FDP will Regierungsverantwortung übernehmen
Die Bundestagswahl rückt näher und das Ziel der Freien Demokraten steht fest: Gemeinsam mit FDP-Chef Christian Lindner wollen die Liberalen wieder Regierungsverantwortung übernehmen.
In knapp sechs Wochen findet die Bundestagswahl 2021 statt. Im ZDF-Sommerinterview machte FDP-Chef Christian Lindner daher klar, mit den Freien Demokraten werde es keine Steuererhöhungen und kein Aufweichen der Schuldenbremse geben. Denn im Vordergrund stehe, „dass unser wirtschaftliches Fundament wieder stabil ist.“ Die Menschen müssten sich wieder Lebensträume wie die eigenen vier Wände erarbeiten können, sonst werde der Zusammenhalt brüchig“, mahnt Lindner. Deshalb hätten die Liberalen in ihrem Wahlprogramm Entlastungen von insgesamt fast 90 Milliarden Euro vorgesehen. Deutschland brauche zudem eine Modernisierung und „einen Digitalisierungsschub, wir müssen Bildung neu denken und wir müssen auch die Klimafrage marktwirtschaftlich lösen“, betont auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing. „Wir kämpfen also nicht für eine Koalition, sondern für unsere eigenen Inhalte, die wir dann am Ende in einer Regierung einbringen wollen.“ Auf einer Klausurtagung hat das FDP-Präsidium diese Inhalte in ein „Dynamisierungsprogramm für Deutschland und seine Wirtschaft“ gegossen. Es sei ein „erster Prüfstein für mögliche Koalitionsgespräche“, so Lindner.
Lindner betont, bei den Inhalten setze sich die FDP von den anderen Parteien ab, denn sie schließe Steuererhöhungen kategorisch aus und halte an der Schuldenbremse fest. „Wir haben zwei Leitplanken: keine Steuererhöhung, keine Aufweichung der Schuldenbremse. Dazwischen wollen wir an gezielten Entlastungen arbeiten, vom Krankenpfleger bis zur Ingenieurin, im Mittelstand und für die im Wettbewerb stehenden Betriebe“, erklärt der Parteichef.
„Die Schuldenbremse einzuhalten, das ist entscheidend. Die schwarze Null ist ein Symbol darüber hinaus. Aber die Schuldenbremse ist eine zwingende Notwendigkeit. Wenn wir auch Stabilität innerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion erhalten wollen und wenn wir Gerechtigkeit üben wollen gegenüber der Generation der Kinder und Enkel.“ Es müsse unbedingt dafür gesorgt werden, dass das wirtschaftliche Fundament wieder stabil ist. „Der Staat darf nicht überverschuldet sein. Wir wollen wieder einen Aufschwung in der Wirtschaft sehen, mit neuen Jobs, neuen Unternehmen.“ Deshalb haben die Liberalen in ihrem Wahlprogramm Entlastungen von insgesamt fast 90 Milliarden Euro vorgesehen. So soll die Belebung der Wirtschaft vorangetrieben werden.
Für mehr Freude am Erfinden als am Verbieten
Lindner erklärt mit Blick auf die Klimapolitik der Grünen: „Als Moral-Weltmeister im Verbieten werden wir niemanden auf der Welt überzeugen. Wir müssen der Technologie-Weltmeister sein, der auf diesem Weg Wachstum und Nachhaltigkeit verbindet.“ Die FDP setze daher auf Innovationen und neue Technologien. Ein frühes Ende des Verbrennungsmotors komme somit nicht in Frage, denn man könne auch „synthetisches Benzin, das mit Erneuerbaren Energien in Chile produziert wird, einfüllen.“
Anstatt mit vielen kleinteiligen Regelungen, wie den Benzinpreis teurer zu machen, wollen die Freien Demokraten mit einem festen CO2-Deckel dazu verpflichten, das CO2-Limit einzuhalten. So könne garantiert werden, dass das festgesetzte Ziel für den Klimaschutz erreicht werde. „Den Weg zu den technologisch überzeugendsten Lösungen überlassen wir aber dem marktwirtschaftlichen Prozess, dem Erfindergeist der Ingenieurinnen und Techniker in unserem Land“, betont der FDP-Chef. Denn: „Wir wollen mehr Freude am Erfinden als am Verbieten in unserem Land.“
Was die Regierungskoalition anbelangt hat der FDP-Chef eine klare Vorstellung. Er erwarte „eine Regierungsbildung unter Führung der Union“. Ein Ampelbündnis mit SPD und Grünen könne er sich nicht vorstellen. „Mir fehlt die Fantasie, wie überhaupt Rot und Grün der FDP ein Angebot machen könnten. Die stehen in der Sache der Linkspartei ja viel näher als uns“, erklärt der FDP-Vorsitzende.
