Die Kraft des Einzelnen freisetzen

Ein aufgeblähter Staat, stagnierende Wirtschaft, wachsende Ängste – die FDP sieht auf dem alljährlichen Dreikönigstreffen in Stuttgart dringenden Handlungsbedarf. Ihre Antwort: Mut zu Reformen und ein klares Bekenntnis zur Kraft des Einzelnen.

CL
Laut FDP-Chef Lindner besteht der Auftrag der Freien Demokraten darin, „jede und jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft stark zu machen.“ © Tristan Unkelbach

Beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart am Montag stand eine zentrale Frage im Mittelpunkt: Wie kann ein Staat geschaffen werden, der wieder effektiv funktioniert? FDP-Chef Christian Lindner ließ in seiner Rede keinen Zweifel an seiner Diagnose: „Unser Staat ist in weiten Teilen dysfunktional geworden, nicht, weil er zu klein ist. Er ist dysfunktional geworden, weil er zu groß geworden ist.“ Für Lindner bedeutet das, den Staat dort zurückzuschneiden, wo er hinderlich ist, damit er dort stärker wird, wo er dringend gebraucht wird. „Groß ist der Staat, wenn es darum geht, Steuern einzuziehen und Bürokratismus und Bevormundung zu schaffen“, kritisierte er. 

Gleichzeitig zeigte er die Diskrepanz auf, die seiner Meinung nach das zentrale Problem darstellt: „Er traut sich zu, die Erderwärmung auf 1,5 Grad genau zu steuern. Er scheitert aber bei der zeitnahen Lieferung eines neuen Personalausweises.“ Sein Fazit ist eindeutig: „Bevor unser Staat neue Staatsaufgaben übernimmt, sollte er zunächst einmal überzeugen bei denjenigen, die er schon hat, bevor sich Politikerinnen und Beamte neue Aufgaben für diesen Staat einfallen lassen.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Weg mit der Bürokratie

Diese Forderung teilte auch FDP-Spitzenkandidatin für Baden-Württemberg, Judith Skudelny: „Es ist mir völlig wurscht, ob wir die Bürokratie mit der Kettensäge, mit der Axt, mit dem Rasenmäher oder meinetwegen mit irgendeinem Lichtschwert abschaffen. Aber sie muss weg aus Deutschland, damit wir wieder produktiv arbeiten können.“ Die Freien Demokraten begnügen sich nicht mit Kritik, sie präsentieren auch konkrete Lösungen. Lindner brachte eine Idee ins Spiel: Für einen Testzeitraum könnten alle Berichtspflichten an den Staat ausgesetzt werden. Danach könne man ehrlich prüfen: „Welche vermissen wir überhaupt?“ 

Doch der Reformbedarf endet nicht bei der Verwaltung. Nach zwei Jahren ohne Wirtschaftswachstum fordert die FDP eine Wirtschaftswende, um das Land wieder auf Kurs zu bringen. Der designierte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann warnte eindringlich: „Wenn irgendwann keine Wirtschaft mehr da ist, ist auch nichts mehr für den Menschen da. Das muss endlich die gesamte deutsche Politik verstehen.“ Lindner zog eine Parallele zu den USA, wo wirtschaftliche Ängste und Unsicherheiten dazu geführt hätten, dass ein „Mann mit autoritären Zügen“ gewählt wurde. Er mahnte, dorthin könnte auch die Reise in Deutschland gehen, „wenn es uns in den kommenden vier Jahren nicht gelingt, die Wirtschaft auf Erfolgskurs zu bringen, den Menschen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln und ihre Freiheit ernst zu nehmen.“ 

In diesem Zusammenhang formulierte Buschmann einen zentralen Grundsatz: „Eine gute Wirtschaftspolitik ist in der Lage unseres Landes eines: Die beste Sozial- und Gesellschaftspolitik, die man derzeit machen kann.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Die Sorgen der Bürger ernst nehmen

Lindner sei wichtig, die Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen – von der Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes über die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten bis hin zur Befürchtung, dass die eigenen Kinder wirtschaftlich schlechtere Chancen haben könnten. Auch Ängste vor der Erderwärmung oder vor einer sogenannten Überfremdung spielten eine Rolle. „Diese Ängste haben Deutschland in eine Abwärtsspirale geführt. Und aus dieser Abwärtsspirale müssen wir uns nunmehr befreien“, so der FDP-Chef. 

