Es muss mit dem Mittelstand gesprochen werden

Im Vorfeld des Mittelstand-Gipfels zu dem die Freien Demokraten geladen haben, fordert FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr erneut Entlastungen für Unternehmen, damit private Investitionen wieder angekurbelt werden.

Pressefoto Christian Dürr
Christian Dürrs Devise lautet: „Privat vor Staat.“ Es muss wieder attraktiver werden, in Deutschland zu investieren.

Deutschland steckt in einer anhaltenden Konjunkturschwäche. Die Freien Demokraten sehen dringenden Handlungsbedarf, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. „Wir müssen wirtschaftspolitisch umsteuern in diesem Land“, forderte FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr im ZDF-Morgenmagazin am Montag. Für ihn liegt die zentrale Aufgabe der Politik darin, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, statt sie weiter zu verschärfen. „Also nicht mehr Subventionen und Regeln, sondern das Gegenteil wäre jetzt angezeigt“, erläuterte er. Besonders bei privaten Investitionen sieht Dürr deutliche Defizite. Seine Devise lautet daher: „Privat vor Staat.“ Es müsse wieder attraktiver werden, in Deutschland zu investieren.

Diese Position teilt auch FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner, der gemeinsam mit Dürr zu einem Treffen mit Vertretern wichtiger Mittelstandsverbände geladen hat. Der FDP-Chef betonte, dass dieses Treffen keine Konkurrenzveranstaltung zu Kanzler Olaf Scholz’ Industriegipfel sei, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Lindners Initiative hat einen klaren Hintergrund: Scholz habe entschieden, nur die Großindustrie zu seinem Gipfel einzuladen, was bei Vertretern des Mittelstands und Handwerks auf deutlichen Unmut stieß. „Wir sagen, es muss auch mit dem Mittelstand gesprochen werden“, erklärte Dürr, denn dort seien schließlich die meisten Jobs und Ausbildungsplätze in Deutschland angesiedelt. 

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Bessere Standortbedingungen schaffen

Lindner unterstützt diese Sichtweise: „Der Bundeskanzler hat morgen sein Gespräch mit der Industrie, und das ist auch richtig, denn Deutschland hat einen industriellen Kern.“ Gleichzeitig wies er am Montagabend bei „RTL direkt“ darauf hin, dass 75 Prozent der Beschäftigten im Mittelstand arbeiten. Diese Unternehmen hätten oft andere Bedürfnisse als die Großindustrie: „Die kleinen Betriebe ächzen stärker unter Bürokratie.“ Zudem seien sie stärker und schneller von der Ideologisierung in der Energie- und Klimapolitik betroffen. Deshalb sei es wichtig, auch den kleinen Betrieben Gehör zu schenken. Zu dem Treffen im Bundestag sind Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, der Deutschen Industrie- und Handelskammer sowie des Verbands der Familienunternehmer und des Berufsverbands der Freien Berufe eingeladen.

Ein zentrales Thema der Gespräche wird die Entlastung der Wirtschaft sein. Der Finanzminister sieht dringenden Handlungsbedarf, besonders bei effizienteren Verwaltungsstrukturen, besserer Ressourcennutzung und konsequenten Reformen. „Wir sehen den Bürokratismus, der uns alle fesselt“, sagte Lindner im Interview mit der WELT. Für die Freien Demokraten ist klar: Der Weg aus der Konjunkturschwäche führt nicht über neue Schulden, Subventionen oder höhere Steuern, sondern über bessere Standortbedingungen. „Weniger Bürokratie, Mobilisierung des Arbeitsmarkts, geringere Energiekosten und niedrigere Steuern für alle“, erläuterte Lindner. Es wäre ein Fehler, nicht an der „Belastungsschraube“ zu drehen. 

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Die Treffsicherheit der Sozialausgaben erhöhen

Steuererhöhungen lehnt der FDP-Chef entschieden ab: „Wir haben bereits maximal hohe Steuern für Betriebe und Bürgerinnen und Bürger.“ Stattdessen brauche es mehr Kaufkraft, um die Nachfrage zu stärken und die Konjunktur anzukurbeln. Lindner betonte erneut: „Es scheitert nicht daran, dass wir zu wenig Geld ausgeben.“ Vielmehr müsse das vorhandene Geld effizienter eingesetzt werden. Er ist überzeugt, dass Steuern gesenkt und Investitionen gesteigert werden können, wenn die Treffsicherheit der Sozialausgaben erhöht und das Bürgergeld reformiert wird. Zudem müsse die irreguläre Einwanderung in den Sozialstaat unterbunden werden.

Neben diesen strukturellen Herausforderungen benennt Lindner ein weiteres Problem: „Die Entwicklung bei VW zeigt, dass die Unsicherheit über die Rahmenbedingungen, in was investiert werden soll und in was besser nicht, zur Belastung geworden ist.“ Klare politische Entscheidungen seien nun nötig, um den Unternehmen Orientierung zu geben. Denn in einem Schwebezustand könne sich die Wirtschaft nicht behaupten – die Unternehmen bräuchten verlässliche Antworten. „Wir brauchen jetzt einen neuen Aufbruch.“

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Die 49 Maßnahmen müssen kommen

Dürr äußerte die Hoffnung, dass nun auch andere Parteien Handlungsbereitschaft zeigen. „Es ist Zeit, dass wir die internen Konflikte hinter uns lassen und uns auf das Wesentliche konzentrieren.“ Besonders zuversichtlich stimmten ihn die jüngsten Aussagen des Kanzlers und des Wirtschaftsministers, die betonten, dass bürokratische Regeln, wie das Lieferkettengesetz, abgeschafft werden müssten. „Wenn wir es schaffen, hier den Hebel umzulegen, könnten wir endlich die Wettbewerbsfähigkeit stärken, die unser Land braucht.“

Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es jedoch konkreter Schritte und entschlossener Maßnahmen. Dürr erklärte bei BILD, dass ein klares Bekenntnis zu den 49 Maßnahmen der FDP für eine Wirtschaftswende erforderlich sei. „Das Kabinett sammelt jetzt die Gesetzesvorschläge aus den Fachressorts“, sagte er. Diese müssen im November im Bundestag beraten werden, „damit wir sie zum 1. Januar umsetzen können.“ Er betonte: „Es darf keinen Zweifel daran geben, dass wir Deutschland wirtschaftlich voranbringen müssen. Diese 49 Maßnahmen müssen kommen – und zwar alle, ohne Abstriche.“