Bürgergeld muss einfacher werden

Die Ampel-Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, die Grundsicherung durch ein neues Bürgergeld abzulösen. Jetzt geht es an die Ausgestaltung. Bis Sommer soll ein erstes Konzept zum Bürgergeld stehen.

Selbstbestimmt, Frau
Bis Sommer soll ein erstes Konzept zum Bürgergeld als Ablösung des aktuellen Hartz-IV-Systems stehen.

Was aber hat die Ampel in puncto Bürgergeld im Koalitionsvertrag vereinbart? „Verabredet ist beim Bürgergeld, dass die Leistung einfacher und unbürokratischer, chancen- und aufstiegsorientierter wird und die Zuverdienstregeln deutlich verbessert werden“, fasst FDP-Vize Johannes Vogel das Vorhaben zusammen. „Beim Bürgergeld geht es um Aufstiegschancen, echte Weiterbildungsmöglichkeiten, Hinzuverdienstmöglichkeiten und Perspektiven für diejenigen, die sich anstrengen und sich aus einer Notlage befreien wollen“, sagt auch Jens Teutrine, Sprecher der FDP-Fraktion für das Bürgergeld. „Das vorderste Ziel der Reform sollte immer sein, dass es mehr Leute schaffen, sich von der Abhängigkeit staatlicher Leistungen zu befreien und ihren Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften“, beschreibt er das Ziel der Reform.

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Versprechen des Sozialstaates

177 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Einer der Punkte: das sogenannte Bürgergeld, das Hartz IV ersetzen soll. Im Vertrag heißt es dazu: „Wir gewähren in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und anerkennen die Angemessenheit der Wohnung. Wir werden das Schonvermögen erhöhen und dessen Überprüfung entbürokratisieren, digitalisieren und pragmatisch vereinfachen. Um die Erstattung der Kosten der Unterkunft transparenter und rechtssicherer auszugestalten, schaffen wir einen verbesserten gesetzlichen Rahmen für die Anwendung der kommunalen Angemessenheitsgrenzen und stellen sicher, dass diese jährlich überprüft und ggf. angepasst werden. Dies erleichtert den Kommunen, die Kosten der Unterkunft und Heizung als regionalspezifische Pauschalen auszuzahlen.“

Bereits in der Corona-Krise wurde schon nicht geprüft, wie groß die Wohnung der Betroffenen ist. Künftig soll generell gelten: Wer durch das Bürgergeld aufgefangen wird, solle sich vorerst nicht um das Ersparte und die Wohnsituation sorgen müssen. Den Freien Demokraten ist aber auch wichtig, dass von Januar an auch die Zuverdienstgrenzen für Schüler und Studentinnen fallen sollen. Bislang schafft das Hartz-IV-System die absurde Situation, dass manche arbeitslose Menschen, wenn sie einen Job beginnen oder bei bislang wenigen Arbeitsstunden ihre Tätigkeit ausweiten, kaum mehr oder sogar weniger Geld zur Verfügung haben als vorher – weil ihnen ein so großer Teil der Leistungen abgezogen wird. 

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Inflationsausgleich führt zu spürbar höheren Auszahlungsbeträgen

Nach Ansicht von Johannes Vogel sollten die Regeln zur Berechnung der Regelsätze so gelassen werden, wie sie sind. „Die Inflation spielt bei der jährlichen Anpassung ja ohnehin eine herausragende Rolle“. Er bezieht sich dabei auf die „Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022“. Darin steht unter anderem: „Für die Höhe beider Fortschreibungen gibt es eine einheitliche Berechnung, die aus zwei Komponenten besteht: Der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für diejenigen Güter und Dienstleistungen, die für die Höhe der Regelbedarfe bei der gesetzlichen Neuermittlung als regelbedarfsrelevant berücksichtigt worden sind, sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer.“

Bei den Regelsätzen der Grundsicherung wird also die hohe Inflation ohnehin bei der anstehenden Erhöhung der Leistungen berücksichtigt. Der Inflationsausgleich wird also zu spürbar höheren Auszahlungsbeträgen führen. Vogel betonte zugleich: „Natürlich beobachten wir gemeinsam, wie sich die Inflation weiterentwickelt, wie sich etwa ein Ölembargo auswirken würde. Dann schauen wir, welche weiteren Entlastungsschritte nötig sind. Die Bekämpfung der kalten Progression springt einen ja geradezu an, wenn es um weitere wirksame Entlastung geht.“ 

Die Koalition habe ja zu Recht gerade eine Einmalzahlung beschlossen, verwies Vogel auf das grade beschlossen Corona-Hilfegesetz. Danach erhalten Empfänger von Sozialleistungen wegen der Belastungen durch die Corona-Pandemie im Juli eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Darüber hinaus erhalten Kinder einen 100-Euro-Einmalbonus, der zusätzlich zum Kindergeld über die Familienkassen ausgezahlt wird. Der Bonus soll auf den Kinderfreibetrag angerechnet werden, so dass er stärker Familien mit weniger Geld zugute kommt.

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FDP dringt auf Abbau der kalten Steuer-Progression

Mit Blick auf die Ankündigung weiterer Entlastungen insbesondere für Menschen in der Grundsicherung, Rentner, Studierende sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Familien mit mittleren Einkommen, sollten die Preise weiter so hoch bleiben, stimmt Vogel Bundesarbeitsminister Hubertus Heil voll zu. Er erwarte daher, dass die SPD beim Ausgleich der kalten Steuerprogression im Herbst mitmacht. „Denn die bedeutet gerade für kleine und mittlere Einkommen, dass der Staat in Zeiten hoher Inflation von Gehaltssteigerungen so viel über die Steuer wegnimmt, dass die Bürger trotz Gehaltsplus weniger kaufen können als vorher.“

Er freue sich über jeden Vorschlag, der die Bürgerinnen und Bürger entlastet – „wir sind ja leider Weltmeister bei Steuern und Abgaben.“ Vogel ist sich sicher, dass das gerade beschlossene umfangreiche Entlastungspaket wirken wird. „Was an nächsten Schritten dann folgt, werden wir in der Koalition mit Blick auf die weitere Entwicklung gemeinsam besprechen. Und dann in den nächsten Wochen gemeinsam entscheiden.“

Angesichts der Preisentwicklung gehe es darum, die Wirtschaft zu stabilisieren, Projekte zu priorisieren, solide zu haushalten und Bürgerinnen und Bürger nicht noch zusätzlich zu belasten, sondern sie zu entlasten.

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