Beim Familiennachzug-Kompromiss wird Not mit Not verrechnet
In ihren Sondierungsgesprächen einigten sich Union und SPD auf eine starre Tausender-Grenze beim Familiennachzug, der grundsätzlich ausgesetzt bleibt. Wolfgang Kubicki kritisiert dieses Modell.
In den Sondierungen über die Flüchtlingspolitik habe sich CSU-Chef Horst Seehofer durchgesetzt, so Kubicki weiter. Diese Regelung beim Familiennachzug widerspreche allerdings allen sozialdemokratischen Prinzipien. „Deshalb bin ich – und das möchte ich ausdrücklich sagen – Serpil Midyatli und Kai Dolgner sehr dankbar, dass sie das nicht mittragen“, sagte er mit Blick auf führende SPD-Akteure in Schleswig-Holstein, die sich gegen die Neuauflage der Großen Koalition positioniert haben. „Schließlich gehört ein gewisses Maß an Rückgrat dazu, dies dem SPD-Landesvorsitzenden Ralf Stegner zu sagen, der diesen faulen Kompromiss mit verhandelt und unterschrieben hat.“
Innere Fliehkräfte bei Schwarz-Rot nehmen zu
Kubicki verweist außerdem auf die Vereinbarung im Sondierungspapier, wonach Union und SPD schon 2019 überprüfen wollten, ob es weitergehe oder nicht. „Ich glaube, dass die inneren Fliehkräfte bei Schwarz-Rot so stark sind, dass es spätestens dann endet“, prognostiziert er. „Wenn Alexander Dobrindt und Ralf Stegner sich gegenseitig unterstellen, der eine mache einen Zwergenaufstand und der andere versuche zu betrügen… Es gibt schon jetzt so viel Misstrauen in dieser Koalition, dass mir jede Fantasie fehlt, um zu glauben, dies könnte lange halten.“
Er gehe jedoch davon aus, dass es beim SPD-Bundesparteitag am Sonntag erst einmal eine knappe Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geben werde. „Mit der Faust in der Tasche, nicht aus Überzeugung“, verdeutlicht Kubicki. Das bisherige Verhandlungsergebnis werde die Partei allerdings irgendwann zerreißen. „Nun kann ich als Freier Demokrat sagen, das ist mir egal. Aber auch wir haben ein Interesse daran, dass es eine starke Sozialdemokratie gibt“, hebt der FDP-Vize hervor. Es könne nicht sein, dass dauernd die relative Mehrheit der Union ausreiche, um die Kanzlerin im Amt zu halten. „Entscheidend ist, dass Deutschland Veränderung braucht, eine der Zukunft zugewandte Politik und kein Verwalten des Bisherigen“, regt Kubicki an. (ch)