Er kritisierte sowohl die Politiker, die diese Sorgen ignorierten und auf den Status quo setzten, als auch jene, die „die Ängste gewissermaßen bewirtschaften“. Die FDP hingegen verfolgt nach Lindners Worten einen anderen Weg: „Der Auftrag von uns Freien Demokraten ist, jede und jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft so stark zu machen, dass die Menschen sich selbst aus diesen Ängsten befreien können durch neue Zuversicht.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Mehr Freiheit von Steuern und Abgaben

Doch wie entsteht diese neue Zuversicht? Die Antwort der FDP liegt in einer konsequenten Abkehr von staatlicher Bevormundung und Subventionen. Buschmann machte unmissverständlich klar: „Der Staat war noch nie der bessere Unternehmer.“ Politiker könnten nicht wissen, welche Technologien sich in Zukunft durchsetzen werden. Deshalb sei eine gelenkte Wirtschaft genauso wirtschaftlich, wie eine gelenkte Demokratie demokratisch ist, stellte er fest. Stattdessen setzt die FDP auf die Kraft des Einzelnen: „Wenn viele Menschen in einer Gesellschaft sich reinhängen und anstrengen, dann lässt sich alles ändern, auch zum Besseren.“ Dazu sei jedoch ein entscheidender Schritt notwendig: „Mehr Freiheit von Steuern, Abgaben und Bürokratie.“

Neben der Wirtschaftsförderung sieht die FDP auch im Bildungssektor eine zentrale Stellschraube für die Zukunft des Landes. Lindner erklärte: „Was kann man Besseres tun für die Erneuerung des Aufstiegsversprechens unserer Gesellschaft, als dafür zu sorgen, dass die Herkunft aus dem Elternhaus nicht mehr entscheidend ist für den Lebensweg – sondern Fleiß, Talent und Einsatzbereitschaft?“ Auch der Landesvorsitzende der FDP Baden-Württemberg, Dr. Hans-Ulrich Rülke, ist überzeugt, dass junge Menschen etwas leisten wollen. „Wir werden dafür kämpfen, dass der Leistungsgedanke wieder in die Bildung integriert wird. Leistung ist nichts Negatives. Wir müssen endlich damit aufhören, bei den Bundesjugendspielen die Punkte abzuschaffen und dem Jugendfußball die Tore abzuschrauben. Das ist der falsche Weg.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Die Freien Demokraten setzen auf Zuversicht

In der Migrationspolitik setzt die FDP klar auf ein weltoffenes Deutschland. „Diejenigen, die zu uns kommen wollen, um zu arbeiten und die Gesetze zu respektieren, sind herzlich willkommen. Doch wer in die sozialen Sicherungssysteme einwandern will oder Straftaten begeht, muss abgewiesen werden. Das ist die richtige Migrationspolitik“, machte Rülke deutlich.

Trotz der Vielzahl an Herausforderungen war die Stimmung im Stuttgarter Opernhaus von Optimismus geprägt. Buschmann wies darauf hin, dass sich ein Gefühl der Resignation breitgemacht habe: „Was mir nicht gefällt, ist, dass in Anbetracht der großen Herausforderungen, die wir tatsächlich haben, sich so ein Gefühl breit macht, als ginge alles den Bach runter.“ Doch die FDP sieht das anders.

Buschmann erinnerte an die 1990er-Jahre, als Deutschland ebenfalls vor großen Hürden stand: Absturz im Wettbewerbsranking, steigende Arbeitslosigkeit, eine Flüchtlingskrise aus Jugoslawien. Er ist überzeugt: „Wir haben mit der liberalen Demokratie und unserem Grundgesetz alle Instrumente in der Hand, um diese Probleme zu lösen.“

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.