Wir wollen dieses Land aus Regierungsverantwortung heraus verändern
Die FDP-Bundestagsfraktion hat bei ihrer Klausurtagung in Berlin ein ganzes Bündel von Maßnahmen beschlossen, die sie als als Alternative zu den Regierungsparteien positioniert.
Nur mit Bildung könne der Einzelne seine Lebenschancen unabhängig von Elternhaus und Wohnort entfalten. Die FDP fordert in ihrem Konzept „Reformagenda für eine Bildungsnation der Zukunft“ unter anderem einen „digitalen Turbo“ für das Bildungssystem. „Digitale Endgeräte müssen zukünftig so selbstverständlich in allen Schultaschen zu finden sein wie Hefte, Bücher und Bleistifte.“ In einem ersten Schritt müssten sie im Sozialgesetzbuch als Lernmittel für bedürftige Familien verankert werden. „Langfristiges Ziel muss sein, dass digitale Lernmittel gleichwertig zu Schulbüchern anerkannt werden.“ Die Freien Demokraten fordern, schon bei Kindergärten anzusetzen. Für sie müsse es bundesweit einheitliche Qualitätsstandards geben, „die für gleiche Bildungschancen und für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen“. Hierfür sollten Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes verwendet werden.
Christian Lindner betonte zugleich: „Die soziale Marktwirtschaft ist gegenwärtig unter Druck. Wir stehen für die soziale Marktwirtschaft und stehen gegen Machtwirtschaft und gegen gelenkte Staatswirtschaft.“ Mit ihren Beschlüssen wolle die FDP ihren Anspruch unterstreichen, „dass Deutschland aus dieser Krise gestärkt hervorgeht, dass also Defizite, die bekannt geworden sind durch die Krise und solche die vorher schon offensichtlich waren, jetzt angegangen werden.“ Die FDP wolle die augenblickliche Situation auch nutzen, um das Land grundlegend zu modernisieren und „die Qualität des Standorts Deutschland, seine Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigungschancen, die Chancen auf sozialen Aufstieg grundlegend aus Anlass dieser Krise für die Zeit nach der Krise zu verbessern.“
Die Fraktion mit ihren 80 Abgeordneten hat daher unter anderem Konzepte zur Entbürokratisierung und für eine Corona-Teststrategie beschlossen. „Wir machen ein klares Angebot, wie wir medizinisch gesund durch die Krise kommen, wir machen ein klares Angebot, wie wir wirtschaftlich durch die Krise kommen“, ergänzt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann. Er glaube nicht mehr, dass die große Koalition möglichst schnell aus der Stabilisierungsphase der Corona-Krise heraus wolle.
„Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass es so verlockend ist, möglichst lange möglichst viel Geld an möglichst viele Leute zu verteilen, weil eine Bundestagswahl im nächsten Jahr ansteht“, sagte Buschmann. Es sei verantwortungslos, Wahlkampfinteressen über eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu stellen. „Und all die Menschen, die das ähnlich sehen, haben mit uns damit auch ein klares konzeptionelles Angebot, für das sie sich entscheiden können.“
Christian Lindner hatte zuvor unterstrichen: „Die Große Koalition ist dazu übergegangen, die Schadensbilanz zur Pandemie über die Bundestagswahl hinaus zu vertagen. Kriseninstrumente wie Kurzarbeit sind ein Schmerzmittel, aber diese Schmerzmittel müssen irgendwann wieder abgesetzt werden, sobald es eine Stabilisierung gibt, da sich sonst eine dauerhafte Abhängigkeit einstellen könnte. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt kann nicht auf Dauer auf Pump in Gang gehalten werden. Kurzarbeit und Schuldenwirtschaft sind kein Geschäftsmodell für Deutschland.“
Anspruch der Freien Demokraten sei dagegen nicht die Rückkehr zum Status von vor Corona. Stattdessen wolle man „eine bessere Version unseres Landes ermöglichen“. Im Kern ginge es dabei um die Frage „soziale Marktwirtschaft oder gelenkte Staatswirtschaft“. Vor dieser „Richtungsentscheidung“ werde „unser Land auch im nächsten Jahr stehen“.
In einem 55 Punkte umfassenden Programm verlangt die FDP-Fraktion einen umfassenden Bürokratieabbau. „Bürokratieabbau ist deswegen so faszinierend, weil es Politik ist, die kein Geld kostet“, sagte Buschmann. Es sei der „günstigste Baustein einer Strategie zu einem wirtschaftlich Comeback“. Damit werde private Investitionstätigkeit angeregt. So sollten zum Beispiel Beschäftigte im Homeoffice allein ihre Arbeitszeiten dokumentieren, ohne dass die Arbeitgeber nochmals eingeschaltet werden. Bei diesen fielen bislang 80 000 Arbeitsstunden für die Doppelung der Dokumentation an.
In ihrer Corona-Teststrategie fordert die FDP, dass Getestete binnen 24 Stunden ihr Ergebnis haben müssen. Dazu seien die Testkapazitäten auszubauen. Nötig seien ferner Transparenz und Aufklärung hinsichtlich der Testmöglichkeiten.