Es beginnt die Zeit der Tat
SPD, Grüne und FDP haben am Dienstag ihr Regierungsprogramm besiegelt. Die Spitzenvertreter der Ampel-Parteien sind im Futurium zusammengekommen, um den Koalitionsvertrag zu unterzeichnen.
Nach SPD und FDP hatten am Montag auch die Grünen dem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag zugestimmt, der den Titel „Mehr Fortschritt wagen” trägt. Der FPD-Generalsekretär und designierte Verkehrsminister Volker Wissing lobte die Bereitschaft der FDP-Mitglieder, den Ampel-Koalitionsvertrag mitzutragen. „Wir haben uns bei den Koalitionsverhandlungen stark eingebracht“. Dies sei ein ausgewogener Koalitionsvertrag, „der ein neues Bündnis des Fortschritts für Deutschland möglich gemacht hat“. Die FDP freue sich auf das Regieren. FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Jetzt beginnt die Zeit der Tat.“
Ab jetzt am Fortschritt arbeiten
„Wir haben gesagt, wir wollen mehr Fortschritt wagen. Ab dieser Woche wollen wir am Fortschritt arbeiten. Wir geben uns keiner Illusion hin. Das sind große Herausforderungen, vor denen wir stehen. Aber auch wenn die Aufgaben und Herausforderungen groß sind, unsere Ambitionen und unsere Bereitschaft zum Engagement, die sind es eben auch“, so Lindner.
Nach der Unterzeichnung stellten sich die Vorsitzenden in der Bundespressekonferenz den Fragen der Medien. „Wir wollen uns als drei Partner nicht begrenzen, sondern erweitern. Alle drei kommen mit eigenen Perspektiven und Vorstellungen zusammen. Wir haben während der letzten Wochen bereits erlebt, dass wenn wir uns auf Gemeinsames verständigen, dass wir dann für sehr viel mehr Menschen als SPD, Grüne und FDP gewählt haben, Orientierung geben können“, beschrieb FDP-Chef Christian Lindner den Geist der neuen Koalition.
Mit Blick auf das gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzte künftige Bundeskabinett verwies er darauf, dass der Koalitionsvertrag „auch in gleichstellungspolitischer Hinsicht ein Fortschritt“ sei. Viele Vorhaben trügen der Gleichstellung der Geschlechter Rechnung: „Dieser Koalitionsvertrag enthält ein klares Bekenntnis zur gesellschaftlichen Vielfalt und Liberalität“, unterstrich Lindner.
Lindner will für Stabilität eintreten
FDP-Chef Christian Lindner nutzte als nächster Bundesfinanzminister auch die Gelegenheit, seine Leitlinien zu skizzieren: Er wolle für Stabilität eintreten. Der hohen Inflation werde er große Aufmerksamkeit schenken, so der FDP-Chef. Die Finanzpolitik des Bundes werde darauf Rücksicht nehmen. Die Inflation hänge mit einer Reihe von Sondereffekten im Zuge der Corona-Pandemie zusammen.
Die Haushaltsplanung für nächstes Jahr sei auskömmlich. Die bisherige Finanzplanung sei vorausschauend gewesen. Lindner sagte, die nächsten Wochen werden vom Nachtragshaushalt für 2021 geprägt sein. Leitplanken würden sein, Steuererhöhungen zu vermeiden und die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten. Im Rahmen dieser Leitplanken könnten Vorhaben in den nächsten Jahren finanziert beziehungsweise müssten dann Prioritäten gesetzt werden.
Erneuerung des Aufstiegsversprechens
Für ihn sind fünf Vorhaben im Koalitionsvertrag besonders wichtig, die die Identität der Freien Demokraten in der neuen Regierung kennzeichnen. Zahlreiche Initiativen für ein besseres Bildungssystem bewirkten „eine Erneuerung des Aufstiegsversprechens der sozialen Marktwirtschaft“, hatte Lindner auf einem Sonderparteitag für den Vertrag geworben. Bei der ökologischen Erneuerung der Wirtschaft setze die FDP Akzente, indem private Initiative und privates Kapital stärker einbezogen würden.
Neue Regelungen und stärkere Akzeptanz für die Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte seien gleichfalls ein Anliegen seiner Partei, sagte Lindner; er wolle „Einwanderung nach Deutschland zu einem Erfolgskapitel machen“. Auch bei der Digitalisierung von Staat und Gesellschaft übernehme die FDP Verantwortung und wolle dafür sorgen, dass die öffentliche Verwaltung bürokratische Vorgänge in der digitalen Welt erleichtere.
FDP bleibt eigenständig
Bei aller aktuellen Euphorie sind sich die künftigen Koalitionäre bewusst, dass die Schwierigkeiten im politischen Alltag erst beginnen werden. Im Blick auf die kommende Regierungsarbeit bat Lindner um „Demut, Geduld und Toleranz“, wenn nicht alles sofort und vollständig verwirklicht werde. „Wenn nicht alles, was wünschbar ist, sofort realisierbar ist, wenn es auch im laufenden Regierungshandeln notwendige Kompromisse gibt“. Er prophezeite, nicht nur werde die FDP „diese Koalition prägen“, es werde das Regierungshandeln auch umgekehrt auf die Partei wirken. Lindner betonte, die FDP bleibe eine eigenständige liberale Partei mit eigenständigen Positionen — „egal, mit wem wir koalieren“.
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