Freie Demokraten können auch Sozialpolitik
Auf dem Bundesparteitag haben die Delegierten den FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel zum neuen Vize-Chef gewählt. Mit der Wahl ist das klare Signal verbunden: Die Freien Demokraten können auch Sozialpolitik.
Auf dem Bundesparteitag haben die Delegierten den FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel zum neuen stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt. Mit der Wahl des 39-Jährigen ist das klare Signal verbunden: Die Freien Demokraten können auch Sozialpolitik. „Eine Gesellschaft der Freiheit, für die wir stehen, muss durchlässig sein“, erklärt Johannes Vogel. Er ist stolz drauf, dass das Wahlprogramm zur Bundestagswahl viele Aspekte einer liberaler Sozialpolitik beinhalte, die ihm am Herzen liegen – wie etwa die Erneuerung des Aufstiegsversprechens. Denn: Geht es nach den Freien Demokraten soll jede und jeder Einzelne die Chance haben, beruflich und privat aufzusteigen.
Der moderne Sozialstaat, wie ihn die Liberalen schaffen wollen, soll ermutigen und Potenziale freisetzen — auch nach Einbrüchen im Lebenslauf oder etwa schwerer Krankheit. Freie Demokraten wollen Chancen durch Freiräume eröffnen: für ein selbstbestimmtes Leben. Der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Jens Teutrine, bekräftigt dieses Vorhaben. Sein Werdegang passe hunterprozentig zur FDP, deren Menschenbild nicht durch Herkunft sondern durch Leistung und Fleiß geprägt sei. „Wir wollen, dass jeder Autor seiner eigenen Lebensbiografie sein kann. Das entspricht, und meine Biografie spiegelt das wieder, den Werten der Freien Demokraten.“
Vogel will die Aufmerksamkeit, die mit dem Amt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden verbunden ist, dafür nutzen, sozialpolitische Inhalte verstärkt auf die Agenda zu setzen. „Diese Themen will ich auch auf größeren Bühnen zur Sprache bringen.“ So wirbt er beispielsweise für den FDP-Vorschlag, Talentschulen gerade in Stadtteilen mit sozialen Herausforderungen einzurichten, um Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Auch Teutrine sprach sich im Interview mit dem ARD-Morgenamagazin für Talentschulen in sozialen Brennpunkten und eine geringere Besteuerung von Nebenverdiensten von Kindern und Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien aus. Schülerinnen und Schüler, deren Eltern auf Hartz IV angewiesen sind, sollten endlich das oft erste selbst verdiente Geld ihres Minijobs komplett behalten dürften, statt dass es angerechnet werde.
„Bislang legen wir denen von Anfang an Steine in den Weg. Das ist das Gegenteil von Chancengerechtigkeit und die muss auf so vielen Feldern endlich besser werden“, mahnt Vogel. Derzeit sei es noch immer so, dass Lebenswege, Selbstbestimmung und die Chance, den eigenen Traum zu leben, zu sehr von der Herkunft abhänge. „Das müssen wir ändern. Es zeigt: Die Konzepte derer, die in den letzten Jahren auf Bundesebene für die Sozialpolitik die Verantwortung getragen haben, sind zu oft nicht überzeugend.“
Eine Frage, zu der die Freien Demokraten in ihrem Wahlprogramm konkrete Antworten liefern. Die Zeit dränge, so Vogel. „Wenn wir die Rente für alle Generationen stabil und für die ganze Gesellschaft fair machen wollen, und wenn wir sicherstellen wollen, dass die Rente auch in den kommenden Jahrzehnten noch funktioniert, dann ist die nächste Legislaturperiode die letzte, in der wir noch handeln können, bevor die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Baby-Boomer, in Rente gehen.“ Wissenschaftliche Studien zeigten klar, dass der demografische Wandel gewaltige Anpassungsbedarfe insbesondere in den Sozialkassen auslösen werde.
Die Freien Demokraten schlagen daher in ihrem Programm u.a. eine gesetzliche Aktienrente vor. „Wir wollen die erste, die gesetzliche Säule der Rente stabilisieren, indem wir sie auf zwei Standbeine stellen“, erklärt Sozialpolitiker Vogel. „Unser Vorschlag orientiert sich am schwedischen Vorbild, er würde sicherstellen, dass die Rentenversicherung und die Staatsfinanzen stabilisiert werden und dass das Rentenniveau in der ersten Säule langfristig wieder steigt.“
Gerade Geringverdiener würden davon überproportional profitieren mit genau demselben Beitragssatz wie im heutigen System. „Klar ist: Jede und jeder soll die Chance haben, die zwei Prozent des Bruttoeinkommens, um die es geht, in ein Produkt der eigenen Wahl zu investieren“, so Vogel. Es sei kein Zufall, dass Skandinavien, die Niederlande und die Schweiz auf Aktien in der Rente setzten. „Warum tun sie das? Weil Aktienmärkte zwar kurzfristig schwanken, langfristig aber sicher sind. Und darum geht es ja bei der Altersvorsorge: um langfristige Anlagen.“
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