Einfallstore für autoritäre Staaten schließen
Die Freien Demokraten fordern eine Zeitenwende beim Schutz der kritischen Infrastruktur. Das FDP-Präsidium hat dazu jetzt Vorschläge vorgelegt.
Wie bedeutend der Schutz kritischer Infrastruktur ist, wurde zuletzt durch die Sabotageakte an den Nordstream-Pipelines und am Eisenbahnnetz deutlich. Sie zeigten exemplarisch „wie verletzlich wir hier sind“, wie es in dem Beschlusspapier „KRITIS stärken – Kritische Infrastruktur umfassend definieren und sichern“ des FDP-Präsidiums vom Montag heißt.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erklärte auf der anschließenden Pressekonferenz: „Als Freie Demokraten ziehen wir mit dem Beschluss die Konsequenz aus einer Weltlage, die immer mehr von systemischer Konkurrenz zwischen Demokratien und Autokratien geprägt ist.“ Thore Schäck, Präsidiumsmitglied und Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, bekräftigte bei der Vorstellung des Strategiepapiers: „Es darf kein Einfallstor für autoritäre Staaten geben in für uns wichtige und zentrale Infrastruktur in Deutschland.“ Die FDP fordert daher unter anderem eine Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts und die Schaffung einer modernen Infrastruktur als Staatsziel im Grundgesetz, „um dieser Infrastruktur auch die Bedeutung zu geben, die sie für uns hier in Deutschland hat“, formulierte es Schäck.
Eine Zeitenwende beim Schutz kritischer Infrastruktur
Für die Freien Demokraten ist klar: Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine müssen alle gelernt haben, dass man Autokraten in diesem neuen Systemwettbewerb ernst und beim Wort nehmen muss. „In der Ukraine können wir täglich verfolgen, welche dramatischen Folgen Angriffe auf KRITIS für die Zivilbevölkerung haben, besonders für die Elektrizitäts- und Wasserversorgung. KRITIS ist sowohl in Friedens-, aber erst recht in Zeiten von Kriegen und Konflikten Ziel feindlicher Operationen“, heißt es in dem Beschluss.
„Die Täter agieren professionell und häufig aus dem Cyberspace heraus. Wiederholt wurden solche Operationen von autoritär regierten Staaten wie Russland durchgeführt – Regime, die unsere Art zu leben nicht akzeptieren. Wir dürfen das knallharte Machtinteresse, das diese Staaten verfolgen, nicht unterschätzen“, warnen die Freien Demokraten. Es gehe nicht nur um „technischen Schutz“ der Infrastruktur, sondern „auch um den Schutz vor externer wirtschaftlicher und geostrategischer Einflussnahme“. Deshalb fordert die FDP eine „Zeitenwende“ beim Schutz kritischer Infrastruktur.
Aktive Zustimmung des ganzen Kabinetts bei Übernahmen
Thore Schäck führte aus: „Zuallererst fordern wir, dass die Schaffung einer modernen Infrastruktur als Ziel im Grundgesetz verankert wird, um dieser Infrastruktur auch die Bedeutung zu geben, die sie für uns hier in Deutschland hat.“ Außerdem erwarte seine Partei, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz „umgehend eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes erarbeitet – mit dem Ziel, dass die Bundesregierung bei Deals, wie sie jetzt in Hamburg gelaufen sind, in Zukunft mehr Mitspracherecht bekommt“.
Bei solchen Übernahmen oder Teil-Übernahmen müsse das Kabinett in Zukunft aktiv zustimmen und nicht nur einstimmig widersprechen können. „Gerade bei der Übernahme oder Teil-Übernahme von kritischer Infrastruktur muss es in Zukunft eine besondere Prüfung geben. Und das gilt natürlich insbesondere auch für Deutschlands zweitwichtigsten Hafen in Bremerhaven“, so Schäck, der auch Spitzenkandidat der FDP Bremen ist.
„Um perspektivisch abwägen und definieren zu können, was KRITIS oder Suprastrukturen sind, ist es wichtig, dies für die heimischen Häfen zu identifizieren und zu sichern. Wir fordern deshalb einen Stresstest für alle relevanten Häfen in Deutschland. Nur so ist es möglich, bei Beteiligungsvorhaben von ausländischen Staatsunternehmen klare Grenzen zu ziehen“, heißt es dazu im Beschluss.
FDP will schnellen Entwurf eines KRITIS-Dachgesetzes
„Wir erwarten vom Bundesministerium des Innern und Heimat (BMI) den schnellen Entwurf eines KRITIS-Dachgesetzes, das den Erfordernissen der Zeitenwende entspricht. So wie wir es im Koalitionsvertrag bereits formuliert haben. Auch Häfen sind Bestandteil der kritischen Infrastruktur und sollten deshalb in das Gesetz aufgenommen werden“, schreiben die Freien Demokraten.
Schäck erläuterte weiter: „Drittens fordern wir mehr physische Redundanz und eine stärkere Dezentralisierung der Infrastruktur. Hier muss deutlich mehr Geld investiert werden, damit Sabotage an einzelnen Knotenpunkten und Flaschenhälsen, die es im Moment gibt, in Zukunft nicht mehr dazu führen kann, dass ein Teilbereich oder sogar eine gesamte zentrale kritische Infrastruktur ausfällt.“ Außerdem wolle seine Partei die Forschung und Entwicklung insbesondere in den Bereichen IT und Cybersicherheit ausbauen, die Kooperation von universitären sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken und vermehrt Anreize für einen erfolgreichen Transfer in die Praxis schaffen.
Insgesamt 11 Punkte haben die Freien Demokraten formuliert, damit der deutsche Staat die kritische Infrastruktur besser schützen und die Einflussnahme Chinas und anderer Autokratien auf wichtige Bereiche künftig minimiert werden kann.
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