Mehrjähriger Finanzrahmen setzt zu wenig Impulse für Bildung, Forschung und Digitales
Die 27 EU-Staaten haben Corona-Hilfen und den neuen EU-Haushalt beschlossen und bewegen insgesamt 1,8 Billionen Euro. Die Freien Demokraten sind zufrieden mit dem Kompromiss.
„Der mehrjährige Finanzrahmen bleibt hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück. Es gibt viel Besitzstandswahrung, leider aber sehr wenig neue Impulse für Bildung, für Forschung, für Digitales, für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik oder den gemeinsam verantworteten Schutz der europäischen Außengrenze“, kritisiert Lindner.
Er begrüßt zugleich, dass der mehrjährige Finanzrahmen immerhin Monate vor dem ursprünglich erwarteten Zeitpunkt beschlossen worden oder zumindest politisch fixiert worden. „Das ist ein Signal der Handlungsfähigkeit. Wenn man es bilanziert, kann man nun aus der deutschen Perspektive folgendes feststellen: Dieser Kompromiss stärkt Europa und zugleich dient er wesentlich besser auch unseren deutschen Interessen, als die ursprünglichen Vorschläge.“
Macron und Merkel müssten nun einsehen, „dass es schlicht keine Mehrheit für eine Schuldenunion und für die Vergemeinschaftung von Risiken und Haftung innerhalb der Europäischen Union gibt, sondern dass es eine starke Fraktion gibt, die die ursprüngliche deutsche Position vertritt, dass es eine finanzpolitische Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geben muss“, sagt er mit Blick auf den Einsatz der sogenannten ‚Sparsamen Fünf‘.
Für die Zukunft rät Lindner dazu, „zu überlegen, ob nicht gerade für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland die ursprüngliche Rolle die eigentlich passende ist. Nämlich Impulsgeber zu sein, aber immer auch die Interessen der kleinen und mittleren Mitglieder der Europäischen Union in den Blick zu nehmen. Das hat in der Vergangenheit zu einer positiven Entwicklung des europäischen Gemeinschaftsprojekts beigetragen und könnte das gewiss in der Zukunft ebenfalls.“
Insgesamt begrüßt Lindner, dass mit dem größten Finanzpaket der Geschichte keine alten bekannten Strukturdefizite zugedeckt werden, „sondern dass es wirklich darum geht, etwas zu tun für Arbeitsplätze, für Wettbewerbsfähigkeit, für die Transformation der Wirtschaft in Europa“. Zum Glück habe ein Mechanismus verhandelt werden können, „mit dem Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit geahndet werden können, das ist enorm wichtig“. Man könne nicht einfach nur europäisches Geld nehmen wollen, man müsse auch europäische Werte achten und zwar in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke (FDP), hat das Ergebnis des EU-Sondergipfels begrüßt. „Es ist ein Ergebnis, mit dem man etwas anfangen kann.“ Die FDP werde sich das Verhandlungsergebnis sehr genau anschauen. „Es gibt sehr viele gute Sachen, vor allem, dass wir beim Thema Umwelt, beim Thema Rechtsstaatlichkeit Fortschritte haben, indem wir sagen, Geld gibt es nur, wenn das auch in einem rechtsstaatlichen Rahmen kommt.“
Für die FDP sei wichtig, dass es sich um eine neue Art von Haushalt handele mit einer weiteren Verantwortung. Es gehe um eine strukturelle Veränderung in Europa. Im Bundestag sei deshalb im Zweifel eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich, so Fricke. Deshalb sei dann die Unterstützung der Opposition erforderlich.
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