Wirtschaftswunderstrategie: Aufbruch vom Jahr der Krisen ins Jahrzehnt des Aufstiegs
Der FDP-Bundesvorstand hat einen Leitantrag für den bevorstehenden FDP-Bundesparteitag vorgelegt, um aus dem Jahr der Krisen ein Jahrzehnt des Aufstiegs zu machen.
Das Jahr 2020 wird als Jahr der Krisen in die Geschichtsbücher eingehen — darauf deuten immer mehr Zeichen hin. Die Bundesagentur für Arbeit geht allein von aktuell 640.000 Corona bedingten Arbeitslosen aus. Experten warnen vor einer Insolvenz-Welle ab dem Herbst mit weiteren Arbeitsplatzverlusten. Doch das bisherige Krisenmanagement der Großen Koalition weist deutliche Schwächen auf: Mit ihrem im Juni 2020 verabschiedeten Konjunkturprogramm hat sich die GroKo nach Einschätzung von FDP-Parteivize Michael Theurer „mächtig verstolpert“. Der FDP-Bundesvorstand hat deshalb einen Leitantrag für den bevorstehenden FDP-Bundesparteitag vorgelegt, um aus dem Jahr der Krisen ein Jahrzehnt des Aufstiegs zu machen.
Die Vierfachkrise in den Griff bekommen
Die Autoren des Papiers sehen die Corona-Pandemie als Ausgangspunkt für eine Vierfachkrise: Die Ausbreitung des Coronavirus hat eine Gesundheitskrise ausgelöst, die viele Menschenleben gekostet und großes Leid verursacht hat. Die Pandemie und die notwendigen Gegenmaßnahmen des Lockdowns haben die größte Wirtschaftskrise in der deutschen Nachkriegsgeschichte verursacht. Die Wirtschaftskrise bringt eine Jobkrise mit sich, die zahlreiche Arbeitsplätze vernichtet. Nun kündigt sich eine Chancenkrise an: Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze ging bereits zurück, die Geschäftsmodelle vieler Kleinbetriebe, Kreativer und Selbständiger sind ohne eigenes Verschulden zerstört worden. Und unter der Schließung von Kitas und Schulen leiden diejenigen besonders, deren Bildungschancen in Deutschland ohnehin eingeschränkt sind.
Um dieser Vierfachkrise — der Gesundheits-, Wirtschafts-, Job- und Chancenkrise — etwas entgegenzusetzen, haben die Freien Demokraten einen Leitantrag „Aufbruch vom Jahr der Krisen ins Jahrzehnt des Aufstiegs“ verfasst. Das vom FDP-Bundesvorstand verabschiedete Konzept soll auf dem 71. Bundesparteitag am 19. September 2020 beschlossen werden. Es benennt konkrete Initiativen für die deutsche Wirtschafts-, die Gesundheits-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik.
Denn das von der Großen Koalition verabschiedete Konjunkturprogramm enthält viele teure und nicht konsistente Einzelmaßnahmen, anstelle langfristig wirksamer Strukturreformen. Bestes Beispiel ist die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer: Sie wirkt nur als kurzfristiges und bürokratisches Strohfeuer. Mit beschlossen wurden ferner ineffiziente Lieblingsprojekte wie die Grundrente der SPD — obwohl sie weder das Problem der Altersarmut, noch den Wirtschaftsabschwung bekämpfen. Nicht zuletzt sind die Ausgabenprogramme schuldenfinanziert. Auf Dauer allerdings lässt sich unsere Volkswirtschaft nicht mit Schulden am Leben halten. FDP-Vize Michael Theurer sieht im Konjunkturprogramm zwar „einige gute, wichtige Aspekte“. Insgesamt aber habe sich die Koalition „mit diesem wilden Sammelsurium an unausgegorenen, sehr teuren und ineffizienten Vorschlägen mächtig verstolpert“.
Maßnahmenpaket für eine Revitalisierung der Sozialen Marktwirtschaft
Die Stärke, mit der Deutschland auf die COVID19-Krise reagieren konnte, nicht zuletzt auf der Stärke der Sozialen Marktwirtschaft: Es wäre deshalb fatal, diese Werte- und Wirtschaftsordnung durch Detailsteuerung und staatlichen Dirigismus zu schwächen, betonen die Autoren des Antrags: Es würde Deutschland der Grundlagen für künftigen Wohlstand, Beschäftigung und sozialen Ausgleich berauben. Sie wollen deshalb die Prioritäten anders setzen.
Für diesen Aufbruch schlagen die Autoren ein Maßnahmenpaket in den Bereichen Arbeitsplätze, Bildung und Chancen vor:
- Vorfahrt für Arbeitsplätze. Mit einem „Jump Start für Arbeitsplätze“ könnte der Staat etwa befristet für die nächsten sechs Monate bei allen Neueinstellungen die Sozialversicherungskosten übernehmen. Kleinbetriebe, an denen die Corona-Hilfen häufig vorbeigingen, sollten aus einem „Fairness-Fonds“ unterstützt werden, der auch Soloselbständigen zugutekommen könnte. Für ein neues Wirtschaftswunder 2.0 fordern die Freien Demokraten etwa eine verfassungsrechtlich verbriefte maximale Steuerbelastung eines jeden Menschen von 50 Prozent.
- In einem „Kraftakt für die Bildungspolitik“ wollen die Freien Demokraten die Schulen in Deutschland zu den modernsten der Welt machen. Dazu fordert die FDP neben weiteren Maßnahmen, Weltspitze bei Bildungsinvestitionen zu werden und ein Kinderchancengeld einzuführen. Ein weiterer Baustein ist eine „Unterrichtspflicht für den Staat“, damit künftig Schulstunden nicht ersatzlos ausfallen. „Auch eine Pandemie darf nie wieder dazu führen, dass Unterricht ersatzlos abgesagt, Eltern und Lehrerinnen und Lehrer alleine gelassen, Kinder vernachlässigt werden“, schreiben die Autoren.
- Drittens fordern die Freien Demokraten ein Chancenpaket für Aufstieg und Wohlstand. „Wenn sich wieder mehr Chancen bieten, Eigentum, Absicherung für das Alter und Wohlstand durch eigene Leistung zu erreichen, können in Deutschland eine Leistungsbereitschaft und eine Kraft erwachsen, die noch viel stärker als jedes Konjunkturprogramm und jede staatliche Maßnahme wirken“, heißt es im Antrag. Dazu will die Freie Demokratische Partei unter anderem die Steuertarife automatisch an die Einkommens- und Lohnentwicklung anpassen lassen, Sparerfreibeträge erhöhen und den Erwerb von Eigentum erleichtern.
Mit dieser „Wirtschaftswunder-Strategie“ wollen die Freien Demokraten die Wirtschaft in Deutschland wieder ankurbeln. Richtig eingesetzt, könne die soziale Marktwirtschaft so Wachstum und Beschäftigung auf ähnliche Weise entfesseln wie nach Gründung der Bundesrepublik oder nach Verabschiedung der Agenda-Reformen.