Löschen statt Sperren ist effektiver und schneller
Die Freien Demokraten unterstützen den Ansatz der EU-Kommission im Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet. Netzsperren lehnen sie indes entschieden ab.
Die EU will gegen Kindesmissbrauch vorgehen. Ein richtiger und wichtiger Vorstoß, allerdings sind die vorgeschlagenen Mittel, eine europaweite Überwachung aller digitalen Kommunikation, aus Sicht der Freien Demokraten nicht zielführend. Das FDP-Präsidium hat nun einen Beschluss gefasst, in dem sie die Bundesregierung auffordert, sich im Europarat gegen die geplante Verordnung zu positionieren. Sie wollen im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch stattdessen auf gut ausgestattete Strafverfolgungsbehörden, zeitgemäße und präzise Instrumente und auf Prävention setzen.
In dem Beschluss „Bürgerrechte stärken — Chatkontrolle verhindern“ heißt es unter anderem: „Kindesmissbrauch ist ein grausames Verbrechen, das die Opfer ein Leben lang begleitet. Hinter dem Deckmantel eines freien Internets darf keine Gesetzeslosigkeit grassieren. Statt diese abscheulichen Verbrechen durch das unverhältnismäßige Aufgeben der Grundrechte aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger zu bekämpfen, sollte mehr in die Ausstattung der Polizei, der Europäischen Polizeibehörde Europol und in die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Behörden investiert werden. Wir Freie Demokraten wollen mehr Prävention und Verfolgung von Kindesmissbrauch. Kinder werden durch mehr Personal für Polizei, Jugendämter und Justiz geschützt, nicht durch anlassloses Ausspionieren.“
Digitale Bürgerrechte sind gleichwertig zu analogen Bürgerrechten
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass ein neues „EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch“ Instagram, E-Mail-Anbieter und Messengerbetreiber wie WhatsApp, Telegram, Signal oder Threema dazu zwingen soll, auch private Chats zu durchleuchten, um diese nach Aufnahmen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu suchen.
Nach Ansicht der Freien Demokraten ist die Überwachung aller Chats, Nachrichten und E-Mails von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern eine „sicherheitspolitische Entgleisung“. Jeder Bürger stünde unter ständigem Generalverdacht. „Dies wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, der den Rechtsstaat in den Grundfesten erschüttern würde.“ Digitale Bürgerrechte seien gleichwertig zu analogen Bürgerrechten: das digitale Briefgeheimnis sei demnach genauso zu schützen wie das analoge Briefgeheimnis.
Im Beschluss heißt es weiter: „Freie Meinungsäußerung wird eingeschränkt, wenn Bürgerinnen und Bürger die ständige Überprüfung ihrer Kommunikation erwarten müssen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission würden private Unternehmen gezwungen werden, Polizei zu spielen, ihre Kunden auszuspionieren und beim Staat zu melden. Diese Privatisierung der Strafverfolgung lehnen wir ab.“
Löschen statt sperren
Für die Freien Demokraten steht fest: „Netzsperren stellen kein wirksames Mittel im Kampf gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch dar, führen gleichzeitig zu einem großen Vertrauensschaden bei den Internetnutzern und zu Verdrängungseffekten. Löschen statt Sperren ist effektiver, schneller und verhindert, dass kriminelle Inhalte weiter im Netz verfügbar sind – und dient somit am besten dem Opferschutz.“
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