Wurzeln des Wohlstands stärken
Angesichts globaler Krisenbewältigung dürfen die Wurzeln des Wohlstands in Europa nicht vergessen werden, so Digitalminister Volker Wissing. Er plädiert für die Förderung der digitalen Transformation.
Für Wissing sind die Wurzeln des Wohlstands „die Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit durch Transformation der europäischen Wirtschaft hin zu einer datenbasierten Wertschöpfung“, schreibt er in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. Europa habe bisher eine proaktive Digitalpolitik verfolgt und sei damit „vor der Welle“ gewesen. Jetzt gehe es allerdings darum die bestehenden Regelungen zu evaluieren und „eine Phase der Konsolidierung der bestehenden Rechtsvorgaben einzuleiten“.
Konstruktiv statt defensiv
Wissing übte Kritik am bisherigen Ansatz: „Viele der Regeln, die unsere digitale Wirtschaft bestimmen, haben einen defensiven Charakter. Es wird verboten, eingeschränkt, verpflichtet und ermahnt; flankiert von öffentlichen Debatten, die keine Lust auf digitales Wirtschaften machen.“ Dies sei ein Nachteil für die EU im internationalen Wettbewerb. „Deutschland steht als treibende Kraft bereit, das zu ändern.“ Der Innovationsklub bestehend aus Deutschland, Estland, Lettland und Litauen habe dazu bereits konkrete Vorschläge vorgelegt. „Unsere Initiative zeigt einen vielversprechenden Weg auf, wie Europa seine digitale Wettbewerbsfähigkeit stärken und gleichzeitig innovative Unternehmen fördern kann. Es liegt an der Kommission, diese Vorschläge konstruktiv aufzugreifen und umzusetzen und erfreulicherweise werden erste Ideen dazu schon sichtbar.“
Nicht Europa sondern die Welt als Maßstab nehmen
Das Weißbuch zur Zukunft der digitalen Infrastruktur, in dem die künftige politische Ausrichtung skizziert wird, nenne Marktkonsolidierung als einen zentraler Entwicklungsschritt für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, erklärte der Digitalminister. Richtig verstanden bedeute das, Wachstum durch Innovationen zu ermöglichen und unverhältnismäßige Hemmnisse für Wachstum abzubauen. „Das Weißbuch geht in die richtige Richtung, springt aber in Bezug auf den Abbau unverhältnismäßiger Wachstumshürden zu kurz“, konstatierte Wissing. Er illustrierte dies anhand der gescheiterten Fusion von Siemens und Alstom. Das neue Unternehmen wäre für Europa zu groß gewesen, global hätte es aber die richtige Größe gehabt. Teile des Wettbewerbs- und Unternehmensrechts gehörten deswegen auf den Prüfstand. Sein Fazit: „Wir müssen den Maßstab ändern: Nicht mehr Europa, sondern die Welt sollte Bezugspunkt sein. Nichts anderes machen Microsoft, Google oder Amazon.“
Vollendung des Binnenmarkts muss Priorität haben
Der Digitalminister monierte, dass europäische Regeln von nationalen Behörden sehr unterschiedlich ausgelegt würden. Dies führe zu einem Flickenteppich und verhindere, dass Unternehmen ihre Geschäftsideen in Europa skalieren könnten. Ein erster Schritt zur Besserung wäre die zentrale Zuständigkeit der EU-Kommission für Regulierungsfragen der großen Plattformen. Für ihn ist klar: Die EU hat eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur, innovative Unternehmen in allen Branchen, die KI einsetzen, die Effizienzgewinne von Cloudtechnologien nutzen und digitale Services verstärkt zu ihrem Kerngeschäft machen wollen. „Wenn wir es ihnen erlauben zu wachsen, sich mit globalen Playern zu messen, und ihnen gleichzeitig einheitliche Binnenmarktregeln geben, dann haben wir nicht einen ‚IT-Airbus‘, sondern die Flotte, die wir brauchen.“