Hasskriminalität effektiv bekämpfen – Meldepflicht reicht nicht aus
Die Bundesregierung will eine Meldepflicht für Straftaten, die in den sozialen Netzwerken begangen werden, einführen. Die Freien Demokraten bezweifeln die Wirksamkeit einer solchen Meldepflicht.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus ist Teil eines Maßnahmenpakets als Reaktion auf den Anschlag eines Rechtsextremisten in Halle im vergangenen Oktober. Der Entwurf sieht vor, die Betreiber sozialer Netzwerke durch eine Meldepflicht in die Pflicht zu nehmen. Betreiber sozialer Netzwerke sollen verpflichtet werden, ein System einzurichten, wonach bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden sind. Konstantin Kuhle macht in diesem Zusammenhang auf die gegenwärtig 500 offenen Haftbefehle im Bereich Rechtsextremismus aufmerksam: „Das muss dringend angegangen werden, wenn wir dieser Gefahr Herr werden wollen.“ Die Freien Demokraten fordern deswegen, die Justiz und die Ermittlungsbehörden finanziell und personell zu stärken.
Jürgen Martens, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, betont außerdem die Dringlichkeit, im Kampf gegen Hasskriminalität aktiv zu werden: „Wir müssen zeigen, dass wir es ernst meinen. Verbote auszusprechen, ist leicht. Sie durchzusetzen, ist das Schwierige.“ Auch er kritisiert aber die geplante Meldepflicht für Plattformbetreiber als unzureichend. „Hier wird eine zusätzliche Komplikation eingebaut, die der Verfolgung solcher Taten nicht unbedingt dienlich ist, wenn nicht zugleich auch bei den Verfolgungsbehörden der Flaschenhals der personellen Kapazität vergrößert wird.“ Im Kampf gegen Hasskriminalität brauche es „mehr Personal und Digitalkompetenz bei Staatsanwaltschaften, Gerichten und Polizei, um vorhandene Anzeigen abzuarbeiten“, so Kuhle.
Bürgerrechte schützen
Die handfeste Bedrohung, die vom Rechtsextremismus ausgeht, sei zu lange unterschätzt worden, mahnt der innenpolitische Sprecher. Gleichzeitig wehrt er sich dagegen, jetzt mehr Überwachungsbefugnisse für das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundespolizei durchs Parlament zu jagen. „Wir werden es nicht mitmachen, dass man nach solchen Taten wie in Hanau, in Halle oder wie der Ermordung Walter Lübckes die Aufregung in der Gesellschaft nutzt, um den Souverän mit Bürgerrechtseinschränkungen zu überrumpeln.“
Aktionsplan zur Bekämpfung des Rechtsextremismus
Bei aller Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung steht fest: Der terroristische Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordert wurden, unterstreicht die Dringlichkeit der Bekämpfung von Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt. Die Freien Demokraten haben daher einen „Aktionsplan zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt“ vorgelegt. Der Rechtsstaat müsse auch im Netz konsequent durchgesetzt werden. Deswegen fordern sie, Staatsanwaltschaften und Gerichte mit mehr Personal auszustatten und Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie spezialisierte Kammern für Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet einzurichten. Für die FDP hat der Kampf gegen Hasskriminalität Priorität: Denn ein Angriff auf Angehörige einer Minderheit durch Rechtsextremisten stellte einen Angriff auf das freie und friedliche Zusammenleben unserer gesamten Gesellschaft dar.
Mehr Schutz für Kommunalpolitiker
In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist neben der Meldepflicht auch eine Ausdehnung des strafrechtlichen Schutzes von Kommunalpolitikern vorgesehen. Konstantin Kuhle begrüßte dieses Vorhaben, allerdings müsse es auch im Melderecht zu Veränderungen kommen. „Die Kommunalpolitiker müssen wissen, an wen sie sich wenden können. Deswegen brauchen wir eine Ombudsstelle“, fordert Kuhle. Diese könne dann herausfinden, ob tatsächlich Gefahr besteht. Dadurch sollen „sich wieder mehr Menschen in der Kommunalpolitik engagieren und nicht durch Hass und Hetze davon abgehalten werden.“