CDU und CSU dagegen seien seiner Partei zwar nah, aber auch dabei, „sich nach links zu orientieren“. Aufgabe der Liberalen sei es deshalb, „eine weitere Linksverschiebung der deutschen Politik zu verhindern“, sagt Lindner. Denn: „Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Freiheit.“ Die FDP wolle daher dazu beitragen, dass Deutschland weiter aus der Mitte regiert werde. „Deshalb wollen wir so stark werden, dass Schwarz-Grün oder Rot-Grün-Rot keine Mehrheit haben.“
Menschen schnell und großzügig aus Afghanistan evakuieren
Angesichts der dramatischen Entwicklung in Afghanistan fordert der FDP-Chef die Bundesregierung zum Handeln auf. Er erwarte, „dass schnell der Befehl erteilt wird, dass evakuiert“ werde. Das gelte nicht nur für deutsche Staatsangehörige und Diplomaten, sondern auch „für die Ortskräfte, also die Menschen, die dort für die Bundeswehr, für den deutschen Staat gearbeitet haben“, betont Lindner. Das sei unsere moralische Verpflichtung.
Um Fehler der Vergangenheit nicht noch einmal zu machen, appelliert der FDP-Chef an die Bundesregierung „auf der internationalen Bühne jetzt dafür sorgen, dass eine Situation wie 2015 in Syrien sich nicht wiederholt“. Deshalb müsse mit dem Flüchtlingshilfswerk und anderen Partnern vor Ort im Umfeld von Afghanistan eine Infrastruktur aufgebaut werden, um den Flüchtenden Schutz und „menschenwürdige Umstände“ zu bieten.
Darüber hinaus fordert Lindner eine umfassende Aufarbeitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Man müsse sich fragen, warum der Truppenabzug „so unvorbereitet passiert“ sei und „wir müssen auch evaluieren, warum der Afghanistan-Einsatz über die vielen Jahre diese erschütternde Bilanz hat“, so der Liberale weiter.
Menschen müssen schrittweise zurück in die Normalität
Im Zusammenhang mit der der Pandemielage fordert Lindner im Sommerinterview die Menschen schrittweise in die Normalität zu führen. „Die Pandemie haben wir nie verharmlost. Sie ist auch noch nicht überwunden. Aber der Charakter der Pandemie hat sich ja verändert. Durch gottlob die Erfolge beim Impfen haben wir eine andere Situation und deshalb müssen wir schrittweise in die Normalität zurück“, so der FDP-Vorsitzende. Er fordert daher ein Ende der Corona-Maskenpflicht für Geimpfte und Genesene in Geschäften. Ausnahmen seien „ganz wenige Gelegenheiten im öffentlichen Verkehr“, wo es aus praktischen Gesichtspunkten nicht möglich sei, sich von jedem einen Impfnachweis zeigen zu lassen.
Von Geimpften und Genesenen gehe keine Gefahr aus. „Also sollte der Staat nicht zum Maskentragen verpflichten.“ Das schließe dann aber nicht aus, dass Menschen freiwillig Maske tragen. „Es ist Zeit, dass wieder das Prinzip der gesundheitlichen Eigenverantwortung zum Tragen kommt. Die Vulnerablen sind durch Impfungen geschützt.“ Jetzt müsse man Tempo beim Impfen machen, zum Beispiel durch mobile Angebote.
Das bedeute auch, „dass Geimpfte und Genesene eigentlich keine weitergehenden Freiheitseinschränkungen mehr erdulden müssten. Von ihnen geht kein nicht verantwortbares Risiko aus“, betont Lindner. Auch der Deutsche Bundestag müsse endlich wieder einbezogen werden. „Dass jetzt noch einmal die Sonderbefugnisse der Regierung verlängert werden sollen, das halten wir nicht für angemessen. Wir müssen schrittweise zurück in die Normalität und wir müssen Zug um Zug die Menschen wieder in die Selbstverantwortung auch für die eigene Gesundheit bringen.“
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