsfreien Zeiten im Bürgergeld“, stellte Vogel in Bezug auf den Entwurf klar. „Wer etwas anderes verbreitet, der verbreitet Fake News.“

Friedrich Merz und seine CDU sollten konstruktiv an der Reform des Bürgergelds arbeiten, wunderte sich Johannes Vogel, dass ausgerechnet die Union kritisiert, dass mit der Einführung des Bürgergeldes der Staat das Eigentum derjenigen respektiert, die in Not geraten. „Wir sind der Meinung: Wenn zum Beispiel ein Selbständiger durch einen Schicksalsschlag auf die Grundsicherung angewiesen ist, dann soll er nicht als erstes seine Altersvorsorge aufbrauchen müssen“, wies er die Union am Donnerstag im Bundestag in die Schranken. 

„Und vollends schizophren wird es, wenn Sie behaupten, durch das Bürgergeld lohne sich Arbeit in Deutschland nicht mehr. Das ist erstens in jedem einzelnen Fall falsch, und zweitens polemisieren Sie damit gegen eine Berechnungsmethode der Regelsätze, die eine CDU-Ministerin selbst eingeführt hat“, war Vogel der Union vor.

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Wir machen unseren Sozialstaat fairer

„Es muss sich mehr lohnen, Schritt für Schritt herauszuwachsen aus der Grundsicherung. Und das schaffen wir jetzt endlich“, so Vogel. Mit dem Bürgergeld sorge die Regierung dafür, „dass junge Menschen in diesem Land endlich Piloten des eigenen Lebens werden“. Heute lohne sich nämlich eine Ausbildung nicht, solange junge Menschen Teil einer Bedarfsgemeinschaft sind. „Das machen wir anders, das machen wir besser durch das Bürgergeld.“

Er führte das Beispiel an: „Wenn Annika, die in einer Hartz IV-Familie groß wird, im Minijob arbeitet, kann sie von 520 Euro 184 behalten. Wenn ihre Eltern finanziell auf eigenen Beinen stehen und sie denselben Minijob macht, dann kann sie 520 Euro behalten. Junge Menschen erfahren bereits am Anfang ihres Lebens, dass sich ihre Anstrengung nicht lohnt. Dass es keinen Unterschied macht, wenn sie arbeiten. Dass sie schlechtere Chancen haben werden, weil ihre Eltern in schwieriger Lage sind. Das ist das Gegenteil von Chancen-Unabhängigkeit. Das schaffen wir endlich ab und darauf bin ich stolz. Wir machen unseren Sozialstaat fairer.“

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Aufstieg durch Bildung ist möglich

Auch Jens Teutrine, Sprecher für Bürgergeld der FDP-Bundestagsfraktion, bekräftigte: „Im Zentrum des Bürgergeld steht das Leistungsprinzip im Berufseinstieg.“ Er zog als Beispiel Auszubildende heran und rechnete vor: „Auszubildende, die in einer Hartz IV-Bedarfsgemeinschaft aufwachsen und aktuell 800 Euro Ausbildungsvergütung haben, bleiben faktisch nur 240 Euro. Der Rest wird angerechnet.“

An die Union gerichtet konstatierte er: „Das Hartz IV-System, was Sie verteidigen, das Sie nicht verändert haben, sagt diesen jungen Menschen: Eine Ausbildung und Arbeit lohnt sich nicht.“ Mit dem neuen Bürgergeld aber dürften Auszubildende von 800 Euro 604 Euro behalten. „Die Botschaft des Sozialstaates ist klar: Es lohnt sich zu arbeiten, es lohnt sich eine Ausbildung.“

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Der Grundsatz des „Förderns und Forderns“ bleibt erhalten

Schon zuvor hatte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner in einem Video mit Mythen über das Bürgergeld aufgeräumt. Der höhere Regelsatz sei eine an die Inflationsrate angepasste Steigerung, da das Leben auch für Menschen, die eine Solidarleistung erhalten, teurer werde.

Zudem werde beim Bürgergeld die Qualifikation gestärkt. „Menschen werden nicht sofort in Helfer-Tätigkeiten vermittelt sondern wenn eine Qualifikation möglich ist, dann wird das vorgezogen“, so Lindner. Denn ein höherer Bildungsgrad hilft den Betroffenen, dauerhaft in besser bezahlte Jobs zu kommen.

Lindner verwies auch auf die Sanktionsmöglichkeiten. Es werde weiterhin Sanktionen geben, wenn man sich als Bezieherin oder Bezieher des Bürgergeldes den Mitwirkungspflichten entzieht. Denn das sei eine Frage der Gerechtigkeit. „Es gehört zur sozialen Gerechtigkeit dazu, dass niemand bei einem Schicksalsschlag sofort mittellos ist und seine Existenz verliert. Aber wir dürfen als Gesellschaft auch erwarten, dass die Menschen, die eine unterstützende Leistung erhalten, unsere Solidarität nur so lange in Anspruch nehmen, wie es nötig ist.“ Der Grundsatz des „Förderns und Forderns“ werde also nicht aufgegeben. „Aber wir machen es Menschen leichter, im Leben voranzukommen. Und genau das ist unser Ziel“, unterstrich der FDP-Chef.