Anstrengungen gegen Energieknappheit verstärken
Die Energiekrise spitzt sich aufgrund ausfallender russischer Gaslieferungen weiter zu, die Preise ziehen an. Christian Lindner fordert daher neben dem physikalischen auch einen ökonomischen Stresstest bei der Erzeugung von Energie.
„Um den Strompreis für Menschen und Betriebe zu reduzieren, sollten alle Möglichkeiten genutzt werden“, betonte FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner beim Deutschen Arbeitgebertag und forderte neben dem physikalischen auch einen ökonomischen Stresstest bei der Erzeugung von Energie. Der Stromnetz-Stresstest, den Wirtschaftsminister Robert Habeck zur Energieversorgung im Winter hatte durchführen lassen, kam zu dem Ergebnis, dass es unter schwierigen Bedingungen durchaus zu Stromausfällen in Deutschland kommen könne. Statt jedoch wie von den Freien Demokraten gefordert, die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke bis 2024 zu verlängern, will Habeck als Reaktion darauf lediglich zwei Kraftwerke bis April 2023 in Reserve behalten.
Die Wirtschaftsweisen kritisieren den Vorschlag des Wirtschaftsministers und auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai stellte gegenüber der Bild klar: „Wir brauchen mehr Strom auf dem Markt, um die Preise zu drücken. Die Laufzeiten der drei verbliebenen Kernkraftwerke müssen verlängert werden. Ein Reservebetrieb, wie von Robert Habeck vorgeschlagen, löst kein einziges Problem, sondern produziert sogar noch neue.“
Ökonomischer Stresstest für die Energieversorgung
Das, was der Wirtschaftsminister bis jetzt skizziert habe, könne sich das Land derzeit nicht leisten. Djir-Sarai unterstrich im Interview mit rbb24, dass die Laufzeitverlängerung der drei Kernkraftwerke ein Instrument sei, um „eine Energiekrise in Deutschland und Europa zu verhindern“. Er warnte: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass in so einer Situation parteipolitische Überlegungen oder Wahlkampf-Überlegung eine Rolle gespielt haben.“ Jetzt sei nicht die Zeit für Ideologie, sondern für Pragmatismus.
Damit Energie für Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlbar bleibt, forderte Lindner einen ökonomischen Stresstest bei der Erzeugung von Energie. Auch Djir-Sarai bemängelte, dass beim erfolgten Stromnetz-Stresstest die „explodierenden Preise“ nicht berücksichtigt worden seien. „Das Land ächzt unter den hohen Preisen. Es sollten daher alle Möglichkeiten genutzt werden, um Stromausfälle zu verhindern und die Preise zu dämpfen“, erklärte Lindner. Konkret bedeute das, den Markt zu entspannen, indem Kapazitäten bei der Kernenergie und der Kohlekraft eine überschaubare Zeit erhalten bleiben. Die Freien Demokraten sind überzeugt: Der befristete Weiterbetrieb der drei verbleibenden deutschen Kernkraftwerke bis mindestens 2024 reduziert die Gasverstromung und leistet einen spürbaren Beitrag zur Sicherheit und Bezahlbarkeit der Stromversorgung.
Versorgungssicherheit muss gewährleistet werden
Energiepolitiker und FDP-Bundestagsabgeordneter Michael Kruse übte ebenfalls Kritik am Wirtschaftsministerium und forderte einen konkreten Zeitplan: „Ich bin verblüfft, dass Minister Robert Habeck und sein Ministerium noch immer keinen Zeitplan und kein Konzept der Kaltreserve präsentiert haben“, sagte Kruse der Nachrichtenagentur dpa. „Einen Zeitplan können wir bei diesem wichtigen Thema erwarten, denn es muss schnell geklärt werden.“
Auch er ist überzeugt: „Um die Versorgungssicherheit im Winter zu sichern und um die hohen Energiepreise zu verringern, ist ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in Deutschland über den 31. Dezember 2022 hinaus alternativlos.“ Habeck dürfe die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht „durch wahltaktische Manöver vor der Landtagswahl in Niedersachsen“ am 9. Oktober gefährden.“
Bekämpfung der Inflation hat höchste Priorität
Der Bundesfinanzminister warnte davor, dass die Inflation im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise außer Kontrolle gerät. „Inflation ist das größte wirtschaftliche Risiko, weil es zur Verarmung führt, verhindert, dass neu investiert wird, und weil auch der Preis nicht mehr eine Knappheit anzeigt. Deshalb ist die Bekämpfung der Inflation die große Priorität. Sie darf sich nicht aus ihrem Anker lösen“, erklärte Lindner bei RND vor Ort. Allerdings könne die Bundesregierung zielgerichtet handeln und werde das auch tun, etwa mit Hilfe der beschlossenen Entlastungspakete. Menschen und Betriebe werden mit den steigenden Preisen nicht allein gelassen.
Es gehe jetzt darum, individuelle soziale Härten und wirtschaftliche Strukturbrüche abzumildern. Daher hat das Kabinett mit dem Jahressteuergesetz bereits zahlreiche Entlastungsmaßnahmen für kleine Einkommen, die arbeitende Mitte und Unternehmen auf den Weg gebracht und auch den Entwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz verabschiedet. „Dadurch werden 48 Millionen Menschen profitieren“, betonte Lindner.
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